Wasserburg: Innschleife
Bei den Innsulanern

Wasserburgs Altstadt, die sich in eine Schleife des Inn schmiegt, gehört zu den schönsten Bayerns. Kulturell ist einiges los. Und samstags liegt beim Shopping Musik in der Luft

Lesezeit: 15 Minuten

Wasserburg am Inn: Sehenswürdigkeiten und Tipps für den Kurz-Urlaub

Von der roten Inn-Brücke aus zeigt sich Wasserburg von seiner schönsten Seite: eine Parade pastellfarbener Fassaden, manche mit kleinen, wie angeklebt wirkenden Holzbalkonen, andere mit feiner Terrasse zum Fluss.

In der Mitte bildet das 1339 erstmals erwähnte Brucktor, flankiert von Heiliggeist-Spital und dem ehemaligen Fleischhaus, die Ouvertüre zu einem liebenswerten, weltoffenen und bildschönen Städtchen.

„Mir geht immer wieder das Herz auf, wenn ich über die Brücke fahre“, schwärmt Musiker Ben Leinenbach. „Schöner kann man nicht heimkommen!“ Seit 30 Jahren bereichert er mit unterschiedlichen Bands die vielfältige und kreative Wasserburger Kulturszene.

Sein neuestes Baby, das er mit der Grafikdesignerin und Künstlerin Anna Schöll 2020 aus der Taufe hob, heißt „Steam Skunk“, ein „Steampunk Art & Music Projekt“. Um den bunten, „retro-futuristischen“ Look kümmert sich Anna. Die kuriosen Brillen für die sieben Bandmitglieder fertigt sie aus allem, was ihr so in die Hände fällt, Teesieb und Hasenschädel inklusive.

Wasserburg am Inn: Band „Steam Skunk“ auf Boot

Heißer Tipp für Hochzeiten

Ben und Anna gehören zu den nur 3.000 Einwohnern der „Insel“, die restlichen Wasserburger leben in neueren Vierteln jenseits der Inn-Schleife. Auf der Insel aber schlägt das Herz der Stadt. Auf dem lang gestreckten Marienplatz, in der Salzsenderzeile, der Hofstatt oder der Ledererzeile pulsiert das Leben.

„Die Leut’ kommen wirklich von überall her zum Heiraten“

Mittelpunkt ist das ab 1459 errichtete gotische Rathaus. Im Kleinen Saal, einst die Gerichtsstätte Wasserburgs, bildet die Wandbemalung aus dem 16. Jahrhundert den Rahmen für Trauungen in tollem Ambiente. „Die Leut’ kommen wirklich von überall her zum Heiraten“, weiß Stadtführer Thomas Rothmaier.

Noch beeindruckender ist der 1905 nach einem Rathausbrand errichtete Große Saal. 30.000 Reichsmark spendierte Prinzregent Luitpold, um dieses holzgetäfelte Schmuckstück zu errichten. Die hervorragende Akustik sieht man ihm förmlich an – ideal für klassische Konzerte.

Ein riesiges Wandgemälde zeigt in plastischen Details einen historischen Salzzug. Die Inschrift darauf kennt in Wasserburg jedes Kind, versichert Rothmaier, schließlich verdanke die Stadt dem Salzhandel ihren Reichtum. Aus dem Gedächtnis zitiert er: „Wie wär es schlecht um uns bestellt, wenn es kein Salz gäb auf der Welt …“.

Wasserburg am Inn: Wandmalerei im Rathaus

Sprichwörtern auf der Spur

Zur Saison findet die Führung durch die historischen Rathaussäle von Montag bis Freitag um 13 Uhr statt. Zu bestimmten Terminen kann man auch die mehr als 200 Jahre alten Bierkatakomben erkunden.

Dort erzählen mittelalterlich gewandete Schauspieler die Stadtgeschichte. Und betonen dabei, dass Wasserburg einst rund fünfzehn Brauereien zählte. Heute existieren nur mehr einige im Umland wie Unertl, Baderbräu oder Gut Forsting.

Besonders beliebt sind Führungen, die Sprichwörtern auf den Grund gehen. Wer weiß schon, dass sich „Etwas auf dem Kerbholz haben“ auf die Abrechnung der Bäcker bezieht, die Kerben in ein Messholz schnitzten? Oder dass den Gerbern am Inn ein ums andere Mal „die Felle davonschwammen“?

