Kilian Stückler bei der Wandertour auf das Imberger Horn
Gipfelglück²

Wir machten mit dem Allgäuer Braumeister Kilian Stückler eine Genusstour durch die Bergwelt rund um Sonthofen. Auf stillen Wegen zu Entspannung, Entschleunigung und kulinarischem Genuss

Lesezeit: 13 Minuten

Bergwanderung aufs Imberger Horn

Am späten Nachmittag auf der Terrasse der „Strausberghütte“. Der Tisch ist reich gedeckt, auf zwei üppigen Brotzeitplatten türmen sich Käse, Schinken und Salami, Essiggurken und Paprika. Daneben ein Teller mit zwei Spinatknödeln und natürlich für jeden von uns dreien eine Halbe Bier. Wie es sich eben gehört nach einer mehrstündigen Bergtour auf zwei Gipfel. Ein standesgemäßer Ausklang eines wundervollen Wandertags.

Der Blick geht Richtung Süden, am Horizont ragt die markante Silhoutte des Hohen Ifen in den Himmel, als Kilian Stückler von diesem ganz besonderen Tag vor einigen Jahren erzählt. „Ein Tag, an dem mir klar wurde, wie sehr ich hierher gehöre“, sagt er, „wie viel die Heimat mir bedeutet.“

Kilian war gerade aus Neuseeland zurückgekommen, ein halbes Jahr hatte er dort gelebt, als er kurz nach seiner Rückkehr in aller Herrgottsfrüh mit einem Bierfahrer Richtung Oberstdorf fuhr. Zwei Tage lang hatte es zuvor geregnet, nun waberten noch zerklüftet letzte Wolkenfetzen durch das Tal, dahinter erhoben sich die Gipfel der Allgäuer Hochalpen in die klare Morgenluft: Nebelhorn, Söllereck, Wildgundkopf.

„Da wurde mir vielleicht zum ersten Mal so richtig bewusst, welch Privileg es ist, in dieser Gegend leben zu dürfen.“ Weshalb er ziemlich sicher auch in Zukunft hier bleibt, der Kilian, der junge Braumeister vom „Hirschbräu“ in Sonthofen.

Kilian Stückler beim Wandern

Vom Banker zum Brauer

Kilian ist an diesem Traumtag im Allgäu, der vormittags am Treffpunkt in Imberg beginnt, unser Wanderführer. Der kleine Ortsteil von Sonthofen, im Südosten der Kreisstadt, ist der ideale Ausgangspunkt für zahlreiche Touren am Nordrand der Allgäuer Hochalpen.

Die Straße steigt sanft an. Kilian erzählt, dass es ursprünglich gar nicht sein Plan gewesen sei, die 350 Jahre alte Brauerei, die schon seit 160 Jahren in Familienbesitz ist, zu übernehmen. Deswegen lernte er Bankkaufmann. Doch ganz ließ ihn der Gedanke an das Unternehmen nicht los. Es begann in ihm zu gären – bis er sich zur Braumeister-Ausbildung in München entschloss und nun den „Hirschbräu“ führt.

Kilians Brauerei ist seit 160 Jahren im Besitz seiner Familie

Der Weg führt vorbei an weiten, welligen Buckelwiesen und der „Strausberghütte“, die wir jetzt noch rechts liegen lassen. Wäre noch zu früh für die Einkehr. Zu unverdient. Früher kam Kilian mit seinen Eltern oft hierher. Samstage waren immer für Wanderungen reserviert, wirklich spannend habe er das als Kind nie gefunden, sagt er. „Aber heute bin ich sehr dankbar für die gemeinsame Zeit und die schönen Erinnerungen.“

Der Weg verengt sich zu einem Pfad, über Wurzeln, Stock und Stein gewinnen wir immer mehr an Höhe, an der Spitze der Gruppe wackelt dabei meist Pablo. Kilians zweijähriger Dackel kennt sich hier bestens aus, ihm macht die Tour offenbar große Freude.

Sonthofen wird von imposanten Bergen umrahmt

Nagelfluh-Panorama und Alpsee

Kurz vor der Abzweigung Richtung Hornalpe, wo sich am Wegesrand der Wald lichtet, bietet sich wieder ein herrliches Panorama: Nagelfluhkette mit dem Ofterschwanger Horn, dem Bärenköpfle, dem Mittag. Und mit Blick auf Im­men­stadt. Dazu gerade noch zu erahnen: das Ostende des Großen Alpsees, des größten Natursees im Allgäu mit etlichen Badeplätzen und zahlreichen Freizeitmöglichkeiten für Segler, Surfer, Stand-up-Paddler. Davor liegt weit unten im Tal Kilians Sonthofen.

Von einem weiteren Aussichtspunkt wenig später schweift der Blick über Bad Hindelang hinüber zum 1.737 Meter hohen Grünten. Der „Wächter des Allgäus“ war schon vor Jahrhunderten ein beliebtes Ziel für Ausflügler, ein magischer Anziehungspunkt, noch lange bevor das Bergwandern überhaupt salonfähig wurde.

So soll schon der Habsburger-Kaiser Maximilian I. zu Beginn des 16. Jahrhunderts an einemfreien Tag den Gipfel bestiegen haben. Der Fürstbischof von Augsburg hingegen, Clemens Wenzeslaus, scheute der Überlieferung nach knapp 200 Jahre später die Mühsal, weshalb er sich von 56 einheimischen Bauern in einem sanft gepolsterten Sessel nach oben tragen ließ.

