Lust auf eine Landpartie? Am besten macht man die mit Bayerns Bahnen. Oder, wenn es weiter ins Abseits gehen soll, flüsterleise mit dem Elektro-Roller. Unser Reporter schnurrte testhalber auf einem gemieteten CE04 durchs Voralpenland
Mit dem E-Roller durchs Voralpenland
Es braucht an diesem blumig duftenden Frühsommertag gefühlt nur ein paar beherzte Griffe am Lenker und schon ist man aus Münchens Speckgürtel herauskatapultiert, mittenrein ins schönste Bilderbuch-Bayern. Von 0 auf 100 in sechs Sekunden. Von Gräfelfing an den Starnberger See in null Komma nix.
Der kurze Spurt über die Autobahn ist kein Problem, bei 120 Stundenkilometern wird automatisch abgeriegelt. Der Elektro-Scooter CE04 liefert bei der Paradedisziplin potenter Elektro-Gefährte, der Beschleunigung, erfrischend ab.
Und wer es drauf anlegt, hört beim Wheelie an der Voralpenwiese sogar noch das Bimmeln der Kühe – dank 62 Newtonmeter und wenig Dezibel.
Bierbank mit Wumms
Wobei der Roller bereits ohne Artistik des Fahrers auffällt. Der CE04 erinnert an eine fahrende Bierbank. Mit Rädern jenes Bollerwagen-Typs, der wahlweise mit Kindern oder zum Vatertag mit Bierkästen befüllt wird.
Kühe und Schafe glotzen verwundert. Bei Holzhausen pausiert ein Landwirt beim Heuen und schaut mir hinterher. Die Passanten, an die ich mich am Seeuferweg leise surrend heranpirsche, blicken nicht mal auf.
Ein energisches Hüsteln für Aufmerksamkeit statt des bei BMW-Zweirädern üblichen lauten Grummelns aus Boxermotor oder 100-Plus-PS-Aggregat. Hüsteln sollte ein Standardfeature des Scooters sein. Es wäre höflicher als die laute Hupe.
Cruisen statt rasen
Ab dem Starnberger See geht‘s im „Eco Mode“ weiter. Der verspricht die größte Reichweite, knapst aber nicht beim Fahrspaß. Bis zum Kochelsee reicht der Saft, zum höher gelegenen Walchensee auch noch. Dazwischen saust der Roller die Serpentinen auf der berühmt-berüchtigten Kesselbergstraße hinauf wie auf Schienen. Und gibt dabei kaum einen Mucks von sich.
Vor allem die Anwohner der Passstraßen in den Alpen können die elektrifizierte Motorradzukunft sicher kaum erwarten. Wenn sie denn kommt. Schließlich hält sich in Motorradfahrerkreisen noch die Überzeugung, dass das Leben im Allgemeinen und das Biken im Besonderen unter 100 Dezibel keinen Sinn mache.
„Wer es drauf anlegt, hört beim Wheelie an der Voralpen-wiese noch das Bimmeln der Kuhglocken“
Zum Glück bietet meine Route tolle Gelegenheiten, längere Ladezeiten mit Genuss zu verbringen. In Krün, kurz vor Mittenwald, ist der Akku fast leer. Ziemlich genau 100 Kilometer bin ich bislang gefahren. Die Ladestation am „Gasthof Post“ ist der richtige Ort zur richtigen Zeit.
Von der Terrasse duftet es verführerisch nach Essen, die Karwendelgipfel dimmen bereits langsam auf warmes Abendlicht herunter. Während ich meine Knödel-Kollektion verputze, saugt die Rollerrakete um die Ecke Ökostrom aus der Box unter der Lüftlmalerei.
Still und starr ruht das Reh
Kurz vor dem Alpenglühen sind, nach einer Stunde, 30 Prozent geladen. Das reicht bis Lenggries. Dazwischen wartet in der schönsten Abendstimmung eine der spektakulärsten Routen Bayerns. Der Stadtflitzer scheint sich in den Bergen immer wohler zu fühlen.
Wie in den Weiten der Rocky Mountains
Auf der engen Mautstraße am Oberlauf der Isar wähnt man sich eher in den Weiten der Rocky Mountains als auf einer Spritztour in der „Nähe“ der Millionenstadt München. Nirgends ist die Isar wilder. Zwischen knorrigen Bäumen hat sie sich mehrere Flussbetten gegraben und die Steine der Kiesbänke schneeweiß poliert.
Ein Rudel Rehe knabbert ganz entspannt am saftigen Ufergras. Als ich keine 30 Meter entfernt an ihnen vorbeifahre, schauen sie nicht einmal auf. Dieses Erlebnis allein kann einen flugs zum E-Enthusiasten machen. Neben der Urban Mobility taugt der CE04 definitiv zur „Wilderness Mobility“.
Nahe Vorderriss mündet die Isar in den Sylvensteinstausee, der das letzte Fotomotiv des Tages liefert. Die perfekt übers Wasser geschwungene Straßenbrücke gehört zu den meistfotografierten der Welt und ist regelmäßig Kulisse für Shootings von Auto- und Motorradherstellern.
Auch mein E-Scooter macht sich an diesem Abend darauf ausgezeichnet. Ein paarmal hin- und hergefahren, dann ist Nacht. Auf der Fahrt hinunter nach Lenggries schöpft die ausgefuchste Rekuperation im Roller einige zusätzliche Kilometer Reichweite. Am Park-und-Ride-Parkplatz sind nochmals zwei Stunden Ladezeit fällig, um die 70 Kilometer zurück zum Vermietpartner von Rent A Ride zu schaffen.