Arnd Erbel stellt in einer der ältesten Backstuben Deutschlands Brot, Brezn und Lebkuchen nach traditioneller Art her. Ganz ohne Zusatzstoffe und Backhefe. Wir trafen den einzigen „Freibäcker“ des Landes im fränkischen Dachsbach
Freibäcker Arnd Erbel
Bereits in den frühen Morgenstunden strömen Aromen von frisch gebackenem Brot, Schokolade und Gewürzen durch die Straßen des 1.800-Seelen-Orts Dachsbach. Der Duft führt zur Backstube Erbel, einer der ältesten Backstuben Deutschlands. Dort bereiten die Mitarbeiter und Auszubildenden das Gebäck für den Tag vor. Allen voran Bäckermeister Arnd Erbel. Er führt den 1680 gegründeten Familienbetrieb in zwölfter Generation. Nach bewährten traditionellen Rezepten zaubert er mit Sauerteig auf den Tisch, was so bereits vor mehr als 250 Jahren im Freistaat leidenschaftlich verzehrt wurde.
Dabei kommen er und seine Kollegen ohne Backhefe aus, ein guter Sauerteig könne alles. „Durch unsere Art von Fermentation erreichen wir sehr gute Bekömmlichkeit und Geschmack. Laugenbrezn, Croissants oder Plunder, alles wird ohne Backhefe gebacken.
Handwerklich hergestellte Sauerteigprodukte sind nicht nur ausgesprochen schmackhaft, sondern sehr gut verdaulich, denn durch die lange Fermentation werden jene fermentierbaren Saccharide, die zu Dünndarm-Problemen führen können, stark abgebaut.
Die Brezn und ihre Mythen
Viele seiner Backwaren haben eine lange Tradition, wie etwa Lebkuchen, Gebildebrot oder Brezn. Gerade die Brezn wird mit Bayern in Verbindung gebracht. Um ihre Herkunft reihen sich viele Geschichten. Eine Legende besagt, dass im Jahr 610 ein Mönch in einem südfranzösischen Kloster die erste Brezn in der Fastenzeit gebacken haben soll. Dabei symbolisiert die Form des Gebäcks die gekreuzten Arme beim Beten. Laut einer anderen Sage ist die Brezn ein Nachfolger des Ringbrots und geht auf das 11. Jahrhundert zurück.
Trotz unterschiedlicher Entstehungsgeschichten: Die älteste Brezn finden Archäologen tatsächlich in Bayern. Mit weniger Fett als in anderen Regionen Deutschlands, dicken Ärmchen und einer gerissenen Oberfläche gehört die Brezn seither zur bayerischen Brotzeit. Arnd Erbel backt sie täglich nach altbewährtem Rezept.
„Ich zittere und leide mit dem Getreide“
Der Bäckermeister bereitet seine Produkte nachhaltig zu, er fühlt mit ihnen. Für Arnd Erbel ist die tägliche Arbeit weitaus mehr als ein Beruf, sie ist sein Leben. Das zeigt sich bereits bei der Auswahl der Zutaten.
Statt sich sein Mehl liefern zu lassen, geht er selbst mit aufs Feld von Biolandwirt Charly Brehm. „Ich zittere, freue mich und leide mit dem Getreide, je nachdem, ob das Wetter mitspielt und das Korn gut wird“, sagt der Bäckermeister. Unterschiedliche Witterungen, verschiedene Jahreszeiten? Arnd Erbel nimmt das Korn, das ihm zur Verfügung steht, und verzichtet auf standardisiertes Mehl.
Deutschlands einziger Freibäcker
Er ist Freibäcker und darf als Einziger in Deutschland diesen Titel führen. Das bedeutet, er setzt eigene Maßstäbe und ist unabhängig. Frei von Zutatenlisten und Zusatzstoffen. Arnd Erbel folgt seiner Intuition und seinen Sinnen. Selbst bei der Zubereitung schwimmt er gegen den Strom: Er verzichtet in seiner Backstube auf moderne Maschinen.
Den Teig mit den Händen fühlen, die einzelnen Zutaten erschmecken, die Wärme der Öfen auf der Haut spüren: „Das sind schönste sinnliche Wahrnehmungen“, erzählt Arnd Erbel begeistert. Er hält an den bewährten Methoden seiner Vorfahren fest. Kostbares, traditionelles Wissen, das er auch an seine Auszubildenden weitergibt. So gehen die Besucher in seiner Bäckerei auf eine kleine Zeitreise – und bekommen „Backwerke ohne Firlefanz“.