Die Oberpfalz ist bekannt für ihre vielen Burgen. Von gut 1.000 trutzigen Bauten weiß man, viele davon stehen im Bayerischen Jura. Schöne Weitwanderwege, die Burgensteige, führen zu den romantischsten Orten für Mittelalterfans und Familien mit Kindern. Wir waren im Tal von Schwarzer Laber und Naab unterwegs
Wandern auf den Burgensteigen im Tal von Schwarzer Laber und Naab
Ganz plötzlich taucht sie auf aus dem Septembernebel, die Burg Parsberg mit ihren wuchtigen Mauern. Auf einem Kalksteinfelsen erbaut über der Stadt. Unüberwindlich ragt sie in die Höhe, aus großen, dunklen Felsquadern aufgeschichtet. Über ihr nur der blaue, morgendliche Oberpfälzer Himmel. Beeindruckend.
Moment mal, rasseln da nicht Ritter in ihren Rüstungen und wiehern aufgeregt die Streitrösser? Mit etwas Fantasie vielleicht… Doch die ritterlichen Betriebsgeräusche sind längst verhallt. Ein „Castrum Bartesberch“ wird erstmals 1205, in der Stauferzeit, urkundlich erwähnt. Burgherr ist das einflussreiche Geschlecht der Parsberger. Nur Mauerreste überdauerten die Zeiten. Und die Fundamente des Burgfrieds, des Hauptturms. Man kann sie besteigen, um die Aussicht von dort oben zu genießen.
Parsberg: Eine Burg, zwei Schlösser
Zu Füßen der Ruine strahlen zwei weiße, schlanke Zwiebeltürme in der Morgensonne. Sie gehören zum Oberen Schloss, einem stolzen Renaissancebau, der um 1600 errichtet wurde, später kam dann noch das barocke Untere Schloss dazu. Darin erzählt heute ein Museum vom Leben der Menschen der Region, von der Vorzeit bis in die Neuzeit und eingeordnet in historische Zusammenhänge.
Das Highlight ist eine zierliche, bronzene keltische Masken-Fibel aus dem 5. Vorchristlichen Jahrhundert. Damals lebten in der Region genauso viele Menschen wie im 18. Jahrhundert! Kein Wunder, ist ja auch sehr schön hier!
Die Stadt Parsberg liegt auf einer Anhöhe im beschaulichen Tal der Schwarzen Laber. Das Flüsschen entspringt bei Neumarkt und schlängelt sich über 80 Kilometer südostwärts, bis es bei Regensburg in die Donau mündet. Ganz Genießer, lässt es sich Zeit, trödelt gemächlich durchs wunderbare Tal im Bayerischen Jura. Wiesen und Auen prägen die Landschaft, Wacholderheiden und steile Felsnadeln. Letztere laden geradezu ein, eine Burg oder einen Turm daraufzusetzen. Was auch oft genug geschah!
Ritter Wonnebold zeigt den Weg
Das Regensburger Land war im Mittelalter geprägt von über achtzig Burgen unterschiedlicher Größe und Bedeutung. Heute führen Burgensteige von Burg zu Burg – ein über 200 Kilometer langes Wegenetz, das vorhandene Wanderrouten nutzt.
Insgesamt fünf Burgensteige verlaufen in den Tälern von Schwarzer Laber, Naab und Regen sowie nordöstlich von Regensburg bei Donaustauf und bei Brennberg. Markiert werden sie vom Ritter Wonnebold auf weißem Feld. Manchmal werden sie ergänzt von Schleifenwegen, kaum länger als eine Tageswanderung.
Das Gelände ist vielseitig, teils anspruchsvoll. Es gibt keine vorgegebenen Etappen. Wer einen Burgensteig komplett wandert, teilt sich die Strecke individuell ein und sollte Unterkünfte vorher buchen. Man kann die Wanderungen auch mit Bus oder Bahn kombinieren.
Parsberg ist für Burgen-Aficionados, die auf dem Burgensteig im Tal der Schwarzen Laber wandern, ein guter Platz, die Zelte aufzuschlagen. Die Stadt liegt etwa auf der Hälfte des Flussverlaufs. Das „Romantik Hotel Hirschen“, nahe der Burg, verwöhnt uns mit modern gestylten Zimmern, exklusivem Wellnessbereich und Gourmetküche. Urige Absacker genießen wir im modern-rustikalen „Wir z’Haus“ eine Straße weiter.