Kilian bevorzugt die sportlichere Variante des Aufstiegs. Als passionierter Radler empfehle er allen enthusiastischen Mountainbikern die Bergauf-Tour über das berühmte Königssträßle mit einem vorherigen Abstecher in die eindrucksvolle Starzlachklamm am Fuß des Grünten.

 Blick auf Bad Hindelang im Herbst
Wegweiser zum Imberger Horn

Imberger Horn: Das ist der Gipfel!

Steiler wird es auch auf unserer Tour, zu der von Osten einige Wanderer von der Bergstation der Hornbahn dazustoßen: Urlauber, die seit 30 Jahren jeden Herbst zum Wandern ins Allgäu kommen, und ein Ehepaar aus Franken auf Tagesausflug. Immer wieder bleiben wir stehen, kommen ins Gespräch. Bis auf eine junge Trailrunnerin, die hurtig zum Gipfel emporschnauft, ist die Atmosphäre an diesem Tag so wunderbar frei von jeglicher Hektik. Niemand ist in Eile. Alles ist ruhig. Grundentschleunigt und tiefenentspannt.

Über die letzten Steinstufen erreichen wir unseren ersten Gipfel, das Imberger Horn mit 1.654 Meter Höhe und einer phänomenalen Weitsicht auf die gesamte Breitseite der Allgäuer Hochalpen. Die Doppelgipfel von Rotspitze und Heubatspitze, dahinter der Kleine und der Große Daumen, am Ende die Wengenköpfe und das Nebelhorn. Dahinter, sagt Kilian, liege noch eine grandiose Strecke, ob zu Fuß oder mit dem Rad: durch das Oytal vorbei am Stuibenfall und wieder hinauf zur Käseralpe.

Kilian erzählt, dass die Oberstdorfer für ein respektvolles Miteinander von Radfahrern und Wanderern einen schönen Slogan kreiert haben: „Zämed duss“, übersetzt: Zusammen draußen. Neudeutsch: Share the trail.

Zämed duss bedeutet so viel wie  zusammen draußen

Eine gute halbe Stunde sitzen wir am Fuß des Kreuzes, stoßen mit einem Gipfelbier auf die Tour an und reden recht wenig. Es sind diese Augenblicke, in denen man beglückt so gern bei sich ist, in denen die Blicke umherschweifen und die Gedanken auch. In denen man physisch ganz oben ist, und vom Gefühl her auch, und dann jener Moment so schwerfällt, wenn man wieder loslassen muss beim Aufbruch.

Kilian Stückler und Autor Florian Kinast trinken ein Bier auf dem Gipfelkreuz des Imberger Horns

Pitstop: „Strausberghütte“

Beim Abstieg erreichen wir wenig später noch einen kleinen Nebengipfel des Imberger Horns, den Strausberg. Noch einmal blicken wir über die weite Ebene des Unterallgäus im Norden und auf die dramatischen Felszacken jenseits des Retterschwanger Tals. Links und rechts, dann schlängelt sich die Route erneut auf und weiter hinab und erreicht in einer Schleife den Aufstiegsweg vom Vormittag. Nun ist es die richtige Zeit für die Einkehr auf der Panoramaterrasse der „Strausberghütte“.

Kilian erzählt uns dort über seine Philosophie des Brauens, wie er die Tradition der Hirschbräu-Klassiker fortführt, vom Export zum Weißbier, vom Märzen zum Doppelbock. Aber auch, dass er mit neuen Ideen das Angebot auf sechzehn Sorten erweiterte, darunter mit Craft-Bieren, die sich „Black Bock“ oder „Sommerlager“ nennen.

Innovationen, die es beim eher traditionsbewussten Allgäuer anfangs vielleicht etwas schwer hatten, wie er sagt, die nun aber doch ihre Nische gefunden haben. Zum 90. Geburtstag seines Großvaters Ferdinand entwarf er „Opa Ferdels Jamaica Rum Black Bock“, eine höchst spannende wie auch „höchst prozentige“ Kreation. Dem Opa jedenfalls hat’s recht gut geschmeckt.

Die

Sonthofen: Craft-Food zum Craft-Beer

Als sich die Sonne allmählich im Westen über den Nagelfluhbergen Richtung Feierabend neigt, geht es auf der letzten Etappe zurück nach Imberg und für einen finalen Espresso auf den Rathausplatz von Sonthofen. Wir statten Kilians Schwester Antonie einen Besuch ab, die mit ihrem Mann Uli Brandl das sympathische Lokal „‘s handwerk“ führt.

Das wartet mit einer großen Auswahl an „grünen Gerichten“ auf, mit vegetarischen und veganen, aber auch welchen mit Fleisch. Alles stammt von Höfen aus der Region, alles ist frisch und hausgemacht. Dazu gibt’s – natürlich – Bier vom Kilian, die „Rote Perle“ etwa, mit fruchtig-süßen Aromen. Passt ja: Craft, das Bier. Craft, das Food!

Auf der Heimfahrt ein Blick in den Rückspiegel. Die Spitzen der Felsgipfel baden im letzten Licht der Abendsonne. Wenn sie könnten, so scheint es, würden sie sich weiter nach oben strecken, um noch länger etwas davon zu haben. Das Ende eines herrlichen Ausflugstags.

Bald kommen wir wieder, für die nächste Tour durch die wunderschöne Allgäuer Bergwelt. Dann sind wir wieder „zämed duss“.

Hüttenbier, von der Brauerei Hirschbräu auf der Sonnenterrasse
Kilian Stückler im Wald während der Wandertour
Blick auf Donau und Donaubrücke in der Nähe von Günzburg

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