… Niederkaltenkirchen heißt in Wirklichkeit Frontenhausen. Das Städtchen und sein Kreisverkehr ist ebenso Kult wie die Eberhofer-Krimis. Der „durchschnittlichste aller Orte“ gibt die perfekte Filmkulisse ab. Dietmar Denger (Text und Fotos) hat sich umgesehen
Durchdrehen am Drehort
Eine Runde, noch eine und am besten mal – wie der betagte Polizei-Audi vom „Leberkäsjunkie“ Franz Eberhofer – auch mal alle Ausfahrten ausprobieren. Direkt an der A92 beginnt die amüsante Eberhofer-Spurensuche im wohl bekanntesten Verkehrskreisel der Republik.
Der Drehort-Drehort ist das neue Wahrzeichen von Frontenhausen und trägt mittlerweile ganz offiziell den Namen Eberhofer-Kreisel. Krimi-Autorin Rita Falk frohlockte zur Namenstaufe, dass selbst ein Bundesverdienstkreuz wohl kaum eine größere Ehre sei.
Der berühmteste Kreisverkehr der Republik
Übersehen kann man ihn nicht: Ein lebensgroßer Aufsteller am Kreiselrasen zeigt die Schauspieler Sebastian Bezzel als Polizeihauptmeister Franz Eberhofer und Simon Schwarz als dessen leicht trotteligen Dorfsheriff-Kollegen Rudi Birkenberger.
An diesem Sonntagnachmittag muss man schon mal warten, bis man mit dem Selfie an der Reihe ist. Da ist die radelnde Männergruppe aus Landshut, die vorher johlend ein paar Kreisel-Runden dreht. Danach posieren drei Harley-Fahrer aus Detmold, die Urlaub in Bayern machen, vor dem Eberhofer-Standbild und schließlich ein Pärchen aus München, das etwas braucht, um den Polizeihauptmeister plus mitgebrachtem Porsche ins rechte Bild zu rücken.
Vom Kreisverkehr aus sind es nur 100 Meter in den Ort, der in mittlerweile sieben Verfilmungen die Rolle seines Lebens gefunden zu haben scheint: Aus Frontenhausen wurde Niederkaltenkirchen, Wirkstätte des misanthropischen Polizeihauptmeisters, der schlecht gelaunt mysteriöse Verbrechen löst und nebenbei seine Beziehung kittet. Und längst ist die 4.400-Einwohner-Gemeinde bei Dingolfing dabei selbst zum Star geworden.
„Mit so einem Besucheransturm haben wir nicht gerechnet“, sagt Frontenhausens Bürgermeister Franz Gassner, der zugleich auch stolz ist, wenn er vor seinem Bürofenster am Rathausplatz die Fans beim Fotografieren sieht.
Sie sind leicht zu erkennen, fast alle haben den bunten Flyer in der Hand, den Gassner zusammen mit dem Landkreis herausgebracht hat. Erhältlich ist er in der Box beim Kreisel.
Metzgerei Simmerl & Co.
Darin aufgelistet sind die wichtigsten Schauplätze: Das Haus von Susi („dem Eberhofer sein Gspusi“), in der Klostergasse. Die Metzgerei Stadler, die in der Reihe als Metzgerei Simmerl firmiert, wo der dauergestresste Held seinen immensen Bedarf an Leberkässemmeln deckt. Seit den Filmen ist hier der Leberkäs-Absatz durch die Decke gegangen. Oder der „Gasthof zur Post“, in dessen Saal im Film die heftigen Trinkgelage stattfinden.
Einige Szenen wurden im nahen Landshut gedreht. Der Eberhofer-Hof indes, wo der Polizisten-Vater im Garten seinen Marihuana-Hain pflegt, wurde bis vor kurzem im Weiler Eutenhausen im oberbayerischen Feldkirchen-Westerham gefilmt.
Maximale Durchschnittlichkeit als Attraktion
Es ist ja so: Mit Besuchern hat man in Frontenhausen eigentlich nie gerechnet, weshalb es kein Hotel im Ort gibt. Bayerisch-barocke Traumkulissen, Burgen und Schlösser gar, das Bilderbuch-Bayern sucht man vergebens. Kirche, Metzgerei, Friedhof, Marktplatz, Kreisverkehr: Kaum Gas gegeben, ist man auch schon durch.
„Der durchschnittlichste aller Orte“ war für Autorin Falk allerdings die Idealbesetzung und kam nach eigenen Worten ihrem Niederkaltenkirchen am nächsten. Die Filmcrew setzt allerdings regelmäßig noch einen drauf.
Bei jedem Dreh werden am Rathaus die Geranien abgehängt und die Rattanstühle der Eisdiele durch Plastikstühle ersetzt. Ästhetik des Graus: In Niederkaltenkirchen, so die Mission, kennt Tristesse keine Grenzen.
Sein Frontenhausen extra greislig zu machen, das hat Bürgermeister Gassner anfangs gar nicht geschmeckt, mittlerweile ist er selbst der größte Fan der Reihe und führt als Guide ganze Busladungen voller Eberhofer-Fans durch den Ort.
Da es nie Tourismus gab, gibt es keinen Tourismusbeauftragten, so bleibt der Job beim Chef hängen. Die Fans kommen derweil sogar schon aus Österreich, um die Filmkulissen von Kino-Schlagern wie "Dampfnudelblues", "Schweinskopf al dente" & Co. in Echt zu erleben.
Bürgermeister als Touristenführer
Ein paar Runden im Kreisverkehr sind auf Gassners Tour dabei ein Muss, ebenso der Leberkässemmel-Stopp bei der Metzgerei. Und zu erzählen gibt es mittlerweile viele Anekdoten rund um die bisherigen Filmdrehs und das Treiben hinter der Kulisse. Zum Beispiel, dass beim letzten Casting zum „Kaiserschmarrndrama“ über 2.000 Leute für Statisten-Rollen angestanden sind und für ein Verkehrschaos gesorgt hatten.
"Den Swingerclub Flötztime gibt es nicht", schwört der Bürgermeister
Das wird auch 2021 nicht anders sein, wenn die Verfilmung der „Weißwurst-Connection“ ansteht. Insgesamt schrieb Rita Falk zehn Eberhofer-Romane, Frontenhausen kann sich also noch auf einiges gefasst machen. Der Flyer zur Reihe musste schon einige Male nachgedruckt werden und im September 2020 wurde sogar der erste Eberhofer-Fanclub gegründet.
Eine Frage bleiben der Frontenhausen aka Niederkaltenkirchen und der Eberhofer-Flyer aber schuldig: Wo steht das reale Vorbild für den „Swingerclub Flötztime“? „Den gibt’s nicht“, gesteht Bürgermeister Gassner. „Gedreht wurde in einem ganz normalen Wohnhaus“. Schauspieler Sebastian Bezzel hatte bei der Eröffnungs-Feier des „Eberhofer-Kreisels“ aber eine gute Idee: „Den Swingerclub könnte man ja noch bauen, direkt am Kreisverkehr.“ Und ganz sicher würde auch der sich bei den Fans größter Beliebtheit erfreuen.
Frontenhausen im Web, hier gibt’s den Eberhofer-Flyer auch zum Download