Königsweg im Tal der Schwarzen Laber
„Im Mittelalter, etwa von 1200 bis 1300, verlief ein Königsweg durch das Schwarze-Laber-Tal, er war Teil der Fernstrecke, die von Nürnberg über Regensburg nach Wien führte“, erläutert Hans Skalet vom Förderverein des Burgmuseums. „Zum Schutz des Königswegs errichtete man vermutlich viele der Burgen.“
Ein weiterer Grund für den Burgenreichtum dürfte gewesen sein, dass sich in der Region keiner der großen Herrschaftsträger – Regensburger Bischof oder ein Herzog – durchsetzen konnte und es zahlreiche kleinere Herren gab.
Lupburg: „Bayerisches Golddorf “ inklusive
Die Lupburg, eine gute halbe Stunde Fußmarsch östlich, thront ebenfalls auf einem Jurakegel. Die Edelfreien von Lupburg, ein damals bedeutendes Adelsgeschlecht, ließen die Ur-Burg im 11. Jahrhundert errichten. Sie ist verfallen. Aber man erkennt noch Fundamente des Burgfrieds.
Von einer Aussichtsplattform hat man einen schönen Rundumblick. Zu seinen Füßen umgeben Schlossgebäude aus dem 16. und 17. Jahrhundert wie ein Hufeisen einen Hof. An den Burgberg schmiegt sich ein hübscher Marktkern mit renovierten bunten Häusern. Lupburg wurde dafür ausgezeichnet als „Bayerisches Golddorf “.
Unterhalb des Ortes, bei Eggenthal, überquerte einst ein mittelalterlicher Handelsweg die Laber auf einer Steinbrücke. Es gibt sie heute noch. Große, massive Felsquader schlagen einen Bogen übers Wasser. Jetzt wandern die Burgensteigler darüber.
Jurafelsen und Wacholderheiden
Die Laber ist an der Stelle etwa vier, fünf Meter breit. Bäume und Büsche säumen den Fluss. Ein gelb gefärbtes Blatt fällt ins Wasser, wird von der gemächlichen Schwarzen Laber mitgenommen. Langsam, sehr langsam. Entschleunigung pur. Nicht ohne Grund rührt der Name „Laber“ vom bairischen Begriff „lap“ her, was „träge, faul“ bedeutet. So lautet zumindest eine populäre Theorie.
Der Wanderweg begleitet den Fluss Richtung Seibertshofen, reizvoll zwischen Fluss und steilen Kalkmagerrasen, auf denen Kiefern und Wacholder wachsen. Auch Silberdistel, purpurfarbene Kartäusernelke und Thymian fühlen sich dort wohl.
Das Gras leuchtet fahlgrün in der Sonne, verstreut liegen große und kleine Jurafelsen herum oder ragen hoch auf. Nach einer scharfen 90-Grad-Kurve weitet sich die Laber wie zu einem kleinen Badeweiher – inklusive Holzsteg. Ein Fleckchen Wildnis aus Fluss, Wasserpflanzen und beeindruckenden Bäumen…
Wandern auf Ritterspuren
Burgruine Ehrenfels: Im Wald verschwunden
Burgen waren auch immer wichtige Landmarken. Wie die einst imposante Burg Ehrenfels bei Beratzhausen, einige Kilometer die Laber abwärts. Sie thronte weithin sichtbar auf einem gerodeten Bergkegel. Ironie der Geschichte: Heute verschwinden ihre Mauerreste im Wald, Buchen und Fichten überragen sie weit. Angkor Wat auf Oberpfälzisch! Auf einem romantischen Pfad durch hohen Wald kann man die Anlage erobern.
Die Burg wird in Zusammenhang mit einem „Chunradus de Ernvels“ erstmals 1256 erwähnt. „Ihre Entstehung dürfte auf das Bedürfnis der Bischöfe von Regensburg nach einem starken Stützpunkt gegen die konkurrierenden bayerischen Herzöge zurückgehen“, erzählt Robert Achhammer vom Förderverein der Burg. Der Verein engagiert sich für die aufwendige Instandhaltung der Burgruine. Fundamente werden freigelegt, Mauern stabilisiert, Bäume entfernt.
