Mainbrücke und Residenz in Würzburg, Alte Hofhaltung, Rathaus und Domplatz in Bamberg sehen nicht aus wie Paris. Aber man kann ja mal so tun, dachte sich das Team um Regisseur Paul W. S. Anderson und produzierte „Die drei Musketiere“ kurzerhand in Bayern
Drehorte Würzburg und Bamberg
Ein Kurzzeitjob als Stallbursche kann aufregend sein, zumindest wenn man zusammen mit Orlando Bloom, Christoph Waltz, Mads Mikkelsen und Milla Jovovich auf der Gehaltsliste steht. „Im Film bin ich zwar nur ein paar Sekunden zu sehen, aber der Filmdreh war schon eine klasse Erfahrung“, erinnert sich Florian Westhage. 2010 war der Lehrer noch Student in Bamberg und einer von mehr als 1.000 Statisten für die Neuauflage von „Die drei Musketiere“.
Als Bamberg Paris spielte
Franken ganz frankophil: Teile der Bamberger Weltkulturerbe-Altstadt dienten im Film sowohl als Kulisse für das Paris des 17. Jahrhunderts, als auch für die Hafenstadt Calais. Weil das Bilderbuch-Franken dem alten Frankreich näherkommt als das moderne Paris und Calais. Als passender Drehort für den Pariser Stadtteil St. Germain wurde das mittelalterliche Gut Alte Hofhaltung auserkoren, die sich direkt an den Domplatz anschließt.
Dort traf sich D‘Artagnan mit den drei Musketieren zum Duell, das am Ende zum turbulenten Schlachtgetümmel eskalierte, bei dem die vier Helden gegen Fiesling Rochefort (gespielt von Mads Mikkelsen) und seine 40 Wachen kämpften. Auch das Alte Rathaus ist im Film oft zu sehen, die Regnitz, die unter seinen Brückenfundamenten dahinplätschert, übernahm die Rolle der Pariser Seine.
"Nachts wurden Musketen abgefeuert“
Am Ende der Oberen Brücke befand sich im Film das Haus der Musketiere, die man durch das imposante Tor des Rathauses gehen sah. Was für den Film nicht passte, wurde am Computer passend gemacht. Größere Segelschiffe auf dem Fluss und auch einige Gebäude, die im Film zu sehen sind, sucht man im realen Bamberg vergebens.
Viel zu tun hatten die meisten Komparsen nicht, aber neben dem Stolz, in einem Blockbuster mitgespielt zu haben, hatte der Job noch den Vorteil, dem Säbelrasseln vor der Kamera ganz nah zu sein, erinnert sich Westhage: „Für die vielen Zuschauer am Set war es fast unmöglich, etwas zu sehen, die Drehorte waren bestens abgeschirmt. Und wer kann schon von sich behaupten, Mads Mikkelsen aufs Pferd geholfen zu haben?!“
Die Abenteuer von D’Artagnan (gespielt von Logan Lermann) und seinen drei Freunden Athos (Matthew MacFadyen), Porthos (Ray Stevenson) und Aramis (Luke Evans) kamen 2011 in die Kinos. Christoph Waltz hatte in der Neuauflage des Klassikers von Alexandre Dumas die Rolle des machtgierigen Kardinals Richelieu übernommen, Orlando Bloom spielte den Herzog von Buckingham und sah mit der ausladenden Haartolle dabei ein bisschen aus wie Elvis Presley. Milla Jovovich mimte Milady de Winter. Dass sie die Frau von Regisseur Paul W. S. Anderson ist, mag bei der Rollenvergabe eine Rolle gespielt haben.
"Ich wusste nicht, dass Deutschland so schön ist“
Bayerns Sehenswürdigkeiten sind echt filmreif, ob in München, Bamberg, Würzburg, Burghausen und auf der Insel Herrenchiemsee, das brachte Regisseur und Schauspieler gleichermaßen in Verzückung. „Ich wusste gar nicht, dass Deutschland so schön ist“, schwärmte Matthew Macfadyen.
Und Paul W. S. Anderson versicherte, nie zuvor so schöne Locations gesehen zu haben. Der Film gilt als eine der aufwändigsten On-Location-Produktionen in Europa. Die Studioaufnahmen entstanden ebenfalls in Deutschland, im Studio Babelsberg bei Potsdam.
Richtig laut war es in Bamberg mitunter, wenn am Alten Rathaus und auf der Oberen Brücke gedreht wurde. „Nachts wurden Musketen abgefeuert“, erinnert sich Statist Westhage. Die Anwohner waren dann vorher informiert worden, um nicht vor Schreck aus dem Bett zu fallen. Und geschossen wurde zum Glück nur mit Platzpatronen.
Obwohl schon oft für Film und Fernsehen in der Welterbe-Stadt gedreht worden ist, sprengte dieser Dreh die bisherigen Dimensionen. Eine Filmproduktion dieser Größenordnung hat auch das filmerprobte Bamberg noch nicht erlebt. Das 350-köpfige Filmteam musste insgesamt sieben Mal zu den verschiedenen Drehorten in Bayern umziehen. Überall standen eigene Komparsen bereit, insgesamt waren an die 4.000 beteiligt.
Louvre und Tower von Würzburg
Würzburg wurde zwei Wochen lang „belagert“. Die bischöfliche Residenz verwandelte sich in den Pariser Louvre, der im 17. Jahrhundert noch kein Museum war, sondern ein Königspalast, in dem König Louis XIII. residierte. Die Festung Marienberg hoch über dem Main verkörperte den Tower von London und die Kapelle im Louvre.
Die Alte Mainbrücke, die die Festung Marienberg und die Würzburger Altstadt verbindet und auf der sich sonst Scharen von Touristen zum Brückenschoppen treffen, bot die perfekte Kulisse für D’Artagnans Ankunft in Paris. Auf der fast 200 Meter langen Bogenbrücke ritt Logan Lerman auf einem Schimmel an Hunderten Komparsen vorbei. Andere Würzburger wurden kurzerhand zu Kammerzofen, Gärtnern, französischen Landbauern oder Gardesoldaten.
Die Stadt Würzburg und die Bayerische Schlösserverwaltung hatten für den riesigen Filmtross Straßen und Plätze gesperrt, Straßenlaternen abgebaut, die Residenz mit rotem Brokat verhängt, den Zugang zum fürstbischöflichen Schloss und der Festung Marienberg zeitweise arg eingeschränkt. Trotzdem gab’s für Zuschauer während der zweiwöchigen Dreharbeiten eine Menge zu sehen. Und auch Stars hautnah in den Drehpausen. Christoph Waltz wurde im Café gesichtet und Milla Jovovich im Modediscounter, als sie Billig-Chic fürs Töchterchen kaufte.
Herausgekommen ist ein Film mit durchwachsenen Kritiken, aber grandiosen Bildern in 3D. Und einem Bayern, das man so französisch angehaucht bestimmt noch nie gesehen hat. Fränkische Bratwurst kam bei den Musketieren nur während der Drehpausen auf den Tisch.