Ein waschechtes Traditionshaus steht in der Fußgängerzone von Sonthofen: "Der Hirschbräu“. 2020 hat Kilian Stückler die Brauerei, die seit 160 Jahren in Familienbesitz ist, übernommen. Er führt sie damit in der sechsten Generation
Braumeister Kilian Stückler
Schon seit über 350 Jahren fließt aus den Zapfhähnen der Brauerei im Zentrum Sonthofens Bier. Eine Besonderheit, wie Braumeister Kilian Stückler weiß: „Die meisten Brauereien wurden im Stadtzentrum gegründet, sind irgendwann aber aus den Städten rausgegangen, entweder weil der Platz zu knapp oder weil der Boden zu teuer wurde.“ 2020 hat Kilian Stückler die Brauerei, die seit 160 Jahren in Familienbesitz ist, übernommen. Dabei haben ihn seine Eltern nie unter Druck gesetzt, die Nachfolge anzutreten.
Zurück zum Urspung
So hatte Kilian erst einmal andere Pläne: Nach seiner Ausbildung als Bankkaufmann hat es ihn ins Ausland verschlagen. In dieser Zeit ist die Idee gereift, in die Brauerei einzusteigen: „In den Telefonaten mit meiner Mutter haben wir viel darüber geredet, welche Schritte Sinn machen. Und da ich mehr über Bier wissen wollte, habe ich mich dazu entschieden, meine Ausbildung zum Braumeister zu machen.“
Als der Entschluss stand, kehrte Kilian zurück, um in München eine Ausbildung zum Braumeister zu absolvieren. Eine große Verantwortung, aber bereut hat Kilian seine Entscheidung bisher nicht.
Tradition und Experimentierfreude
Kilians Leidenschaft ist das Experimentieren. Am liebsten steht er in seiner Küche vor einem großen Gulaschtopf und tüftelt an neuen Bier-Rezepturen. Farbe, Aroma, Alkoholgehalt – bevor er loslegt, hat Kilian eine Idee davon, wie das Bier aussehen und schmecken soll.
Auch wenn Bier nur aus vier Zutaten besteht – Malz, Hopfen, Wasser und Hefe –, ist es gar nicht so einfach, immer die richtige Mischung zu finden. Für eines seiner bekanntesten Biere, die Rote Perle, hat es 16 Versuche gebraucht. Am Ende klappte es dann doch: Heraus kam ein Bier, das dank einer besonderen Malzmischung eine rote Farbe hat. Den zweiten Teil des Namens verdankt das Bier der Perle, einer deutschen Traditionshopfensorte. Eine weitere Hopfensorte verleiht dem Bier seine fruchtig-sahnige Note.
Black Bock aus dem Rumfass
Für Kilian hat sich das viele Ausprobieren gelohnt: „Dass das Bier so gut angenommen wurde, hat mich total umgehauen.“ Ein weiteres Bier, auf das er besonders stolz ist, ist „Opa Ferdels Jamaica Rum Black Bock“, ein im Rumfass gereiftes Bier, das Kilian anlässlich des 90. Geburtstags seines Opas gebraut hat.
"Mein Opa war noch als Über-90-Jähriger offen für meine Kreationen“
Gut möglich, dass der junge Braumeister seine Leidenschaft für ausgefeilte Geschmackssorten von Opa Ferdel geerbt hat: „Mein Opa war auch noch als über 90-Jähriger offen für meine Bier-Kreationen,“ erinnert sich Kilian.
Doch bei aller Experimentierfreude ist Kilian ein Verfechter von Traditionen beim Bierbrauen. Seine Biere entsprechen alle dem deutschen Reinheitsgebot und reifen, wie es traditionell üblich ist, zwischen sechs und acht Wochen lang. Viele Bierbrauereien können sich eine solch lange Reifedauer allerdings nicht mehr leisten und verkürzen den Prozess.
Kilian ist fasziniert von den chemischen Reaktionen beim Bierbrauen: „Unser Produkt verändert sich mit jedem Prozessschritt. Wenn man die Würze, die wir im Sudhaus herstellen, mit dem goldgelb glänzenden Bier mit weißer Schaumkrone im Glas vergleicht, ist das schon faszinierend.“
Die Liebe zur Herstellung feiner Biere verbindet ihn mit Uli Brandl, dem Eigentümer des Restaurants „‘s handwerk“, das nur wenige Luftmeter weiter hausgemachte, traditionelle Küche anbietet. Die Rote Perle gibt es übrigens nur dort.
Skaterpark und Stammtisch als Lieblingsort
Für Kilian ist Bier mehr als ein Genuss-Getränk: „Biertrinken bedeutet Geselligkeit.“ Er erlebe immer wieder, wie Bier die Menschen zusammenbringe. So verwundert es nicht, dass der eigene Stammtisch zu den Lieblingsorten von Kilian gehört. Dort kann er sich entspannen und sich mit anderen austauschen. Und wer weiß, vielleicht kommt er dort auch auf neue Ideen für zukünftige Biere. Für nächstes Jahr steht ein klassisches Helles auf dem Programm.
Die Antwort auf unsere Frage nach zwei Lieblingsorten fällt Kilian schwer. Eigentlich findet er die ganze Allgäuer Gegend rund um Sonthofen schön, vor allem die vielen Berge: „Es gibt so viele Orte in unseren Bergen, die so schön sind, dass man seinen Augen nicht trauen möchte. Deshalb wäre es ungerecht, nur einen oder zwei zu nennen. Allerdings möchte ich den Skatepark in Sonthofen erwähnen. Für die wenigsten wohl eine Reise wert, aber definitiv einer meiner Lieblingsorte.“
Ausflugstipp von Kilian
Fahrradtouren um Sonthofen
Ich habe das Fahrradfahren wieder für mich entdeckt. Besonders gerne fahre ich auf dem Königssträßchen. Oder ich unternehme die Tour durch das Oytal auf die Käseralpe.
alpsee-gruenten.de