Familie Schober hat aus ihrer Leidenschaft für Pferde einen Beruf gemacht. Auf ihrem „Reiterhof Schober“ im Bayerischen Wald teilt sie die Begeisterung mit kleinen und großen Gästen. Und vermittelt gleich am Anfang, wie das Miteinander von Zwei- und Vierbeiner spielend funktioniert. Text und Fotos: Dietmar Denger
Familien-Reiterferien in Bayern
Blondine Jessy lässt sich nicht lange bitten. Die ersten warmen Frühlingstage haben den Wiesen rund um Neukirchen einen kunterbunten, duftenden Blütenteppich beschert, dessen Duft auf Pferdenasen noch verführerischer wirkt als auf Zweibeiner. Und so ist die Pony-Dame, die ansonsten gern mal Diva spielt, heute ganz brav und freut sich mit Kollege Nemo auf den kleinen Reitausflug ins Blumenmeer.
Mit vier Jahren im Sattel
Nachdem die zwei Hübschen mit Bürsten ausgehfein gemacht wurden, nehmen Hannah und Elias auf ihren breiten Rücken Platz. Mit ihren Eltern verbringen die beiden Kinder aus München das Wochenende auf dem Reiterhof Schober.
Die siebenjährige Hannah hat ein bisschen Reiterfahrung, der vierjährige Elias noch gar nicht. Und so ist für ihn die Wiesenrunde eine schöne, spielerische Gelegenheit, um erste Erfahrung zu machen mit einem Zotteltier, das über ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein verfügt.
Slalom durch die Blumenwiese
Für Jessy ist so eine saftige Frühlingswiese im Bayerischen Wald vor allem Schlaraffenland. Gar nicht so einfach, sie zwischendurch auch mal zum Gehen zu überreden. Am Anfang müssen Mensch und Tier sich beschnuppern und das buchstäblich.
„Sehr wichtig ist uns, dass die Kinder die Tiere erst einmal richtig kennenlernen“
„Sehr wichtig ist uns, dass die Kinder die Tiere erst einmal richtig kennenlernen, eine Beziehung zu ihnen aufbauen“, erklärt Alex Schober die Philosophie auf dem Reiterhof. „Eine tolle Übung ist dabei das Führen durch einen Parcours in der Reithalle. Im Slalom geht es dabei um Straßenpoller und durch markierte Bahnen. In der Blumenwiese funktioniert das aber natürlich auch!“
Gefühl für den eigenen Körper entwickeln
Auch auf den ersten Metern im Sattel des Ponys, geführt von einer Mitarbeiterin, geht es für den kleinen Reitnovizen ganz behutsam und langsam los. Vielen Kindern muss dabei erst mal das richtige Gefühl für den eigenen Körper vermittelt werden, weiß der Chef.
Auf dem Reitplatz geht das so: Das Pferd tapst ganz gemächlich an der Longe im Kreis, während die kleinen Reiter sich im Sattel richtig recken und strecken müssen oder auch mal einen Buckel machen – und alles ohne Zügel in der Hand! Das Ergebnis tut dann allen Beteiligten gut, denn: „An Reitern, die wie ein nasser Sack im Sattel sitzen, hat auch das Pferd keine Freude“, so Schober.
Dorfwirt und Pferdewirt
Apropos Freude: Familie Schober machte ihre Liebe fürs Reiten zum Beruf. Vor 50 Jahren hatten die Eltern von Alex im Ort eine Dorfwirtschaft. Zum Ausgleich fing Mama Schober mit dem Reiten an und konnte auch schnell die beiden Söhne begeistern.
Später machte Alex die Ausbildung zum Pferdewirt und zum Koch gleich dazu. Mit Ponys und den ersten Feriengästen startete dann der Reiterhof. Seitdem sind ein paar Jahrzehnte vergangen und Familie Schober ist, was ihre Schützlinge angeht, immens gewachsen.
Wenn Alex Schober nach seinem Lieblingspferd gefragt wird, muss er nicht lange überlegen. „Habe ich gar nicht, es sind alles meine Lieblinge!“ Und es gibt eine Menge davon. 52 familieneigene Pferde und Ponys stehen heute auf den beiden hübschen Anlagen am Fuß des Bayerischen Walds ... und grasen, toben und harren in freudiger Erwartung ihres Beritts durch fürsorgliche Gäste.
Bauernhof mit Pool und Hallenbad
Hinzu kommen, was die Tiere betrifft, Freddie und Johanna, zwei tiefenentspannte Indische Hängebauchschweine, und Hofhund Lilly, der den Laden unter Kontrolle hält und bei 20 Zentimeter Schulterhöhe nicht eine Spur Angst selbst vor den größten Hofbewohnern hat.
