Schafherde
Die spinnen!

Geniales Naturprodukt: Schafwolle nimmt ein Drittel des Eigengewichts an Feuchtigkeit auf. In Bad Feilnbach wird die Wolle von 35.000 Schafen verarbeitet. Außerdem degustierten wir in „Bayerns Big Apple“ mit seinen 30.000 Apfelbäumen auf Streuobstwiesen Knackiges, Spritziges und Fruchtiges

Lesezeit: 15 Minuten

Bad Feilnbach: Zwischen Äpfeln, Wolle und Wendelstein

Rund 30.000 Apfelbäume stehen knorrig und naturbelassen auf den Streuobstwiesen im ausgedehnten Gebiet von Bad Feilnbach.

Platz für sie gibt es reichlich, schließlich entstand die 8.000-Einwohner-Gemeinde im Landkreis Rosenheim durch den Zusammenschluss Dutzender ehemals eigenständiger Dörfer, die durch Felder und Wiesen getrennt sind.

Da müssen sich die hochstämmigen Bäume nicht in Reih und Glied drängen, sondern „verstreuen“ sich anmutig in der Landschaft und bieten zahllosen Tier- und Pflanzenarten eine Heimat.

Pferde und Fohlen in Streuobstgarten

Knackiges von der Streuobstwiese

Im milden Klima zwischen Wendelstein und Chiemsee reifen die knackigen Früchte ökologisch kontrolliert und völlig naturbelassen heran. Zur Saison im Herbst, wenn am zweiten Oktoberwochenende auch Bayerns größter Apfelmarkt stattfindet, kann man sich mit Apfelbrot, Apfelwein, Most, Marmelade und natürlich Apfelsaft eindecken. 2023 findet er bereits zum dreißigsten Mal statt.

Apfelschnaps gibt’s das ganze Jahr lang: Von den 125 Obstbauern hat „fast jeder einen Hofladen“, sagt Christa Höfer und schenkt einen Probierschluck vom Apfel-Quitten-Geist ein. Gleich ums Eck, an der Durchgangsstraße des Bad Feilnbacher Ortsteils Litzldorf, liegt ein Hofladen der anderen Art: das fröhlich-bunte Geschäft der Schafwollspinnerei Höfer.

fröhlich-buntes Geschäft

Die Wolle duftet nach Heu

Der Hofladen ist das Schaufenster eines echten Traditionsbetriebs. Hier wird seit 1947 ausschließlich heimische Schafwolle gekämmt, gesponnen und gewebt. 130 Schäfer liefern pro Jahr die Wolle von 35.000 Schafen, das sind rund 100 Tonnen. Nach dem Waschen bleiben 55 Tonnen übrig.

Auch „frisch vom Schaf“ riecht die Wolle nicht ranzig, wie man annehmen könnte, sondern duftet angenehm nach Landluft und Heu – so wie die Wiesen etwa bei Amerang nahe Wasserburg oder im Berchtesgadener Land, auf denen die Tiere weiden.

In der großen Produktionshalle rattert die gewaltige Kardiermaschine, die fast die gesamte Längsseite einnimmt. Am Anfang kommt die gewaschene Wolle hinein, läuft über Walzen und Bänder, bis ein feines Vlies entsteht. Diese gekämmte Wolle wird in 13 Millimeter breite Streifen geteilt und genitschelt, also zu einem ersten Faden geformt. Um ein stabiles Garn herzustellen, durchläuft die Wolle nach dem eigentlichen Spinnen eine weitere Maschine, die auf großen Spulen drei Fäden ineinander verdreht.

Kuhlandschaft

Im Winter warm, im Sommer kühl

Ein guter Teil des Vlieses wird nicht versponnen, sondern als Füllung für hochwertige Kopfkissen und Bettdecken verwendet.

„Die Wolle bietet hohen Schlafkomfort“, sagt Juniorchef Matthias Höfer. „Unsere heimische Merino-Schurwolle kann bis zu einem Drittel ihres Eigengewichts an Feuchtigkeit aufnehmen, ohne selbst nass zu werden, und gibt sie im Tagesverlauf wieder an die Raumluft ab. Außerdem wirkt sie isolierend gegen Hitze und Kälte: Im Winter hält sie uns warm und im Sommer wirkt sie kühlend.“

Alle Produktionsschritte bis auf das Waschen und Färben finden im Litzldorfer Betrieb statt – auf Maschinen, die bereits seit den Fünfzigerjahren im Einsatz sind. Schon als Kind war Matthias Höfer von den industriegrünen Ungetümen fasziniert. Die Konsequenz: eine Ausbildung zum Industriemechaniker. So kann er sie selbst warten und auch Ersatzteile herstellen, die es längst nicht mehr gibt – mit rund 70 Jahren auf dem Buckel sind die Maschinen ja eigentlich längst museumsreif.

Juniorchef arbeitet

Janker oder Pulli nach Maß

Stricken, häkeln und weben kann der Juniorchef auch. An den vier hölzernen Webstühlen, die vor rund 30 Jahren unter der Ägide seines Vaters angefertigt wurden, sitzen Weberinnen aus dem Ort. Hier entstehen ebenso schöne wie haltbare Teppiche aus der robusteren Wolle von Bergschafen. Für eine natürliche Struktur wird diese teilweise von Hand gesponnen.

Jeder Teppich ist ein Unikat, die allermeisten werden in Größe und Design auf Kundenwunsch angefertigt, gern in den Naturfarben Elfenbein, Grau und Braun. Das feine Wollvlies der Merinoschafe hingegen füllt Bettware und wird zu Strickwolle und Filzgarn versponnen.