Klassische Stadtführungen durch die einst so bedeutende Handelsstadt, die bis zum Bau der Eisenbahn auch der Hafen der Landeshauptstadt München war, gibt es von Ostermontag bis Ende Oktober regelmäßig.

Wasserburg am Inn: Marienplatz mit Mariensäule

Skulpturenweg am Inn

Wer sich lieber auf eigene Faust aufmacht, spaziert am Inn entlang. Mehr als dreißig Skulpturen von zum Teil beachtlichem Ausmaß säumen auf rund 1,5 Kilometer Länge den Hochwasserdamm an der Inn-Schleife. Da liegt etwa der vom Zahn der Zeit schon etwas angenagte hölzerne „Sternengucker“ von Ernst Grünwald ganz beiläufig neben dem Spazierweg.

Leonard Schlögels Skulptur „Isis“ scheint versonnen bis gelangweilt auf den Fluss zu blicken. Eine Gruppe von Wanderern hält an, steigt die paar Meter zu dem riesigen Muschelkalkkopf hinab und diskutiert. Sieht er nicht von der einen Seite friedlich-freundlich aus, von der anderen aber fast schon bedrohlich und fratzenhaft? Ein paar Hundert Meter weiter verlockt die überlebensgroße Vierergruppe „Geselliges Tier“ von Jørgen May Passanten zu einem Selfie im Inneren der Installation.

Wasserburg am Inn: Holzskulpturen

Moderne Kunst in alten Gemäuern

Katrin Meindl, die Erste Vorsitzende des Kunstvereins AK 68, freut sich sakrisch darüber, wenn sich zufällig vorbeikommende Spaziergänger mit den Werken auseinandersetzen. Schließlich war es der AK 68, der zum 20. Jubiläum der Künstlervereinigung im Jahr 1988 damit begann, namhafte Bildhauer dafür zu gewinnen, ihre teils monumentalen Arbeiten am Inn aufzustellen.

Dreh- und Angelpunkt des seit 1968 bestehenden Kunstvereins ist das Ganserhaus aus dem 16. Jahrhundert. Über knarzende Stiegen kann man sich in zahllosen verwinkelten Räumen mit zeitgenössischer Kunst befassen. Sieben je vierwöchige Ausstellungen organisiert der Verein im Jahr, die wichtigste davon findet im August statt und schließt auch das Rathaus als Ausstellungsort mit ein.

Wasserburg am Inn: Künstlerin Katrin Meindl

Katrins besondere Leidenschaft gehört der Street-Art und den „Lost Places“, von denen es in und um Wasserburg eine ganze Reihe gibt. Der Deal funktioniert so: Für einen gewissen Zeitraum pachtet der AK 68 eine verlassene Essigfabrik oder das ehemalige Umspannwerk von der Stadt und bespielt es.

Sogar den international bekannten Street-Art-Künstler Mr Woodland konnte sie für mehrere Werke an den riesigen Wänden des aufgelassenen Werks gewinnen – große Kunst, aber vergänglich. Bald wird der Komplex abgerissen, „aber ich habe schon drei, vier andere Orte im Auge“, sagt Katrin vergnügt.

Wasserburg am Inn: Street Art für Kunstverein

Beliebtes Ziel für Radler

Am Schnittpunkt mehrerer Fernradwege gelegen, bietet sich Wasserburg als charmante Übernachtungsstation an – traditionsreich und gut auf Radler eingestellt ist unter anderem das „Hotel Fletzinger“. Wer sich der Stadt auf der Westvariante des Innradwegs nähert, sieht das ehemalige Kloster Attel mit der barocken Pfarrkirche St. Michael inmitten sanfter, grüner Hügel von weit her.

Dort ist eine Stiftung untergebracht, die sich um Menschen mit Behinderung kümmert. Musiker Ben Leinenbach arbeitet in Teilzeit und hat vor 20 Jahren das integrative „ABM-Orchester“ gegründet, was für „Attler Bunte Mischung“ steht. Mehr als ein Dutzend Bewohner und Betreuer der Stiftung stehen regelmäßig auf der Bühne und bringen ihre bayerischen Interpretationen bekannter Hits mit so viel Spielfreude dar, dass man einfach mitgrooven muss.

