Vale, Mo und Bast im Weissen Lamm
Augsburg, aber chillig!

Die Augsburger Band Loamsiada mischt Bayern mit ihrem Urban Brass auf, der Indie-Klänge mit Mundart vereint. Unsere Reporterin verbrachte einen Tag mit den Jungs und entdeckte so die Stadt gemütlich von einer neuen Seite. Ganz adagio …

Lesezeit: 16 Minuten

Augsburg mit der Band Loamsiada

Am Anfang war eine kaputte Waschmaschine. Zum Glück, sonst gäbe es die Band Loamsiada nicht. Damit hat alles angefangen. Kaputte Waschmaschine, lange Nacht, viel Bier und Gespräche. Das ist die Kurzversion.

Die lange Version, erzählt Moritz Ludl, Sänger und Guitarlele-Spieler der Band: „Ich wohne in einer WG in Augsburg. Eines Tages ist unsere Waschmaschine kaputtgegangen. Auf Ebay-Kleinanzeigen habe ich ein paar Straßen weiter eine Ersatzmaschine gefunden. Da wollte ich dann mit der Sackkarre rüber und das Ding holen. Aber allein hab’ ich das nicht geschafft. Da hab’ ich den Vale angerufen: ,Hey Vale, hast du Zeit, eine Waschmaschine mit mir rüberzutragen?‘“

Valentin Metzger, der Posaunist, half mit. Als die beiden die Waschmaschine durch Augsburg karren, wissen sie noch nicht: Dieser Abend wird lang. Am folgenden Tag hat nicht nur die WG eine neue Waschmaschine, sondern auch Augsburg eine neue Band.

„Nachdem wir die Maschine dann angeschlossen hatten, hab’ ich gesagt: Komm, jetzt trinken wir ein Feierabendbier. Wir saßen auf dem Balkon, bis es schon wieder fast hell wurde. Wir haben über Musik, Gott und die Welt gesprochen und sind darauf gekommen, dass wir beide eigentlich einfach nur Musik machen wollen.“

Vale und Mo beim Kicker

„So sprechen die Leute halt“

Während die Musiker, beide Ende zwanzig, von der Bandgründung erzählen, nicken sie sich einander zu. Es wird viel gelacht. Sie sitzen nebeneinander auf einer Leder-Couch im „Weißen Lamm“, tagsüber Café, abends Bar und Club. Eine Institution im Augsburger Nachtleben, die auch Gäste aus anderen Städten anlockt. Wenn Moritz nicht Musik macht, arbeitet er im „Weißen Lamm“.

Warum singt eine Band im bayerischen Dialekt? „Ich hab’ damals gesagt, dass ich Mundart-Bands ganz geil finde“, sagt Valentin. „Und ich hab’ ihm direkt gesagt, dass ich da so fünfzehn Lieder bei mir rumflacken hab’, die alle gespielt werden wollen“, sagt Moritz.

Beide spielten damals bereits in anderen Bandformationen, die die Mundart pflegten, es sei also das Naheliegendste gewesen, auch mit Loamsiada auf Mundart zu setzen. Und außerdem: „So sprechen die Leute halt.“

Vale und Mo im Weissen Lamm

Von null auf hundert

An einem warmen Junitag führen uns die Loamsiada durch ihr Augsburg. Die Sonne scheint, die Jungs gehen mit uns zum „Sonnendeck“, gegenüber vom „Weißen Lamm“ auf dem Dach eines Parkhauses. Bevor sie in den Aufzug steigen, sagt Valentin: „Da drüben in der Soho-Stage hatten wir im September 2022 unseren ersten Auftritt.“ Die Kulturbühne liegt ein paar Meter weiter. Der Auftritt der Loamsiada dort war damals mit etwa hundert Leuten ausverkauft.

Oben auf dem „Sonnendeck“ angekommen, gibt es erst mal ein kühles Bier. Liegestuhl. Füße in den Sand. Fehlt nur noch das Meer. Adria oder Augsburg? Urlaubs-Feeling ist auf jeden Fall da. Obwohl das „Sonnendeck“ zentral in Augsburg gelegen ist, bekommt man dort oben vom städtischen Lärm kaum etwas mit.

Füße in den Sand. Fehlt nur noch das Meer. Adria oder Augsburg?

Wir erwischen Moritz und Valentin an einem ihrer seltenen freien Tage. Bis September haben sie fast jeden Tag einen Auftritt. Man muss dazusagen: Die Band gibt es bis zu diesem Zeitpunkt seit knapp einem Jahr. Neu gegründete Bands starten zumeist auf Open-Stages, probieren sich aus. Nicht so die Loamsiada. Die schossen direkt von null auf hundert.

