Camping in Bayern wird immer beliebter. Der Grund sind neue Angebote jenseits von Hauszelt, Wohnwagen und Wohnmobil. Für Einsteiger und Komfortliebhaber gibt es Schlaffässer, Holz-Iglus, Naturwagen und vieles mehr
Luxus-Camping auf den Plätzen „Schnitzmühle“ und „Via Claudia“
Von wegen „A Dreivierteljahr Winter und a Viertel Jahr kalt“! Was der Volksmund über den Bayerischen Wald behauptet, lässt sich an diesem Sommerwochenende nicht bestätigen.
In Bayerisch Kanada, der Region rund um Viechtach, knackt das Thermometer bei unserem Besuch zeitweilig die 30-Grad-Marke. Wolken? Fehlanzeige. Der einzige Regen weit und breit ist der Fluss, der am malerisch gelegenen „Adventure Camp Schnitzmühle“ vorbeizieht, hier noch als Schwarzer Regen. Ein feines Badegewässer.
Noch in der Dämmerung tollen ein paar Wagemutige in der sanften Strömung, bevor sie dort wieder an Land gehen. Wie gut, dass auf dem Campgelände Lagerfeuer offiziell erlaubt sind – eine wildromantische Aufwärmoption.
Lagerfeuerromantik 2.0
Heißer Tipp: Für ein paar Euro können sich Gäste eine ausrangierte Waschtrommel aka Feuerschale mieten, inklusive Brennholz aus der Schubkarre. Züngelnde Flammen im Blick, kühles Getränk in der Hand, zirpende Grillen im Ohr – so geht Entspannung.
„Hardcore-Nomaden nennen es Luxus, wir nennen es gemütlich“
Ein „Prost!“ den Nachbarn, die man bereits beim Liegestuhl-Sit-in an der „Bongo Bar“ kennengelernt hat. Ein „Prost!“ den unter ihrer Lichterkette schrammelnden Gitarrenspielern auf der anderen Seite. Die haben vorhin netterweise gefragt, ob sie am nächsten Morgen frische Semmeln vom Camp-Laden mitbringen sollen. Na, aber gern doch. Und danke auch für den Tipp mit den ungewöhnlichen Bio-Tees sowie den hausgemachten Kracherln!
Alles Hippies, oder was? Vereinzelt schon, aber es bedarf weder langer Haare noch „Atomkraft? Nein danke“-Aufkleber auf der H-Kennzeichen-Ente, um hier sein Zelt aufzuschlagen. Man braucht nicht mal ein eigenes Zelt, stehen doch drei zur Miete bereit.
Sky Lodges: Camping auf zwei Etagen!
Diese „Sky Lodges“ ermöglichen Campen gleich auf mehreren Ebenen. Während im Parterre ein Lärchenholzboden mit Privat-Terrasse und Loungemöbeln zum Lümmeln einlädt, können im Stockwerk darüber bis zu vier Leute auf der Empore liegen. „Hardcore-Nomaden“, so die Camp-Betreiber, „nennen es Luxus, wir nennen es gemütlich.“
Damit unterstreichen die Familien Daffner und Nielsen: Abenteuer ist eine Frage der Perspektive. So findet auf ein und demselben Gelände jeder sein persönliches Level. Das Spektrum der „Schnitzmühle“ jedenfalls umfasst neben einigen Mietwohnwagen auch die sogenannten Buenas Lodges sowie fünf Black Houses, kleine, coole Bungalows am Fluss.
Thai-Food statt Schweinenackensteak
Camping + Spa + Style = Glamping
Egal, wo man schläft: Das „Thai Bay Restaurant“, dessen Karte Schnitzel, Tofu-Burger und Panaeng-Gai-Curry in einer Spalte listet, steht allen offen und nimmt auch dem größten Zweifler die Sorge, dass die Campingküche nicht über Convenience Food, Bratwurst vom Grill und Dosenravioli hinauskommt.
Auch das „Emoji Sphere Spa“ samt Steinkorbsauna und Outdoor-Whirlpool würde man nicht unbedingt auf einem Campingplatz vermuten. Deshalb spricht man auch von Glamping, also glamourösem Camping. Ein Trend, der nach Vorreitern in England und den USA auch in Bayern seit einigen Jahren an Fahrt gewinnt. Und viele Ausprägungen hat.
Naturwagen oder Kuschelkota?
„Via Claudia Camping“ im Allgäu. Auf dem traumhaft am Lechstausee gelegenen Platz könnten Wochenurlauber jede Nacht in einer anderen Schlafumgebung verbringen. Aber warum der Stress? Lieber vorab entscheiden (und buchen). Etwa den Naturwagen, der einem Pippi-Langstrumpf-Film entrollt sein könnte. Für Kinder jedenfalls ist der Anhänger mit dem nostalgischen Zirkusambiente ein Traum, auch ohne Pferd und Affe.
In der lässigen Ferienwohnung auf Rädern finden bequem vier Personen Platz, sei es in den beiden „Zimmern“ wie auch in der hellen Küche samt Kochgelegenheit und Tisch. Die überdachte Mini-Terrasse an der Wagenlängsseite fungiert zudem als Logenplatz für ausgedehnte Beobachtungssessions seltener Pflanzen und Tiere am benachbarten Biotop. (Für ausgedehnte Badesessions locken der Lechstausee und der zum Glück noch nicht von Instagram-Gurus „entdeckte“, wildromantische Baderwäldlesee.)
Ein seltenes Glamping-Exemplar stellt die Kuschelkota dar. Bei dieser sechseckigen, spitzdachigen und mit Vorhängen an den Minifenstern versehenen Kiefernholzhütte steht – nomen est omen – ein Zwei-Personen-Bett im Mittelpunkt. Kurz: Das Hideaway für (zeitweise) kinderlose Paare verspricht besondere Knistermomente.
In etwas anderer Hinsicht gilt das auch für die Grillkotas, die es an zwei anderen Stellen auf dem XXL-Areal gibt. Dort kann indoor gebrutzelt werden, ein Service für die Gäste der nebenan befindlichen Holzhütten und der sogenannten Pods. Darunter versteht man halbrunde, eher nüchtern gehaltene Minibehausungen mit gerade einmal 6,5 Quadratmeter Fläche in der kleinsten Ausführung (es gibt auch fast doppelt so große).
Bodenständige Typen können den chichi-losen Unterkünften vermutlich etwas abgewinnen, liegt man doch sehr nah am Boden. Erhabener schläft es sich auf den Emporen der Schlaffässer. Die sind zwar auch klein, wirken aber gemütlicher und bieten etwas mehr Stauraum und Schnickschnack.