Wasserburg am Inn: Panorama der Stadt
Wasserburg am Inn: Barfußweg im Erlebnisbad

Barfußpfad im Erlebnisbad

Um müde Radlermuskeln zu regenerieren, ist das Erlebnisbad „Badria“ mit Rutschen, Wasserpilz und dem beheizten „See“ im großzügigen Außenbereich ideal. Mehrere Saunen, zwei davon im schönen Garten mit Blick über die Felder bis zum Kirchturm des Dörfchens Eiselfing gelegen, sorgen für Entspannung. Nach einem Tag Pedaltreten freuen sich die Füße über ungewohnte Sinnesreize auf dem Barfußpfad: Im Storchengang geht es über Nussschalen, Mulch, Steine, Korken, Zweige und Erde.

Wer stattdessen das Etappenziel Wasserburg von oben sehen möchte, steigt in rund 20 Minuten südlich der Inn-Brücke über den Kellerbergweg zur „Schönen Aussicht“ hoch, die ihren Namen absolut verdient.

Wasserburg am Inn: Innenstadt

Säfte, Kaffee und Schönes aus Holz

So geschlossen Wasserburg in seiner Inn-Schleife aus der „Vogelperspektive“ wirkt, so bunt und vielfältig ist es im Detail. Dafür sorgen die zahlreichen kleinen inhabergeführten Läden. Viele davon liegen in schattigen Arkadengängen, etwa entlang des Marienplatzes: In der „Markthalle“ kann man sich mit Säften aus der Region eindecken, bei „Grünkunft“ gibt’s unter anderem Naturkosmetik und hübsche, nachhaltig erzeugte Einkaufstaschen.

In der Ledererzeile eröffnete vor Kurzem Marco Hekler sein „Holz-Laderl“ für Schneidebretter, Kochfeldabdeckungen, Holzklötze und vieles mehr. Mit seinem Schreiner-Kollektiv in Steinhöring ist er sehr erfolgreich, „aber nur online ist ja langweilig“. Jetzt bietet er in seinem neuen Ladengeschäft neben persönlicher Beratung auch Snacks und Kaffee von Dinzler an.

Wasserburg am Inn: Altstadt

„Robelo“ oder „Hambela“?

Wer sich für Kaffee interessiert, sollte bei der Kaffeerösterei Deliano direkt an der Hofstatt einen „Robelo“ oder „Hambela“ probieren. Ob Costa Rica oder Äthiopien – Lukas Deliano röstet die besten Bio-Bohnen aus aller Welt und kredenzt seinen delikaten Kaffee wie Wein in der Glaskaraffe. Sein aus Italien eingewanderter Großvater gründete hier einst eine Bäckerei, gegenüber ist das Konditorei-Café Deliano ein beliebter Treffpunkt.

Wasserburg am Inn: Kaffeerösterei Deliano
Wasserburg: Kaffeerösterei Deliano

Musik am Marktsamstag

Vor dem Café findet jeden Donnerstag von 11 bis 16.30 Uhr ein kleiner Bauernmarkt statt. Neben den Ständen mit Obst, Gemüse und Säften sticht Gabi Gottschling mit ihrem „Pink Deli“ sofort ins Auge.

Bis zum Hals tätowiert und mit rosafarbenem Haarschopf verkauft sie von der Ladefläche einer umgebauten Ape von Piaggio ihre selbst gemachten veganen Soßen: Chutney-Saucen, Jalapeño-Ketchup oder Chutneys kocht sie mit den Produkten aus dem eigenen Garten im nahen Amerang ein. Auch samstags gibt es einen Markt in der Hofstatt.

Auf Initiative des Wirtschaftsförderungsvereins begleitet stets eine lokale Band das bunte Markttreiben: Ab 11.30 Uhr am Vormittag liegt zum Shopping Musik in der Luft. Logisch, dass auch Ben Leinenbach dort schon aufgespielt hat, ganz klassisch-akustisch mit dem „Trio Mio“ aus Kontrabass, Akkordeon, Gitarre und Gesang.

Wasserburg am Inn: „Pink Deli“ auf dem Markt
Wasserbug am Inn: Luftaufnahme

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Wasserburg: Innschleife
Bad Tölz an der Isar

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