Trachtenschneiderin Sandra Müller erweckt ein fast vergessenes bayerisches Handwerk wieder zum Leben: Sie stellt Posamentenknöpfe her. In ihrer Knopf-Manufaktur in Bayerisch-Schwaben geht es bunt zu. Wir haben sie dort besucht
Knopfmacherin Sandra Müller aus Bayerisch-Schwaben
Sandra Müller näht sich die Welt, wie sie ihr gefällt. Bunt muss es sein. Sie fädelt aber natürlich nicht nur wild darauf los – Sandra ist Trachtenschneiderin und Knopfmacherin, in ihrer Posamentenknopf-Manufaktur in Waldstetten in Bayerisch-Schwaben lässt sie eine fast vergessene Tradition wieder aufleben und verbindet diese mit zeitgenössischen Details.
Äh, was für Knöpfe?
Noch nie etwas von Posamentenknöpfen gehört? Kein Grund zur Sorge, auch keine Bildungslücke. Posamentenknopf-Macherin Sandra Müller erklärt das so geduldig, wie sie auch jedes ihrer Unikate von Hand anfertigt.
Sie ist Expertin auf diesem Gebiet, hat schon Bücher zum Thema Posamentenknöpfe geschrieben und gibt sogar Kurse, bei denen man das Handwerk der Knopfherstellung erlernen und ausprobieren kann. Nun also: Posamentenknöpfe, das sind bunte, aufwendig gewickelte oder umsponnene Knöpfe.
Posamentenknopf-Manufaktur
„Der Beruf des Knopfmachers ist zu Beginn des 20. Jahrhunderts ausgestorben. Posamentenknöpfe hatten ihre Hoch-Zeit im 18. Jahrhundert. Damals waren sie vor allem auf Männerkleidung zu finden. Als andere Knopfarten in Mode kamen, gerieten die kleinen Kunstwerke in Vergessenheit und blieben nur an regionalen Trachten erhalten“, sagt sie. Mit ihrer Posamentenknopf-Manufaktur haucht sie den farbenfrohen Knöpfen wieder neues Leben ein.
Die Unikate können sowohl als Schmuck als auch als Knöpfe verwendet werden. „Posamentenknöpfe kann man zum Knöpfen verwenden. Für Westen und Miederleibchen fertige ich sie gerne auch mit Gegenknopf, dann kann man auch mal wechseln. Jacken, Mäntel, Taschen und andere Accessoires lassen sich mit den Knöpfen individualisieren und aufpeppen. Als Ohrringe, Ringe, Kettenanhänger oder Broschen sind sie absolute Hingucker.“
Trachten, Tradition und Moderne
Sandra Müller arbeitet zudem als Trachtenschneiderin. Nach dem Studium der Europäischen Ethnologie (Volkskunde) absolvierte sie in der Trachtenberatungsstelle des Bezirks Schwaben eine Lehre zur Maßschneiderin. Vom Vorlesungssaal zurück in den kreativen Bereich also.
„Mir war schon in meiner Kindheit klar, dass meine Stärken im kreativen Bereich liegen, weil ich ständig am Malen und Gestalten war. Durch Praktika in einer Töpferei, bei einem Bildhauer, in Schneiderei-Betrieben und Museen schnupperte ich in verschiedene Tätigkeitsfelder hinein. Ich wusste immer, dass ich Dinge erschaffen wollte", blickt sie auf ihren Werdegang zurück.
„Back to the roots, aber up to date“
Heute erschafft Sandra bunte Posamentenknöpfe und unter dem Motto „Tracht’s not dead“ schneidert sie Trachten und verbindet diese mit modernen Elementen. Oder, wie es auch auf ihrer Website heißt: „Back to the roots, aber up to date“. Alltagstaugliche Mode, inspiriert durch regionale Tracht und historische Handwerkstechniken.
„Ich liebe es, vermeintliche Gegensätze zusammenzubringen und Brücken zu schlagen. Zwischen Tradition und Rebellion, zwischen Heimat und Fremde, zwischen Jung und Alt.“
Reine Knopfsache
Zurück zu den Posamentenknöpfen. Sandra Müller gibt ihr Wissen auch im Rahmen von Kursen weiter. Die Nachfrage ist da. Über die Homepage kann man sich zum Kursangebot und über die kommenden Termine informieren. Es kommen eher Frauen, aber auch der Männeranteil nehme nach und nach zu. Und die Arbeit mit den Knöpfen tut wohl auch dem Kopf gut: „Knopfmachen ist eine gute Achtsamkeitsübung, weil man ganz konzentriert bei der Sache sein muss. In den Kursen erlebe ich immer wieder, dass Menschen durch das ,Knopfeln‘ abschalten“, sagt Sandra.
