Regensburg: Das Haus der Bayerischen Geschichte ist für seine Architektur ausgezeichnet
Der Mix macht's

Die Regensburger Altstadt ist ein Musterbeispiel mittelalterlicher Baukunst. Die Donau und ihre Zuflüsse laden zum Baden ein. Traditionelle Biergärten konkurrieren mit modernen Coffee Bars. Und ein tolles Museum widmet sich der bayerischen Geschichte. Eine Reportage von Thomas Linkel (Text und Fotos)


Lesezeit: 10 Minuten

Regensburg neu entdecken und erleben

Der braune Pudel steht mitten in der schmalen Kramgasse. Kinder wollen ihn streicheln, Eltern verbieten es, aber dann gibt es doch ein schnelles Selfie mit dem Hund und glücklichen Kleinen. Auf seinem lockigen Fell fängt sich ein Lichtreflex. Der fein gelockte Pudel hebt den Kopf noch etwas höher, steht ganz still, statuengleich. Der Fußgängerverkehr flutet um ihn herum, brandet an Hausmauern, ergießt sich in Regensburgs Altstadt.

Nicht weit von dort, wo der Pudel Statue spielt, befand sich vor 2000 Jahren das Legionslager Castra Regina. Außer einigen Mauerresten ist davon nur noch die Porta Praetoria zu finden, die nur einen Steinwurf vom gotischen Dom St. Peter entfernt römisches Flair verströmt. 

Blick über Donau auf die Regensburger Altstadt, die seit 2006 ein UNESCO-Welterbe ist

Gassengewirr aus dem Mittelalter

Die Altstadt entlang der Donau und zwischen Dom und Bismarckplatz ist seit 2006 UNESCO-Welterbe und umfasst weniger als einen Quadratkilometer. Trotz dieser Kompaktheit ist die Erschließung der Altstadt ein Abenteuer. Gassen aus Kopfsteinpflaster kreuzen und queren. Viele sind irgendwie parallel angelegt, aber eben nur irgendwie. Für Neuankömmlinge ein Gewirr aus Straßen, Gassen, Ecken, Abzweigungen, schmalen Durchgängen und Sackgassen. Genau das ist das Reizvolle einer mittelalterlichen Handelsstadt und dies hat die UNESCO ausgezeichnet.

So kann es sein, dass man auf der Suche nach kunstvollen Murals des Regensburgers Andre Maier in der „Kunstbar Degginger“ mehrmals an der Neupfarrkirche vorbeikommt, vor der an lauen Sommerabenden Bands, Seifenblasenzauberer und Jongleure ihre Künste darbieten. Dass man mehrmals dieselben Cafés, Restaurants, Boutiquehotels und Weinbars in perfekt renovierten Altstadthäusern passiert, immer wieder auf das Goliathhaus mit seinem Wandgemälde vom Kampf David gegen Goliath stößt oder den Kohlenmarkt überquert.

Goldener Turm: Prächtiger Patrizier-Protz  

Dabei liegt das „Degginger“ nur eine Straße weiter. Gegenüber steht der Goldene Turm, 50 Meter hoch, ein bauliches Manifest des Wohlstands aus dem 13. Jahrhundert. Der höchste und älteste Patrizierturm in Regensburg mit seinen dunkelgetäfelten Renaissance-Arkaden beherbergt heute ein Studentenwohnheim. Sogar von der anderen Seite des Donauhauptarme gesehen, von Stadtamhof, überragt der Goldene Turm die Altstadt.

Stadtamhof: Kleine Insel in der Donau

Die kleine Insel Stadtamhof ist ein sehr charmantes, zwar weniger imposantes, dafür ruhigeres Viertel, das durch die Grabung des Europakanal entstand. Und wie eine Insel fühlt es sich auch an. Alles ein wenig kleiner, weniger hektisch, nachbarschaftlicher als die Altstadt jenseits des Fluss‘. Viele Häuser haben Gärten, in denen Obstbäume stehen und Blumen über den Zaun spitzen. Abends sitzen Familien in weinumrankten Lauben, an warmen Sommermorgen begegnet man Bewohnern des Viertels auf dem Weg vom oder zum Bad im Fluss.

Regensburg: Die als UNESCO Welterbe ausgezeichnete Altstadt, ist ein Beispiel der mittelalterlichen Baukunst

Michelle „Lilo“ Kincaid würde gern im Fluss baden, aber sie muss noch eine Lieferung handgefertigte Sommerhüte fertigstellen. Ihre Hutmacherei „Lilo“ in Stadtamhof liegt an der Hauptstraße, und wenn es schon nicht Baden ist, dann wäre jetzt auch eine Pause in einem der umliegenden Cafés wie dem „Early Bird“ recht.