 

Mo und Vale auf Liegenstühlen auf dem Sonnendeck in Augsburg

Gechilltes Business

Sieht man Moritz und Valentin so in ihren Liegestühlen sitzen, am Bier nippen, Sonnenbrille auf, könnte man sie für zwei stinknormale Studenten halten. Die studierten Erziehungswissenschaftler kennen sich schon mehrere Jahre über die Augsburger Musikszene.

„Wir waren uns von Anfang an einig, dass wir das gescheit machen wollten. Deshalb haben wir uns gleich um Social-Media-Präsenz, Merch und ein spielfähiges Set gekümmert“, sagt Moritz. Dabei scheinen die Jungs irgendwas richtig gemacht zu haben.

„Ein Loamsiada, also ein Leimsieder, ist einer, der bisschen arg langsam ist und nicht so viel auf die Reihe bekommt.“

Der schnelle Erfolg passt gar nicht zum Bandnamen: „Ein Loamsiada, also ein Leimsieder, ist einer, der bisschen arg langsam ist und nicht so viel auf die Reihe bekommt“, erklärt Valentin. Also auf gut Deutsch: eine Schlaftablette, ein Lahmarsch. Das trifft so gar nicht auf die Musiker zu. Aber der Name, das muss man zugeben, bleibt hängen.

Vale, Mo und Basti spazieren durch Augsburg

Renaissance mit Liegestuhl

„Ich finde ja, jeder sollte mal Urlaub in Augsburg machen“, sagt Valentin und schaut in den Himmel. Entschleunigen in Augsburg? Die Loamsiada machen es nicht nur bei unserem Besuch vor.

Wir wollen weiter, die älteste Stadt Bayerns mit ihrer vermutlich jüngsten Band erkunden. So schlendern wir, mittlerweile mit einem weiteren Bandmitglied, Simon Altstetter, Richtung Innenstadt und schauen uns Renaissance mit Liegestühlen an.

Es geht vorbei am Perlachturm und am Augsburger Rathaus. Es gilt als einer der bedeutendsten Profanbauten der Renaissance nördlich der Alpen, fertiggestellt  1624. Den Goldenen Saal sparen wir uns heute, die Sonne scheint, die Augsburger sitzen in Cafés an diesen Freitagnachmittag. Auch die drei Jungs wollen lieber draußen sein.

Weil es in der Stadt nicht gerade wenig Renaissance-Architektur gibt, suchen sich die drei mit Liegestuhl unterm Arm einen prominenten Platz zum Verweilen: den Herkulesbrunnen auf der Maximilianstraße.

„Jeder sollte mal Urlaub in Augsburg machen“

Er ist neben dem Augustusbrunnen und dem Merkurbrunnen einer der drei Augsburger Prachtbrunnen und wurde vom holländischen Bildhauer Adriaen de Vries im Renaissance-Stil entworfen. Ein wenig erinnert er an Renaissance-Brunnen in italienischen Städten. Kein Wunder, der niederländische Bildhauer hat sein Handwerk bei den Italienern gelernt.

Mo und Vale auf Liegestühlen vor dem Herkulesbrunnen

Klein-Venedig? Fast!

„Manche behaupten ja, Augsburg habe mehr Brücken als Venedig“, sagt Moritz und schleckt an seinem Eis. Die nächste Station auf unserer Loamsiada-Augsburg-Tour heißt: „Eisdiele Tut­ti Frutti“. Mit einem Eis und Eiskaffee spaziert es sich in der Gegend rund um die Eisdiele sehr gut.

Man kommt an den Lechkanälen vorbei, die sich durch die kleinenStraßen und an Hauseingängen vorbeischlängeln. „Na ja, vielleicht hat Augsburg auch nur mehr Brücken als Venedig, wenn man diese Mini-Brücken mitzählt“, lacht Moritz.

Um die 500 Brücken gibt es in der Altstadt. Viele queren die Kanäle im Lech- und Ulrichsviertel. Mo hat sicher recht, die meisten davon sind sehr klein, aber für die Bewohner und Bewohnerinnen notwendig, um in ihre Häuser zu kommen.

Lechkanal in der Augsburger Innenstadt

Nah am Wasser gebaut

Man muss sich nicht lang in Augsburg aufhalten, um zu verstehen: Wasser gehört zum Charakter dieser Stadt. Und man muss nicht lang mit Moritz und Valentin durch Augsburg ziehen, um zu merken: Das sind zwei bekannte Gesichter. Immer wieder passiert es, dass sie jemanden treffen, der sie kennt. Kurzer Plausch, dann weiter.

