Passau lässt mit vor Ort gegossenen Glocken, der weltweit größten Dom-Orgel und dem Rauschen von drei Flüssen aufhorchen. Barocke Pracht und italienisches Flair versüßen den Stadturlaub im Südosten Bayerns
Passau, die Drei-Flüsse-Stadt
„Batterie Linde“ auf der Veste Oberhaus: Von dem Aussichtspunkt der großen Burganlage fällt der Blick weit über die Drei-Flüsse-Stadt – und direkt nach unten. Dorthin, wo die östliche Spitze der Altstadt wie ein Schiffsbug ins Wasser ragt. Dorthin, wo sich drei Flüsse zu einem Strom vereinen. Heute, an einem sonnigen Spätsommertag, sind ihre Wasser sehr gut zu unterscheiden: der milchig grau-grüne Inn, angereist aus Graubünden im Süden, die schmalere und olivgrüne Donau aus dem Schwarzwald und die kleine, moorig-schwarze Ilz aus dem Bayerischen Wald.
Gemeinsam ziehen sie – als Donau – weiter in den Osten. Zwar ist der Inn breiter und führt mehr Wasser als die Donau, er gilt aber, weil „Einbieger“, als Nebenfluss und verliert daher seinen Namen. Pech!
Lage, Lage, Lage
Klar, dass an einem so schönen und handelsgünstigen Plätzchen seit Gedenken Menschen siedeln. Passau begann als Keltensiedlung, dann übernahmen die Römer mit dem Kastell Castra Batavis, woraus Passau wurde. Unter den Agilolfingern erfolgte die Beförderung zur herzoglichen Residenz, unter dem heiligen Bonifatius 739 die zum Bischofssitz. Die Grenzen des Bistums reichten bis nach Ungarn und Wien war bis 1469 eine Passau untergeordnete Pfarrei! Ab dem Mittelalter sorgte der Salzhandel für Wohlstand. 1803 kam Passau aufgrund des Reichsdeputationshauptschlusses zu Bayern.
Residenz und Engel mit Tirolerhut
Die Neue Bischöfliche Residenz ist ein Prachtbau mit zwei Balkonen und Dachbalustrade. Halt, noch ein Blick auf den Wittelsbacherbrunnen: Richtig gesehen, der Brunnen zeigt den wohl weltweit einzigen Engel mit Tirolerhut, ein Symbol für den Fluss Inn.
Der weltweit einzige Engel mit Tirolerhut
Wie ein Fürstbischof kann man sich fühlen, schreitet man das rechte Treppenhaus der Residenz, einer der wichtigsten Sehenswürdigkeiten in der Altstadt, hinauf und wieder hinab.
Es ist frei zugänglich und gilt als eines der schönsten Rokoko-Treppenhäuser Bayerns. Verziert ist es mit Stuckaturen und Putten. Prachtvolle hohe (verschlossene) Türen finden sich auf jedem Stockwerk. Ein Blick zum Decken-Fresko lässt keinen Zweifel am fürstbischöflichen Stolz, der Titel: „Die Götter des Olymp huldigen der ewigen Stadt Passau.“
Nicht verpassen: Konzert im Dom
Wenige Schritte durch die Zengergasse und man steht an der höchsten Stelle der Altstadt und vor dem Dom St. Stephan. Seine Fassade erstrahlt blendend weiß im Sonnenlicht, in hellem Grün leuchten die drei Zwiebelturmdächer. Huldvoll blickt Patrona Bavariae vom Giebel herab, über ihr das reine Blau des bayerischen Himmels ...
Himmlische Klänge wiederum im Dom. Von Mai bis Oktober finden täglich Orgelkonzerte statt. Die Töne tanzen durch den Raum, klettern in die Höhe, purzeln wieder in die Tiefe, überschlagen sich. Dann bilden sie einen lang anhaltenden Akkord, der den gesamten Raum durchdringt.
18.000 Pfeifen: Kirchenorgel in Extra-Large
Dom-Organist Ludwig Ruckdeschel macht St. Stephan mit Bachs berühmter Toccata zu einem riesigen Klangkörper – fast 30 Meter hoch, mehr als 30 Meter breit und über 100 Meter lang, der größte barocke Kircheninnenraum nördlich der Alpen. Um ihn zu befüllen, braucht es schon eine Mega-Orgel. Fünf „Teilorgeln“ verschmelzen deshalb in Passau zu einem einzigen Instrument. Mit fast 18.000 Pfeifen! Es tönt aus allen Ecken und Enden, von der Empore, von dem 80 Meter entfernten Chor, ja sogar aus einem Schallloch an der Decke, dem „Heilig-Geist-Loch“. Dolby Surround vom Feinsten!
Grazie für den Barock, ihr Italiener!
