Fischstand auf dem Christkindlmarkt auf der Fraueninsel im Chiemsee
Fisch statt Kitsch

Christkindlmarkt mal anders: An den ersten beiden Adventswochenenden verwandelt sich die Fraueninsel im Chiemsee in ein romantisches Wintermärchen. Bayerns einziger Weihnachtsmarkt, der nur mit dem Schiff zu erreichen ist, überrascht in vielerlei Hinsicht

Lesezeit: 15 Minuten

Christkindlmarkt auf der Fraueninsel

Die Vorfreude beginnt schon am Festland in Prien. Mit Blick auf die verschneiten Berge besteigen die Besucher die „MS Edeltraud“, „MS Irmingard“ oder den Raddampfer „Ludwig Fessler“.

Viele Gäste sind vom Bahnhof Prien mit der fast im Schritttempo in Richtung Hafen schnaufenden Chiemseebahn angereist. In einer knappen halben Stunde geht es dann per Schiff, vorbei an der Herreninsel mit ihrem berühmten Königsschloss, zur kleinen Fraueninsel. Nur rund 250 ständige Einwohner leben dort. Am ersten und zweiten Adventswochenende ist es mit der Ruhe vorbei.

Die Chiemseebahn Dampflokomotive fährt vom Bahnhof Prien zum Hafen Prien Stock
Mit dem Schiff zur Fraueninsel im Chiemsee

Erster Stopp im Klosterladen

Lichterketten schaukeln zwischen den Bäumen im Wind. Rund achtzig hölzerne Buden verteilen sich auf die beiden Längsseiten der Insel, um den Lindenplatz und rund um die karolingische Torhalle, eines der ältesten Gebäude Bayerns.

Natürlich hat auch der Klosterladen geöffnet, in dem es hausgemachte Kräuterliköre, würzige Lebkuchen und das berühmte Marzipan zu kaufen gibt. Im Jahr 722 durch Bayernherzog Tassilo III. gegründet, ist das Kloster Frauenwörth das am längsten bestehende Nonnenkloster Deutschlands.

Rechts rum, links rum oder ab durch die Mitte?

Vom Anlegesteg landet man nahezu automatisch am Kloster. Dann heißt es, sich zu entscheiden: rechts herum, links herum oder ab durch die Mitte? Eigentlich ist es ganz egal, denn die Insel ist so klein, dass man sich weder verpassen noch verlaufen kann.

Normalerweise ist sie in einer halben Stunde umrundet. Beim Christkindlmarkt lässt man sich aber gemächlich von Standl zu Standl treiben, oft auch in der Menge schieben, denn Bayerns wohl ungewöhnlichster Christkindlmarkt ist meist mehr als gut besucht. Das liegt nicht nur an der bezaubernden Inselkulisse mit ihren zurückhaltend, aber stimmungsvoll geschmückten Häusern. Auch das Angebot unterscheidet sich deutlich von anderen Märkten.

Christkindlmarkt Fraueninsel: An den Ständen erwartet die Gäste Hangefertigtes und Regionales
Feine Klosterarbeiten auf dem Weihnachtsmarkt auf der Fraueninsel

Kunsthandwerk und „Kraftort“

Glühwein, Lebkuchen, Bratwürste? Gibt es auch, aber nicht an jeder Ecke. Und wärmt ein Glühmost aus Chiemseeäpfeln nicht viel angenehmer von innen als andernorts der zuckrige Rotweinverschnitt? Lebkuchen werden auch vegan angeboten, die Bratwurst stammt von Schweinen aus dem Chiemgau.

Die Stände verkaufen viel Gestricktes, Gefilztes, Hölzernes und Handgefertigtes. Hausgemachtes Weihnachtsgebäck, hochwertiger Christbaumschmuck, Mützen aus regionaler Merinowolle und natürlich Tassen, Teller und Schüsseln der bereits 1609 gegründeten Inseltöpferei – feines Kunsthandwerk, das sich auch bestens als Last-Minute-Geschenk eignet.

Eingesprenkelt finden sich Buden, die Ur-Ton-Trommeln, Räucherwerk und andere esoterische Utensilien verkaufen, schließlich zieht die Fraueninsel als uralter „Kraftort“ seit jeher Sinnsuchende aller Art an.

Christkindlmarkt Fraueninsel: Die Stände verkaufen auch viel Gestricktes und Gefilztes
In der Fischerei Lex wird die Inselspezialität der Fraueninsel zum Mitnehmen vorbereitet
Christkindlmarkt Fraueninsel: Am Stand der Fischerei Lex werden fangfrische Chiemsee-Renkenfilets zum Mitnehmen in der Semmel angeboten

Fischsemmel und Apfelbrot

Für den sättigenden Imbiss zwischendurch gibt es beim Christkindlmarkt auf der Fraueninsel nur eins: die Fischsemmel. Sechs Familien betreiben noch traditionelle Fischerei. Im Winter geht auch Zander ins Netz, der typische Chiemseefisch aber ist die zarte Renke. Ob geräuchert mit Remoulade, nach Matjesart gebeizt oder in Butter gebraten und in der ofenfrischen Baguette-Semmel serviert – die Renke ist ein kulinarisches Highlight!

An den Markttagen verwandeln sich die Bootshäuser in urige Imbissstuben, meist noch durch Zelte nach draußen erweitert. Für den süßen Abschluss schlendert man einfach weiter und hält an anderen Standln nach Bad Feilnbacher Apfelbrot, Kaiserschmarrn oder frischen Waffeln Ausschau.

Raus aus dem weihnachtlichen Trubel gelangt man an den Schmalseiten der Insel und kann vom Uferweg aus zusehen, wie sich die silbrige Fläche des „Bayerischen Meers“ langsam in Dunkelheit hüllt. Ein inbrünstiges „Mei, is des schee!“ oder ein begeistertes „Schatz, hier müssen wir unbedingt im Sommer wieder herkommen“ ist da nicht selten zu hören.

Inselmünster oder auch Klosterkirche mit Zwiebelkirchturm auf der Fraueninsel im Chiemsee

Chiemseemesse im Inselmünster

Nur ein paar Meter vom Markttreiben entfernt finden an einigen Tagen jeweils um 14 Uhr festliche Konzerte im Inselmünster statt, für die man sich rechtzeitig Karten sichern sollte.

Nach den Konzerten bleibt noch genug Zeit, um den Markt zu erkunden und auf eine Fischsemmel einzukehren, bis sich bereits am frühen Abend lange Schlangen am Dampfersteg bilden. Dann geht es – mit entzückenden Rückblicken auf die illuminierte Fraueninsel und den mächtigen Klosterkomplex – zurück nach Prien oder Gstadt.

Kenner und Liebhaber dieses so besonderen Christkindlmarkts bleiben über Nacht und genießen bei einem letzten Rundgang um die Insel die dann wirklich magische Atmosphäre.

Bereits am frühen Abend geht es vom Weihnachtsmarkt auf der Fraueninsel mit dem Dampfer zurück
Herrlicher Ausblick von der Fraueninsel auf Chiemsee und Berge

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