„Draußen hob i nur Wolljacken an, es gibt nix Besseres“,

Himbeerrot, schilfgrün, königsblau oder sonnengelb liegen die lose gedrehten Knäuel im Regal des Hofladens. Klar, dass die Verkäuferinnen wie Theresia Neumeyer selbst Strickprofis sind und wertvolle Tipps zu Garnmengen und Nadelgrößen parat haben. Wer mag, kann sich auch einen Janker oder Pullover nach Maß stricken lassen.

„Draußen hob i nur Wolljacken an, es gibt nix Besseres“, sagt Sandra Fröwis. Und sie muss es wissen: Ihr Mann Quirin ist einer der Schäfer, die Höfer beliefern. Bei rund 600 Schafen, die in mehreren Herden rund um Amerang weiden, ist sie auch sehr oft bei Wind und Wetter draußen.

Wie lange dauert es, bis ein Schaf nackert ist?

Ein vielstimmiger Blök-Chor ertönt, als Sandra einen Eimer mit Getreidepellets schüttelt – „Schokolade“ für die Schafe! Begeistert stürzen sie sich darauf. Von Anfang Mai bis in den Januar sind sie draußen, der dicke Wollpelz schützt sie vor Hitze ebenso wie vor der Kälte. Im Januar beginnt die Hauptlammzeit, dann werden die Schafe auch geschoren.

„Wenn die Wolle weg ist, kommen die Lämmer besser an die Zitzen“, erklärt Sandra. Und wie lang dauert es, bis so ein Schaf quasi nackert dasteht? „Drei Minuten“, sagt Sandra, „und nach einer Woche haben sie schon wieder einen Flaum.“

Drei bis fünf Kilo Wolle kommen pro Tier zusammen. Das ist kein Vergleich zu den oft grotesk überzüchteten Merinoschafen in Australien und Südamerika, von denen der Großteil der in Europa angebotenen Wollprodukte stammt. Sie müssen weit mehr als die doppelte Menge an Wolle auf dem geschundenen Leib tragen.

Juniorchef auf Wiese
Schafwolldünger

Organischer Dünger aus Schafwolle

Matthias Höfer nimmt den Schäfern die gesamte Schur ab, obwohl sich die Bauch-, Schwanz- und Haxenwolle nicht als Füllung oder für die Garnproduktion eignet. Aus ihr macht er Düngepellets. Der nachhaltige Langzeitdünger versorgt die Pflanzen im Garten oder auf dem Balkon auf organische Weise mit Schwefel, Phosphor, Stickstoff und Kalium – im Hofladen der Spinnerei gibt es ihn eimerweise zu kaufen.

Selbstverständlich ziert ein (etwas finster dreinblickendes) Schaf das Logo der Traditionsspinnerei, flankiert von zwei Spindeln vor der stilisierten Silhouette des Wendelsteins.

Der 1.838 Meter hohe Berg ist das Wahrzeichen der Region. Keine sieben Kilometer sind es bis zur Talstation der historischen Zahnradbahn in Brannenburg. Im Jahr 1912 eingeweiht, ist sie die älteste Hochgebirgsbahn der Alpen und überwindet in rund 25 Minuten einen Höhenunterschied von 1.200 Metern auf einer Strecke von knapp acht Kilometern.

Kirche Wendelstein
Blick vom Wendelstein

Weitblick auf dem Wendelstein

Auf dem Weg nach oben zischt es mehrfach vernehmlich. So macht sich die pneumatische Schmierung für die Zahnräder bemerkbar. Auf dem Gipfelplateau liegt der Biergarten des Wendelsteinhauses. Gleich nebenan führen ein paar steile Stufen hoch zum Gachen Blick, einem formidablen Aussichtsplatz. Über den Wilden Kaiser, das Rofan-, Karwendel- und Wettersteingebirge reicht das Panorama bis in die Zentralalpen mit dem Großglockner.

Deutschlands höchstgelegene Kirche trotzt seit 1889 Wind und Wetter

Das schmucke Wendelsteinkircherl, das seit 1889 hoch oben Wind und Wetter trotzt, ist Deutschlands höchstgelegene Kirche. Weil es für Hochzeiten sehr beliebt ist, tummeln sich auf dem Plateau oft ganze Festgesellschaften.

Eine Gratis-Ausstellung über den Bau der Zahnradbahn, Deutschlands höchste Schauhöhle mit interaktiven Themenstationen sowie ein Spielgelände mit Kletterparcours und einer überdimensionalen hölzernen Gams machen den (allerdings nicht ganz billigen) Ausflug auf den Wendelstein für Familien interessant.

Kolbermoor: Alte Spinnerei

Gastro in der alten Baumwollspinnerei

Wer keine Lust auf stark besuchte Ausflugsgastronomie hat, plant einen Abstecher zu einem besonderen Industriedenkmal in Kolbermoor ein. Erst im Mai 2023 eröffnete in der Alten Baumwollspinnerei direkt am Mangfall-Kanal die „Brasserie Turbinenhaus“ mit einer ambitionierten Küche, die auch viele vegetarische und vegane Optionen bereithält.

Ein junges, gastronomisch erfahrenes Trio bespielt die imposanten Räumlichkeiten im ehemaligen Kesselhaus und auf der großen, teils loungeartig gestalteten Terrasse. Ein Sonnensegel sorgt für Schatten. Nicht von ungefähr erinnert es an die Konstruktion des Zeltdachs im Münchner Olympiastadion: Entworfen hat es das Büro von Stefan Behnisch, dem Sohn des Olympia-Architekten Günter Behnisch.

Gegründet wurde die Baumwollspinnerei im Jahr 1863, um die gewaltige Wasserkraft der Mangfall zu nutzen. Bis 1993 war sie in Betrieb, danach lag das Gelände brach. Dank des keine 200 Meter entfernten Bahnhofs ist die Location von Rosenheim oder München aus leicht zu erreichen.

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