Frankens Winzer kultivieren hervorragende Tropfen. Die verkostet ihr am besten in urigen Heckenwirtschaften oder stilvollen Vinotheken. Wir stellen drei Weinmacher und deren Architektur-Hits in Retzbach, Frickenhausen und Nordheim am Main vor
Stylishe Vinotheken
Tief unten dreht der Main so krumme Schleifen, als habe er zu viel vom frischen Federweißen erwischt. Adrett in Reih und Glied staffeln sich die Weinberge an seinen Ufern, an sanften Hängen und steilen Buckeln wie dem Escherndorfer Lump. Den besten Blick hat man von der Panoramaterrasse der Vogelsburg oberhalb der Volkacher Mainschleife – bei gehobener fränkischer Küche.
Weil das keine ganz leichte Kost ist, bietet sich danach ein Spaziergang durch die Weinberge zur nahen Aussichtsplattform „terroir f“ an. Unter dieser Bezeichnung sind in der gesamten Region die „magischen Orte des Frankenweins“ ausgeschildert.
Bunte Heckenwirtschaften
Die kulinarische Freiluftsaison reicht im Fränkischen Weinland von der Spargelzeit im Frühjahr über die Weinfeste im Sommer bis zur Lese im Herbst. Von April bis Oktober brummen in jedem Winzerdorf die Heckenwirtschaften.
Auf blumenbunten Terrassen oder in von Weinlaub beschatteten Innenhöfen gibt’s kleine Speisen und guten Frankenwein, überwiegend trockene Weißweine, für die Franken bekannt ist, aber auch Rotweine, die in letzter Zeit stark aufholen: Blauer Spätburgunder, Domina, Schwarzriesling und Blauer Portugieser.
Einige Güter bieten in modernen Vinotheken die Gelegenheit, die Vielfalt des Frankenweins zu erleben. Und obwohl in fränkischen Restaurants der Viertelliter-Schoppen das übliche Maß ist, kann man vielerorts auch 0,1 Liter bestellen, um verschiedene Weine zu probieren.
Retzbach: Die Durchstarterin
„Was, ihr kennt den Rotling nicht?“ Christine Pröstler kann das kaum glauben, schließlich gehört der süffig-leichte Sommertropfen im fränkischen Weinland zu jedem Fest wie die Bratwürste vom Grill. Die junge Winzerin erklärt: „Rotling wird aus weißen und roten Trauben gemacht, die am selben Tag geerntet und gepresst werden müssen.“
Rotling wird aus weißen und roten Trauben gemacht
Wie viel Weiß, wie viel Rot? „Winemakers’s Geheimnis“, lacht die Mutter von drei kleinen Söhnen und verrät nur, dass sie die fränkischen Rebsorten Müller-Thurgau und Domina hernimmt.
Ihr Lieblingsgewächs ist der Weißburgunder, der bestens auf den kargen, mineralischen Muschelkalkböden am Retzbacher Benediktusberg gedeiht, aber auch mit internationalen Sorten arbeitet sie gern.
Vom Nebenerwerb zum Weingut
Seit 2012 keltert Christine Pröstler ihren eigenen Wein, der ihr gleich die Auszeichnung als „Jungwinzerin 2013/2014“ einbrachte. Den Grundstein für das „Weingut Christine Pröstler“ mit mittlerweile acht Hektar Rebfläche legte ihr Vater Johannes, der auch für die Arbeit im Weinberg zuständig ist.
Jahrzehntelang kultivierte er die Weinberge im Nebenerwerb, die Tochter verdiente sich dort ihr Taschengeld und fing nach Winzer-Ausbildung und Studium im Alter von 28 Jahren mit eigenen Weinen an. Mittlerweile stehen um die 20 Posten aller Qualitätsstufen auf ihrer Karte. Probieren kann man sie in der luftig-hellen Vinothek – und nimmt vielleicht auch ein paar Flaschen vom süffigen Rotling mit.
Frickenhausen: Das Stil-Team
Direkt am Main liegt das mittelalterliche Weinstädtchen Frickenhausen, das trotz seiner kaum mehr als tausend Einwohner ganz schön viel hermacht: sauber restauriertes Fachwerk, fünf imposante Türme und mittendrin die ehemalige fürstbischöfliche Residenz.
„Frickenhausen war so etwas wie der Villenvorort von Würzburg“, sagt Michaela Meintzinger, „und ist auch heute ein beliebtes Ausflugsziel.“ Seit 1790 ist die ehemalige Residenz im Besitz der Familie Meintzinger, die Anfang der 1980er vom landwirtschaftlichen Mischbetrieb auf Weinbau und Hotellerie umsattelte.
Wohnen beim Winzer
In den ehemaligen Stallungen und vier weiteren Gebäuden entstand ein schnuckeliges Boutiquehotel mit 32 Zimmern und einem luftigen Frühstücksraum. Über das Kopfsteinpflaster des Platzes vor der Rezeption rumpeln zur Weinlese immer noch die Hänger heran, die die Trauben von den rund 38 Hektar Rebfläche zur Kelterhalle liefern.
Herzstück des „Weingut & Hotel Meintzinger“ ist das mit lässig-eleganten Designermöbeln eingerichtete „Weinzimmer“. Bei Verkostungen stellt Michaela die Flaschen einfach auf den massiven Holztisch, die Gäste bedienen sich selbst.
Im „Esszimmer“ nebenan gibt’s ebenso unkompliziert kleine Brotzeiten und Appetithappen. Gleich ums Eck liegt der Keller, in dem Jochen Meintzinger seine Weine vom Gutswein bis hin zum Premiumtropfen ausbaut – im einzigen privaten Kreuzgewölbekeller in ganz Franken.
Nordheim am Main: Der Bio-Pionier
„Aromen von Kiwi, Litschi, Paprika. Ha! Oder Spargelwein. Was soll das denn sein?“ Manfred Rothe redet sich schnell in Rage, wenn es um Modegeschmäcker und wortklingelndes Weinmarketing geht.
„Unser Wein muss das ganze Jahr schmecken. Ehrlich, solide, ausdrucksstark!“ Wer jetzt glaubt, es mit einem eher gestrigen Winzer zu tun zu haben, täuscht sich gewaltig. Schon seit 35 Jahren kultiviert Rothe im Bio-Anbau seine zehn Hektar Weinberge in besten Lagen am Sommeracher Katzenkopf und am Nordheimer Vögelein und engagiert sich auch für die Kultivierung alter Streuobstsorten.
Orange Wine aus der Amphore
Seine Leidenschaft gehört der uralten Tradition des Weinmachens in riesigen Amphoren, wie sie in Georgien seit mehr als 7.000 Jahren betrieben wird. „2013 habe ich bei einer Fachtagung vom Kvevri-Wein gehört. Das hat mich umgehauen!“, schwärmt Rothe.
Seither hat er zwei je 1.200 Liter fassende Amphoren im Keller, die eingemauert sein müssen, sonst würden sie beim Einfüllen platzen. Hinein kommen Silvanertrauben komplett mit Schalen und Kernen und gären in den mit Lehm verschlossenen Kvevris rund neun Monate lang.
So entsteht ein unfiltrierter „Orange Wine“. Einen anderen orangefarbenen Naturwein baut er im Holzfass aus. Probieren kann man seine spannenden Tropfen bei kleinen, feinen Speisen in der dem „Weingut Rothe“ angeschlossenen Vinothek mit hübscher Terrasse mitten im Winzerdorf Nordheim.