Sauerklee im Sorbet, Moos als Dekoration, selbst geschossenes Wild auf dem Teller: Der Nürnberger Chef Valentin Rottner hat sich mit seinen kulinarischen Kreationen einen Michelin-Stern erkocht
Valentin Rottner: Senkrecht-Starter
Beinahe wäre der Welt der Gastronomie ein Stern verloren gegangen: „Eigentlich wollte ich Fußballer werden! Ich war in der U16-Nationalmannschaft und stand jedes Wochenende auf dem Platz. Aber etwas Ehrgeiz hat mir dann vielleicht doch gefehlt“, sagt Valentin Rottner. „Außerdem war es meinen Eltern wichtig, dass ich eine abgeschlossene Berufsausbildung habe, falls mit dem Sport etwas schiefgeht.“
Valentin ist ein Senkrechtstarter! Schon kurz nachdem er 2018 das Restaurant „Waidwerk“ im familieneigenen Gasthof Rottner gegründet hatte, erklärte das Magazin „Feinschmecker“ ihn zum „Aufsteiger des Jahres“, ein Jahr später verlieh ihm der Guide Michelin seinen ersten Stern. Der Gault Millaut führt das Restaurant des Nürnbergers mit 17 Punkten und drei Mützen.
Menü mit Überraschungseffekt
"Nicht erst versuchen, ,Schäufele 2.0‘ zu inszenieren"
Der junge Küchenchef will mit seinen mehrgängigen Menüs Spannung erzeugen. „Auf der Speisekarte stehen nur Grundprodukte, sodass die Gäste nicht genau wissen, was auf sie zukommt. Insofern baut sich bei jedem Gang ein Spannungsbogen auf.“ Den Gast erwarten dabei exotische Kreationen wie Schweinebauch mit japanischem Dashi-Sud oder Kaisergranat, ein Fisch aus Island.
„Das soll aber nicht heißen, dass ich traditionelle Küche nicht mag“, sagt Valentin. „Eine gut gemachte Roulade oder ein Schäufele nach traditionellem Rezept schmeckt einfach! Da sollte man gar nicht erst versuchen, das ,Schäufele 2.0‘ zu inszenieren.“ Zumal man die klassischen Rezepte bei seinem Vater im Gasthof unter dem gleichen Dach bestellen kann.
Drei Sternekoch-Stationen
Während seiner Lehr- und Wanderjahre war Valentin in renommierten Küchen tätig. „Die Ausbildung habe ich bei Sternekoch Alexander Herrmann im ,Herrmanns Posthotel‘ in Wirsberg absolviert. Das hat so viel Spaß gemacht, dass ich beim Kochen geblieben bin.“ Es folgten Stationen bei Zwei-Sterne-Koch Johannes King auf Sylt und bei Nils Henkel im Restaurant „Lerbach“.
Die Kreativität und die Freiheit faszinieren Valentin am meisten an seinem Beruf – doch zunächst war „Handwerk“ angesagt. „Bei der Ausbildung lernt man natürlich erst mal die Basics. Aber nachdem man die Klassiker gekocht und verinnerlicht hat, kann man kreativ werden“, sagt er. „Man kann verschiedene Produkte und Geschmacks-Rrichtungen kombinieren und auch beim Anrichten der Teller gibt es keine Norm. Diese Freiheit ist einfach nur toll!“
Puristisch und geschmacksintensiv
In die Heimat und in den elterlichen Betrieb zurückzukehren sieht Valentin nicht als Widerspruch zur Freiheitsliebe. „Ich war schon immer sehr heimatverbunden. Außerdem wollte ich meinen Eltern etwas zurückgeben, die mich so lange unterstützt haben, sowohl menschlich als auch finanziell. Ich wollte mit anpacken und auch einen frischen Wind reinbringen, der dem Haus ja dann auch zugutekam.“
Kritiker nennen Valentins Kreationen „jung“, „puristisch“, „geschmacksintensiv“, dem "Guide Michelin" waren sie einen Stern wert. „Er ist die Wertschätzung für die gute Arbeit, die wir als Mannschaft leisten. Dass es so schnell ging mit dem Stern, hat mich natürlich zusätzlich gefreut“, so Valentin. „Außerdem war das Gourmet-Restaurant meine Idee, nicht die meiner Eltern. Mit dem Stern konnte ich sie stolz machen und dafür sorgen, dass es sich auch wirtschaftlich lohnt.“
Inspiration bei der Pirsch
Die Einrichtung des „Waidwerk“ spiegelt den Charakter der Küche: zugleich traditionsverbunden und stylisch. Die Dekoration ist minimalistisch, mit einer Ausnahme: Ein mächtiges Hirschgeweih an der Wand setzt ein deutliches Ausrufezeichen. Für Valentin ist es mehr als ein Accessoire, es ist ein Geschenk seines Großvaters zum zwölften Geburtstag.