Das Stammhaus im Dörfchen Neukirchen ist zugleich Hotel, das für seine Gäste sowohl Doppel- und Dreibettzimmer als auch geräumige Familienappartements anbietet. Im Sommer lädt der Pool mit Rutsche zum Abkühlen und im Winter das Hallenbad zum Relaxen ein.
Von den geräumigen Ferienwohnungen aus kann man am nächsten Morgen schon das aufgeregte Wiehern hören. Nachdem die Zweibeiner sich am Frühstücksbuffet gestärkt und die Fellnasen draußen ordentlich Heu gemampft haben, beginnt der tierische Spaß.
Auch im Programm: Wanderreiten
Mit ihren fünfzehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bietet Familie Schober ein spannendes Programm. Neben der klassischen Reitausbildung für kleine und große Pferdefans werden auch Wanderritte durch die umliegenden Wälder und das hübsche Perlbachtal veranstaltet. Oder für die ganz jungen Besucher Ponyreiten durch die duftenden Wiesen von Neukirchen. Regelmäßig wird auch das Klassenzimmer in die Reithalle verlegt: Für verschiedene Schulen der Umgebung ist Reiten Wahlfach!
Für die Münchener Wochenendgäste Hannah und ihre Mama, die ebenfalls schon ein wenig Reiterfahrung hat, gibt es eine Reitstunde in der Halle. Mit Reitpony Narathi und Fuchsstute Donna lernen die Schülerinnen im Schritt und Trab erste Bahnfiguren, ganz interessiert verfolgt von den beiden Haflingern Maxl und Ali, die von draußen durch die offenen Fenster hereinschauen.
Kuscheln muss sein!
Was sie sehen, gefällt auch Alex Schober. „Und zwischendurch Narathi auch mal richtig loben“, erinnert er Hannah. Ein „Brav!“ ist längst nicht liebevoll genug. Denn wie Menschen sehnen sich auch Ponydamen nach Körpernähe.
Und so lehnt Hannah sich ganz weit nach vorn auf den Hals von Narathi und umarmt die Stute, die ihre Schritte daraufhin noch behutsamer setzt. Am Ende der Stunde sind sich Hannah und ihre Mama sicher, dass das nicht der letzte Besuch im Bayerischen Wald gewesen ist.
Wer es ambitioniert angehen möchte, findet bei den Schobers ein Lernprogramm für alle Altersstufen. „Schon die Kleinsten können beim Ponyclub ihre ersten Erfahrungen sammeln. Er bietet für alle Vor- und Grundschulkinder ab drei Jahren kindgerechten Reitunterricht auf Shetlandponys an“, erzählt Alex Schober.
Kurse für Dressur- und Geländereiten
„Diese Ponyreitschule ist die Vorstufe zum Longierunterricht und dem anschließenden Gruppenunterricht für Kinder ab etwa sieben Jahren.“ Weiterführend bietet der Verein, der am Reiterhof seinen Sitz hat, Sonderkurse für Anfänger an der Longe, Reitunterricht im Springen, Dressur- und Geländereiten, Wanderausritte und Lehrgänge für Reiterpass, Reitabzeichen und Basispass an.
„Geritten wird auf braven und gut ausgebildeten Tieren“
Für die Ausbildung sorgen zwei Reitlehrer mit A- + B-Lizenzen, Beritt- und Longenführer sowie mehrere Trainerassistenten. „Geritten wird auf braven und gut ausgebildeten Reitponys, Haflingern und Großpferden, die größtenteils schon Turniererfahrung gesammelt haben“, versichert der Chef.
Für Fortgeschrittene: der Hof am Degenberg
Neben dem Hotel- und Reitbetrieb in Neukirchen bietet der Reiterhof Schober auf seiner zweiten Anlage am Degenberg bei Schwarzach ebenfalls professionelle Reitstunden an. Auf der weitläufigen Geländestrecke und dem herrlich gelegenen Springplatz trainieren hauptsächlich fortgeschrittene Reiter, die an Turniere herangeführt werden oder dort bereits starten.
Familie Schober hat ein vielseitiges Mitarbeiterteam: Einige Servicekräfte des Hotels geben ebenfalls Reitunterricht am Stall. So haben die Gäste auch abends beim wichtigsten Thema der Welt kundige Ansprechpartner. Und auch der Boss ist Multi-Tasker: Alex Schober ist abends oft der Chef am Pizzaofen oder am Grill. Dass dabei die Schweinchen Freddie und Johanna zubereitet werden, ist übrigens nicht zu befürchten: Die dürfen bei den Schobers alt werden!