Eine ordentliche Ladung Kuhdreck reicht für mindestens zehn Bilder
Kunst mit Kuhmist und Blattgold

Der Illustrator und Künstler Werner Härtl malt ländliche Szenen mit frisch gezapfter Kuhkacke und veredelt sie mit Blattgold. Wir blickten ihm im Stall bei der „Farb“-Sammlung und im Atelier über die Schulter

Der Kuhmist-Künstler

Geht Werner Härtl die Farbe für seine Gemälde aus, muss er nicht weit laufen: Er setzt sich seinen ramponierten Strohhut auf, schnappt sich einen Plastikkanister mit aufgesetztem Trichter und spaziert in den Kuhstall beim Bauern nebenan.

Dann muss er nur noch warten. Sobald bei einem der Tiere der Schwanz hochgeht, schlägt seine Stunde: schnell den Trichter darunter halten und auffangen, was herausfällt.

„Danke, brav!“, sagt er dann und freut sich, denn eine ordentliche Ladung reicht für mindestens zehn Bilder. Werners Spezialität sind Gemälde mit Kuhmist. „Den Dung rühre ich mit Wasser an“, erklärt er, „durch diese Technik bringe ich schöne Tiefen und Schärfen rein und erziele einen fotorealistischen Effekt.“

Käufer lieben Kühe

Auch moderne Technik kommt zum Einsatz: „Ich zeichne das Motiv auf dem Papier oder dem iPad vor und projiziere es dann auf die Leinwand, auf der ich es male“, so Werner. Seine Spezialität sind – wie sollte es anders sein – nostalgisch wirkende Motive aus der Landwirtschaft, zum Beispiel alte Bauernhöfe und die bayerische Landschaft mit ihren charakteristischen Feldern, Almen und Wiesen.

Werners Spezialität sind nostalgisch wirkende Motive aus der Landwirtschaft

„Ich habe einen naturalistischen Ansatz, möchte etwas Gegenständliches darstellen“, sagt der Maler, der selbst in einem Bauernhaus in Reichersbeuern im Tölzer Land lebt. „Besonders beliebt bei den Käufern sind Kühe. Ich denke, dass die Tiere bei vielen Menschen eine tief sitzende Sehnsucht nach Ursprünglichkeit und Landleben wecken. Außerdem produzieren die Kühe die Farbe, mit der ich sie male, ja selbst.“

Start als Comiczeichner und Rapper

Seine Liebe zur Malerei betrachtet Werner als Familienerbe: „Meine künstlerische Ader habe ich von meiner Mutter, die immer viel und leidenschaftlich gemalt hat.“ Schon als Kind begeisterte er sich für visuelle Darstellungen: „Ich hatte das Gefühl, dass ich mit Comics wie Tim und Struppi die ganze Welt bereisen und kennenlernen kann. Irgendwann habe ich dann damit angefangen, mir selbst Geschichten auszudenken und Comics zu malen.“

Nach einer heißen Phase mit urbaner Kunst von Graffiti über Hip-Hop bis Rap verlegte er sich schließlich ganz auf seine Kernkompetenz, das Malen und Zeichnen. „Aber ohne meine Arbeit auf den Bauernhöfen in der Gegend wäre ich nicht auf die Idee gekommen, mit Kuhmist zu malen“, sagt er.

Experimente mit der Farbmischung

Als landwirtschaftlicher Betriebshelfer im Nebenjob packt Werner auf Bauernhöfen mit an: Er mistet Ställe aus, füttert die Kühe, hütet Vieh, hilft bei der Obsternte und beim Schlachten. Er entdeckte durch Zufall beim Säubern der Ställe, wie fest der Kuhdreck an sämtlichen Oberflächen haften bleibt.

„Diese Hartnäckigkeit ist bestimmt auch nützlich für meine Malerei“, dachte er sich und nahm eine kleine Probe mit nach Hause, um dort auf verschiedenen Hintergründen zu experimentieren. „Ich war fasziniert von den verschiedenen Effekten des Materials“, erklärt er. Bei genauerer Betrachtung enthalte der braune Brei schließlich neben Pflanzenteilen auch Erde, Sand und Insektenlarven.

"Ich war fasziniert von den verschiedenen Effekten des Materials“

Wenn von Werners Kunst die Rede ist, führt kein Weg an dem Unwort mit „S-C-H“ vorbei, an die entsprechenden Wortspiele hat er sich schon gewöhnt. „Für viele wirkt Kuhmist auf den ersten Blick – na ja, sagen wir mal: ungewöhnlich“, meint Werner und grinst dabei in seinen Dreitagebart.