"Die Jagd ist Ruhepol und Inspiration“
Der Großvater nahm ihn schon als kleinen Jungen mit auf die Jagd – und legte damit wohl indirekt den Grundstein für das „Waidwerk“. „Das Alleinsein im Wald, die Natur – die Jagd ist mein Ruhepol, aber auch meine Inspiration“, schwärmt Valentin. „Bei der Jagd denke ich über das Kochen nach. Und dabei fallen mir oft spannende Dinge ein, neue Garmethoden, neue Rezepte.“
So entsteht dann zum Beispiel ein Gericht wie Sauerklee-Sorbet, das leicht säuerlich schmeckt. „Das Sammeln war gar nicht so einfach, da man viel davon braucht“, sagt er und lacht. „Ich habe meine ganze Küchencrew mitgenommen.“
Jagen, Ernten, Sammeln
Doch Valentin schätzt Wild nicht nur wegen der Jagdtradition: „Wir arbeiten nachhaltig, indem wir zum Beispiel vom Reh mehr als nur die begehrten Rückenstücke verwenden. Aus den Knochen machen wir eine Essenz, auch Niere, Leber und Milz werden weiterverarbeitet. Durch das Jagen und Zerlegen steigert sich meine Wertschätzung für das Produkt, anders als beim reinen Kauf.“
Viele Zutaten bauen die Rottners im eigenen Garten an: Kräuter wie Kapuzinerkresse, Zitronengras, aber auch Meerrettich, Tomaten und selbst Topinambur. Außerdem bringt Valentin allerlei von seinen Waldgängen mit. „Ich halte die Augen auf und sammle. Die Wildkräuter wandern ins Essen, auf den gesammelten Moosen richten wir unsere Vorspeisen an.“
Von der Küche auf den Fußballplatz
Viel Freizeit hat ein Küchenchef natürlich nicht, zumal wenn er auch noch mit der Jagd beschäftigt ist. Doch wenn es einmal so weit ist, trifft man Valentin im Stadion. „Dann spiele ich Fußball! Dafür nehme ich mir immer noch Zeit. Unter der Woche kann ich nicht zum Training kommen, aber sonntags stehe ich mit meiner Mannschaft auf dem Platz.“ Und wer weiß, vielleicht ist der Fußballwelt tatsächlich ein Star entgangen.
Mehr Informationen über das Restaurant Waidwerk
Ausflugstipps von Valentin
Stadt Nürnberg
Ich mag nicht nur Frankens Landschaften. Auch Nürnberg mit seiner schönen Altstadt und der Burg ist toll. Als Fußball-Fan gehört das Max-Morlock-Stadion zu meinen Lieblingsorten.
Citycheck Nürnberg
Fränkische Schweiz
Sehr zu empfehlen ist ein Spaziergang oder eine Wanderung in der Fränkischen Schweiz, die ein landschaftliches Aushängeschild für uns Franken ist. Das geht auch gut mit Kindern. Und in Pottenstein gibt es beispielsweise eine Sommerrodelbahn, wo ich früher als Kind oft war.
fraenkische-schweiz.com
Ab in den Wald
Ich liebe den bewirtschafteten Nussbaumgarten vor unserem Haus. Wenn man abends unter den Walnussbäumen sitzt, kommt richtiges Biergarten-Feeling auf. So richtig zu Hause fühle ich mich natürlich in den fränkischen Wäldern.