In seiner barocken Gestalt entstanden ist das ursprünglich gotische Gotteshaus 1668 bis 1693. An dem Meisterbau haben überwiegend italienische Künstler gewerkelt, Architekten, Stuckateure, Freskanten – sie brachten italienisches Flair mit in die Stadt und italienische Architektur. Das Domgewölbe wimmelt von Engeln, Atlanten (Himmelsträgern), Propheten und hübschen Damen, die Tugenden repräsentieren wie Geduld oder Mäßigung (ausgerechnet ...). Gemalt in warmen Farben, aus denen viel frisches Blau hervorblitzt.
Passauer Glocken für die ganze Welt
Was gehört außer einer Orgel noch zu einem Dom? Natürlich Glocken. Gut, dass es in Passau einen Glockengießer gibt, den einzigen in Bayern! Die Familie Perner pflegt die Gießertradition schon seit 400 Jahren und übersiedelte nach dem Zweiten Weltkrieg von Pilsen nach Passau.
„Mein Großvater hat die größte Glocke im Domgeläut gegossen, die Pummerin. Das war 1951“, erzählt Firmenchef Rudolf Perner stolz, „ich selbst durfte 1999 zum Millennium die Misericordia beisteuern, mit sechs Tonnen die zweitschwerste Domglocke.“
Gegossen wird am Stadtrand, hoch über dem Donautal. Und zwar im traditionellen Lehmformverfahren. Dabei wird die Glockenform in der Erde vergraben und mit Bronze gefüllt. Perner gießt Glocken für die ganze Welt, sie läuten in Neuseeland, Südafrika, Indien und vielen anderen Ländern.
Bummel durch die Altstadt
Passaus Altstadt ist schnuckelig und überschaubar, die Sehenswürdigkeiten sind leicht zu Fuß erreichbar. Die alten Gassen sind voller Geschichte und Geschichten. Immer wieder öffnen sich entlang der schiefen, bunten Fassaden und unter Schwibbögen hindurch neue Durchblicke und Perspektiven, sind spannende Details zu entdecken. Etwa in der historischen Höllgasse mit ihrem bunten Pflaster, in der viele Künstler ihre Läden und Ateliers haben.
In einer der Gassen, die zum Domberg hinaufführen, in der steilen Pfaffengasse, wohnte der niedere Klerus. Früher wachten an beiden Enden Tore, die jeden Abend geschlossen wurden, damit niemand hinaus, aber auch niemand hereinkam, besonders „Frauen, die jedermanns Weib seien“ ... Die Höllgasse mündet in den Rathausplatz. Gäste lassen es sich an den sonnigen Tischen vor dem „Löwen Brauhaus“ schmecken.
Drei Flüsse, ein Eck
Die Grabengasse, westlich des Dombergs, ist bekannt für ihre Cafés, Restaurants und inhabergeführten Läden, vom Trachtenladen bis zur Buchhandlung, von der Goldschmiede bis zu Parfümerie – alles da.
Nette Cafés findet man fast überall in der Stadt, etwa das „Café Anton“ in der Luragogasse mit einem hübschen Innenhof oder das benachbarte „Café Schöffberger“, eingerichtet im Stil der 1950er-Jahre mit Nierentisch und Retro-Mobiliar.
Weiter im Süden, am Innkai, spiegelt sich die Nachmittagssonne auf dem grau-grünen Wasser. Ein Pärchen sitzt auf der Kaimauer und schaut verträumt ins schnell fließende Wasser. Noch einige Schritte, und der kleine Park am Dreiflüsseeck ist erreicht. Eine Bank aussuchen, die Nase in den Wind, den Blick aufs Wasser und einfach den Augenblick genießen.
Die süßen Seiten von Passau
Kleine, feine Genüsse für den Gaumen gibt’s am Rindermarkt in der „Confiserie Simon“. Unter dem schönen historischen Gewölbe wird seit 1913 Süßes angeboten. „Meine Vorfahren waren Lebzelter und Wachszieher, Tätigkeiten, für die Honig wichtig war und die sich ergänzt haben. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Konditorgeschäft immer wichtiger“, berichtet Walter Simon.
Der einfallsreiche Konditormeister hat spezielle Pralinen mit Passau-Touch kreiert. Seine „Goldhauben“ etwa haben die traditionelle Kopfbedeckung für wohlhabende Bürgerfrauen zum Vorbild. Die kleinen haubenförmigen Schokostücke sind gefüllt mit Marille oder Nuss und bestreut mit Blattgoldschnipseln. Weitere Kreationen sind Pralinen mit Maulbeere (wachsen auf der Veste Oberhaus) oder Goldpomeranze, beides einst von den Fürstbischöfen geschätzte Früchte.
Befragt, was ihm an seiner Heimatstadt besonders gefällt, schwärmt Simon: „Passau ist eine überschaubare, kleine Stadt, umgeben von viel Grün und Wasser. Du gehst aus dem Haus und kommst dir vor wie im Urlaub. Passau ist eine super Stadt!“ Und da hat er vollkommen recht.
Mehr Informationen zu Passau unter passau.de
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