Vor gerade mal vier Jahren wurde das Augsburger Wassermanagement-System UNESCO-Weltkulturerbe. Brunnen, Wassertürme, der Lech, der durch die Gassen fließt – ein uraltes Wassermanagement-System. All das und die Lage zwischen den Flüssen Wertach und Lech machen die Stadt einzigartig. Das Wasserwerk am Roten Tor versorgte die Menschen seit etwa dem Jahr 1400 mit Trinkwasser aus den Bächen des Stadtwalds.

Vale, Mo und Basti spazieren mit einem Eis am Lechkanal in der Augsburger Innenstadt
Wasserrad am Schwallech

Urban Brass: Perfektes Match

Auf dem Rückweg versuchen Valentin und Moritz zu erklären, wo man den Sound der Loamsiada einordnen kann. Kaum ein Genre scheint zu passen. Aber sind das nicht die besten Musikentdeckungen? Die, die in keine Schublade passen?

„Wir sind keine typische bayerische Band. Wir sind sehr nah an einer Indie-Band gebaut. Urban Brass sagen wir dazu“, sagt Valentin. Einzigartige Stadt, einzigartige Urban-Brass-Band. Wenn das nicht ein perfektes Match ist. In Lederhosen treten die Jungs übrigens nie auf: „Wir wollen keine Klischees erfüllen.“

Ottifant an der Bankfassade


Wir passieren die Fuggerbank, als Valentin beiläufig sagt: „Na ja, und hier oben sieht man den Augsburger Ottifanten.“ Wie bitte? Tatsächlich, an der Fassade der Fuggerbank sieht man einen kleinen Ottifanten. Er steht auf einer Säule mit der Aufschrift „anno 1993“. Weder Valentin noch Moritz wissen, wieso ausgerechnet an der Fassade der Fuggerbank ein Ottifant zu sehen ist.

Vor Fertigstellung dieses Textes frage ich bei Freunden und Bekannten nach. Keiner hat eine Antwort. Internetrecherche: nur kuriose Gerüchte. Also ein Anruf bei der Fuggerbank. Das müsse wohl Franziska, die Tochter von Hubertus Fürst Fugger von Babenhausen gewesen sein, heißt es. Kurze Zeit später habe ich Franziska Gräfin Fugger von Babenhausen persönlich am Telefon. „Das war ich! Als das Gebäude in den Neunzigern renoviert wurde, hat mich mein Vater, Fürst Hubertus, gefragt, ob ich etwas Lustiges an die Fassade malen möchten und mich verewigen will.“

Damals war sie 14 Jahre alt. Ihr Vater liebt Elefanten und die Familie pflegt eine Leidenschaft für Kunstgeschichte und Humor. „Es gab bei uns viel Loriot, Polt und eben Otto.“ So entschied sie sich für den Ottifanten. Seitdem, so kann man sagen, ist er eine kleine Attraktion, deren Entstehungsgeschichte nur wenige kennen. Selbst die Loamsiada nicht.

Der Ottifant an der Fassade der Fuggerbank

Ab ins Blaue!

Die Loamsiada wären nicht die Loam­siada, wenn sie nicht um die perfekte Work-Life-Balance wüssten. Deshalb bringen sie uns zum Abschluss an den idyllischen Kuhsee im südöstlichen Stadtteil Hochzoll.

Trotz des schönen Wetters ist jetzt in den Abendstunden überraschend wenig los. „An heißen Tagen kommen viele Augsburger zum Baden hierher“, sagt Valentin. Die Musiker machen es sich auf dem Steg gemütlich, beginnen zu jammen.

Sprachbarriere?
Hauptsache Spaß!

Am nächsten Tag spielt Band auf dem Tollwood in München. Versteht denn jeder im Publikum, was sie singen? „Nein, nicht jeder versteht das. Aber wir kommen auch bei Leuten gut an, die keinen Dialekt verstehen“, sagt Valentin. Auf der Bühne steckt die Band das Publikum mit Humor und guter Laune an. Auf YouTube schreibt ein User unter das Video zum Song „Mr. Taxi Man“: „Ich verstehe zwar kein Wort, aber ich feiere es hart!“ Mehr muss man dazu eigentlich nicht sagen.

Mo und Vale musizieren liegend auf dem Steg
Der Herkulesbrunnen in der Augsburger Innenstadt zieht Jung und Alt an

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