„Aber bei genauerem Hinsehen sind Kuhfladen eben vor allem eines: nachhaltig! Das Material kann wiederverwendet werden. Indem ich damit male, möchte ich den Kreislauf-Gedanken unterstreichen.“ Seine ungewöhnliche Technik habe eine Botschaft: „Ich möchte Menschen zum Denken anregen und sie dafür sensibilisieren, ihre Umwelt wieder mehr wertzuschätzen. Wichtige Punkte sind dabei unsere Ernährung und die Art und Weise, wie wir mit natürlichen Ressourcen umgehen.“

Im richtigen Licht tritt bei Werners Kuhmist-Gemälden das Schimmern des Blattgoldes hervor

Gold in Kuhmist

Zu seiner Kunstform gehört für ihn auch eine ordentliche Portion Humor und Augenzwinkern. So treibt er die Fäkalkunst auf die Spitze, indem er sie mit Blattgold veredelt: „Als Künstler spiele ich mit den Effekten der beiden Materialien. Unter bestimmten Lichtverhältnissen ist das Gold so bräunlich wie der Kuhdung und verschwindet optisch gewissermaßen in ihm. Erst in anderem Licht tritt dann das Schimmern des Goldes hervor.“

In einem Punkt muss er jedoch immer wieder Überzeugungsarbeit leisten: „Nein, meine Kuhmistkunst riecht nicht mehr, sobald sie nach einer oder zwei Wochen getrocknet ist“, muss er Kunden immer wieder versichern. Und wer trotzdem skeptisch ist, findet bei ihm auch andere Arbeiten: Brandkunst auf Brotzeitbrettln oder Skateboards – garantiert geruchsfrei.

Mehr zu Werners Kunst unter kuhmistkunst.de

Bad Tölz an der Isar

Ausflugstipps von Werner

Idyllisches Bad Tölz
Die Stadt an der Isar mit ihren vielen Gassen und Winkeln wie in der Marktstraße ist sehr schön. Dort ist es auch landschaftlich toll: Im oberen Isartal und in den Bergen drumherum kann man hervorragend wandern, bis hinter zur Jachenau. Der Walchensee und der Tegernsee sind auch sehr nah.
bad-toelz.de

Kloster Reutberg: Feiern auf bayerische Art
Die vielen traditionellen Feste in der Gegend machen Spaß. Etwa der Bockanstich im Kloster Reutberg. Über die Wintermonate brauen sie dort ein spezielles Starkbier, das man ab März trinkt.
klosterbraeustueberl.de

Im Moor der Attenloher Filzen
Ich mag die Attenloher Filzen bei Bad Tölz. Das ist ein weitläufiges Moorgebiet mit vielen seltenen Blumen und Insekten. Im Hintergrund sieht man die Benediktenwand.
dein-toelzer-land.de

Ausblick vom Jasberg
Eine Wanderung zum Jasberg im nördlichen Landkreis in Bad Tölz-Wolfratshausen ist sehr schön. Da gibt’s eine Bank, von der aus man wirklich toll in die Berge schauen kann.

Podcastfolge mit Werner Härtl

Lernt mehr unserer Bayern-Insider kennen

Xaver's: Das Geschwister-Trio Portenlänger

Gastro-Trio Xaver's

Jakob, Theresa und Xaver Portenlänger führen das Wirtshaus „Xaver‘s“ im Herzen Münchens. Eine Gaststätte wie ein Wohnzimmer, so zünftig wie stylish

weiterlesen
Fischen früh am Morgen auf dem Chiemsee

Vitamin See

Tassilo und Florian Lex führen die Fischerei ihrer Familie mit Leidenschaft weiter. Wir begleiteten die Fischer einen Tag lang am Chiemsee

weiterlesen
Christian Müller: Auf einer Weltreise entdeckt er seine Leidenschaft für den Silvaner

Winzer Christian Müller

Im fränkischen Volkach produziert Jungwinzer Christian Müller im Familienbetrieb köstliche Weine und verfeinert die alten Traditionen mit neuem Pfiff

weiterlesen
Ursula Sedlmayr: Die Fleischermeisterin leitet die 1929 gegründete Familienmetzgerei

Wurst-Zauberin Ursula Sedlmayr

Ursula Sedlmayr ist bekannt für ihre originellen Wurstkreationen. In einer Männerdomäne geht die Metzgermeisterin unbeirrt ihren Weg

weiterlesen
Andre Maier: Wandkunst mit historischen Elementen in der Passage des Hotels Münchner Hof in Regensburg

Mural Art in Regensburg mit Andre Maier

Andre Maier ist spezialisiert auf Wandkunst. Er zaubert haushohe Kunstwerke auf Regensburger Wände und macht die Stadt damit ein bisschen bunter

weiterlesen
Thomas Neumann mit einem seiner Werke: Er malt keine Kitsch-Bilder sondern verfremdet die Themen durch leichte Abstraktion

Künstler Thomas Neumann

Thomas Neumanns Bilder sind dort zu sehen, wo München am bayerischsten ist: Im Wiesn-Festzelt und im „Wirtshaus am Nockherberg“

weiterlesen

Post aus Bayern

Hol dir aktuelle Tipps zu Reportagen, Reiseberichten und Events aus erster Hand!