Wer sich anstecken lässt von Sandras Leidenschaft für Posamentenknöpfe, der kann auf der Website direkt an Materialien fürs „Knopfeln“ kommen: „Auf der Homepage der Posamentenknopf-Manufaktur findet man den Online-Shop für Knopfmacherzubehör und die aktuellen Kurs- und Markttermine. Außerdem gibt es ein paar allgemeine Informationen zum Thema Posamentenknöpfe und eine Seite mit Inspirationen.“
Regionale Stoffe und Materialien
Sowohl bei ihrem Label „Trachtenpunk“ als auch bei den Posamentenknöpfen achtet Sandra Müller so gut es geht darauf, dass die Stoffe und das Zubehör aus regionaler Herstellung kommen.
„Das Futter für die Leibchen kann gerne aus alter Bettwäsche oder Tischdecken sein, die Holzrohlinge für das Fertigen der Knöpfe werden im Landkreis hergestellt.“
Möglichst kurze Wege, sagt Sandra, das sei ihr wichtig. „Nachhaltigkeit bedeutet für mich auch faire Arbeitsbedingungen, gute Stoff- und Verarbeitungsqualität, Langlebigkeit des Produkts und am liebsten qualitativ hochwertige Baumwoll- und Wollstoffe aus Deutschland. Als Trachtenschneiderin habe ich gelernt, Kleidung so zu nähen, dass sie leicht zu ändern ist.“
Von wegen langweilig! Farbexplosion!
Pink, schwarz, grün, gelb, blau, rot, orange. Sandras Posamentenknöpfe sind alles andere als langweilig und es gibt sie in gefühlt tausend verschiedenen Muster. Farbexplosion! Genauso könnte man auch Sandras liebevoll, kleine Werkstatt beschreiben. Bunt, verspielt und überall Fäden, Stoffe, Garn und viel, viel Farbe. Ein Raum für kreatives Arbeiten, direkt bei Sandra zu Hause.
„Die Schneiderwerkstatt ist klein und sehr bunt. Die Wände sind voll mit Borten, Bildern und Fundstücken. Das Zentrum ist der Zuschneidetisch. Ich mag es, dort für ein Projekt Stoffe auszubreiten und zu überlegen, was zusammenpasst, und Knöpfe aus den Schubladen zu holen, um sie dazu zu kombinieren“, sagt Sandra.
Ausflugstipps von Sandra Müller
Günz-, Kammel- und Mindeltal
Es gibt viele Seen und Flüsse, an deren Ufern Fahrradwege mit wenig Steigung verlaufen. Besonders mag ich das Günz-, Kammel- und Mindeltal und die Abschnitte an der Donau, an denen sich der Fahrradweg durch die Bärlauchwälder schlängelt. Rund um den Grieslesee gehe ich gerne auf dem DonAUwald-Weg spazieren, aber auch das Industriedenkmal bei den Vollmer-Seen finde ich toll.
donauwald-wanderweg.de
Kloster Wettenhausen & Kloster Roggeburg
Im Kloster Wettenhausen haben wir jahrelang Knopfkurse gegeben und dabei wirklich schöne Stunden erlebt. Es ist, als wäre dort die Zeit stehen geblieben. Rund ums Kloster Roggenburg gehen wir gerne wandern, wenn wir Besuch haben.
klosterwettenhausen.de
kloster-roggenburg.de
Krumbach
Mein kultureller Mittelpunkt ist Krumbach. Dort gibt es ein soziokulturelles Zentrum, einen Kunstverein, den Stadtpark und einen Kunstpfad, Konzerte und mehrere gute Wirtschaften, darunter den „Kachelofen“ am Marktplatz oder das „Bistro Jo.“ im Reformhaus Glück. Ich mag auch das kleine Museum in unserem Nachbarort Stoffenried, die Kreisheimatstube sowie die „Gelateria Saviane“ in Weißenhorn, eine richtig gute Eisdiele.
krumbach.de
Balmertshofen
Mich zieht es immer auf die Anhöhen. Auf einem Hügel im kleinen Dorf Balmertshofen im Osterbachtal steht die Kirche St. Michael mit einem ganz alten Friedhof, da bin ich gerne.