Wöhrdinsel: Ideal für kurze Erholung am Wasser

Zum Mittagessen schlägt uns Michelle Schweinsbraten oder gebratene Leber im kastanienbestandenen Biergarten „Auer Bräu“ vor. Die aufgenommenen Kalorien trainieren wir bei einer Radtour rund um die Wöhrdinsel ab, die durch mehrere schmale Brücken mit Stadtamhof verbunden ist.

"Regensburger sind geschmeidig und haben ein starkes Revierverhalten“

Am nordwestlichen Inselende beschattet eine Pappelallee den Weg, es gibt verschwiegene Buchten, in denen man Sonnenbaden kann, wenn einem das Wöhrdbad oder die gegenüberliegenden Auwiesen zu geschäftig sind.

Am Grieser Spitz springen ein paar junge Jugendliche in die Fluten. Mukhlis, einer der Wagemutigen, empfiehlt das Openair-Kino „Paradiso“, das jeden Sommer zwischen Fluss und Auwald seine Leinwand aufbaut.

Regensburg: Grieser Spitz, wo der Regen in die Donau fließt baden ein paar Jugendliche

Steinerne Brücke: Ein Muss

Auf Rädern geht es zurück Richtung Steinerne Brücke und eine „Halbe“ im Spitalgarten trinken, das hatte Michelle geraten. Anschließend schlendern wir zurück über die Steinerne Brücke, dem Hotspot für Selfiejäger. Das prächtige mittelalterliche Monument überspannt die Donau auf einer Länge von etwa 300 Metern mit Rundsteinbögen.

An lauen Sommerabenden wie heute sitzen Regensburger und Touristen auf den Kaianlagen am Fluss und genießen die letzten Sonnenstrahlen. Manche mit einem Drink oder „Bratwürsten auf Kraut“ von der berühmten „Wurstkuchl“ gleich gegenüber des Salzstadel. Motorboote tuckern vorbei, man prostet sich zu.

Museum der Bayerischen Geschichte

Etwas flussabwärts, an der Zufahrt zur Eisernen Brücke, befindet sich seit 2018 das auch architektonisch gelungene Museum der Bayerischen Geschichte. Multimedial und oft mit einem Augenzwinkern wird erklärt, wie sich über die Jahrhunderte aus verschiedenen Stämmen die Bajuwaren, das bayerische Selbstverständnis sowie die Eigenheiten von Altbayern, Franken und Schwaben und letztlich der Freistaat Bayern entwickelt haben.

Regensburg: Aus dem ehemaligen Römerlager Castra Regina hat sich eine vielfältige Stadt entwickelt

Obermünsterviertel

Für den nächsten Morgen hatte Michelle uns das Obermünsterviertel vorgeschlagen. So radeln wir durch das Areal, das südlich des Rathausplatzes anschließt und sich bis zur Basilika St. Emmeran und dem Schloss Thurn und Taxis erstreckt.

Die Plätze sind kleiner, die Häuser weniger stattlich und nur zum Teil renoviert. Gerade deswegen sind die Mieten noch erschwinglich, wohnen StudentInnen und junge Familien gerne dort. Es gibt aber einige Lokale und kleine Geschäfte, Secondhand-Klamotten, handgemachtes Holzspielzeug, eine Filzerei.

Das Viertel ändere sich, erzählt Juraj Sobolic, der mit seinem „Urban Coffee“ die Regensburger Kaffeekultur bereichert. Er röstet nicht selbst, wie etwa das seit 1928 bestehende „Café 190° Rehorik“ nahe der Alten Kapelle. Juraj kauft von verschiedenen bayerischen Röstereien, erklärt, berät und bietet seinen Gästen damit eine Vielzahl unterschiedlicher Kaffeearomen.

Um die Ecke sitzen vier junge Frauen auf Stühlen beim Plausch in der Silbernen Fischgasse. Auf einer Hauswand steht „black lives matter“, daneben nutzt jemand die Regenbogenfahne als Vorhang. Das „Gässchen ohne End“ ist ein Parkplatz für Bobbycars, Roller und Kinderwagen. 

Basilika und Schloss

Nur zwei Straßen weiter überragen die Basilika St. Emmeran und das Schloss Thurn und Taxis die kleinbürgerlichen Häuser des Obermünsterviertels. Gloria von Thurn und Taxis läuft uns nicht über den Weg, aber bereits der Zugang zum Kircheninnenhof ist beeindruckend.

Durch einen steinernen Torbogen betreten wir einen ummauerten Garten, in dem 35 Grabdenkmäler stehen, dahinter erhebt sich die dreischiffige Basilika. Erstmals soll hier im siebten Jahrhundert ein Sakralbau gestanden haben, seitdem wurde er erweitert, zerstört, neu aufgebaut. Im 18. Jahrhundert wurde das Innere der romanischen Kirche mit barocker Opulenz umgestaltet und wirkt so viel verspielter als beispielsweise die gotische Klarheit und Geometrie des Regensburger Doms.

Reinzoomen. Rauszoomen. Nach oben und nach unten. 360-Grad-Panorama der Befreiungshalle bei Kehlheim

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