Geheimnisvolles Nichts: Burgställe
Ein kräftiger Wall und ein bis zu zehn Meter tiefer Graben umgeben das Gemäuer. Von den einst sieben Türmen lassen sich drei gut erkennen. Bemerkenswert: Ehrenfels bot einen besonderen Komfort. So heißt es in einer Chronik: „ein wolgelegen Bergkaus, darinn ein bestendig gutt Wasser“. Ehrenfels, eine der größten Burgen der Region, wurde später im Dreißigjährigen Krieg zerstört.
Und es geht noch einen Tick minimalistischer als Ruine: Wenn von einer Burg kaum mehr etwas übrig, sondern nur die Stelle erkennbar ist, an der sie stand, so spricht man von „Burgstall“. Die Wegschleife rund um Beratzhausen führt zu so einem geheimnisvollen Ort – auf schmalen, steilen Pfaden und nur für trittsichere Wanderer zu empfehlen: zum Burgstall Hohe Felsen.
Exponiert auf einem mächtigen Felsen, 40 Meter über dem Laber-Tal, hatte hier eine bescheidene Burg ihren Logenplatz. Von ihr übrig blieb allerdings nur die herrliche Aussicht.
Hoch über der Naab: Burgstall Lichtenroth
Will man mehr erfahren, wie Leben und Alltag der Rittersleut so verlief, macht man sich am besten auf den Weg zur Burg Wolfsegg. Die Tour startet beim barocken Kloster Pielenhofen an der Naab, nördlich der Laber. Eine Forststraße zieht das steile Westufer hinauf. Man wandert bergan unter dem grünen Blätterdach von Buchen und begleitet von bemoosten Felsen. Ist die Hangkante erreicht, sollte man Wonnebolds Fingerzeig folgen und einen Abstecher machen zum Burgstall Lichtenroth, einem verschwundenen Aussichtsposten auf steilem Felssporn über dem Tal.
Wieder zurück auf dem Wanderweg, erreicht man schon bald eine Hochebene und blickt, nachdem der Weiler mit dem schönen Namen „Biersackschlag“ passiert ist, auf das Örtchen Wolfsegg mit seiner Burg. Am Horizont im Nordosten zeigen sich die Höhen des Oberpfälzer und Bayerischen Walds.
Burg Wolfsegg: Mit ausgezeichnetem Museum
Burg Wolfsegg ist eine der besterhaltenen Burgen der Oberpfalz. Erbaut wurde sie Ende des 13. Jahrhunderts durch die Familie Wolf von Schönleiten und blieb seit 1500 weitgehend unverändert.
„Die Authentizität der Burg und das moderne Museum machen Wolfsegg zu etwas Besonderem“, freut sich Wolfgang Söllner, der sich seit vielen Jahren für den Förderverein der Burg engagiert. Auf einem Felsen mitten im kleinen Ort ragt der spätmittelalterliche Wohnbau mit halbrundem Turm auf.
Wehrmauern umschließen den Burghof. Über dem Turm flattert eine schwarz-gelb-blau gestreifte Fahne. „Die Burgen waren neben Wehrbauten vor allem wichtige Herrschafts- und Machtsymbole. Sie zeigten jedem, wo der Chef wohnt“, so Kurator Wolfgang Söllner lächelnd.
Der militärische Nutzen war überschaubar. Meist lebten in den Mauern nur die Herrscherfamilie und ein paar Knechte, die mit Waffen umgehen konnten. Eine kleine Burg wie Wolfsegg konnte sich gegen ein großes Heer kaum wehren.
Ja, so warn’s!
Das Museum der Burg erzählt auf zwei Stockwerken vom mittelalterlichen Ritterleben. Es wurde neu gestaltet und mit einem Denkmalschutzpreis ausgezeichnet. Die Räume sind hell und bedacht sparsam eingerichtet, die Texte auf den Schautafeln übersichtlich und gut verständlich, moderne Medien bieten zusätzlich Informationen.
Die Themen reichen von Waffen und Kampf, Dichtung und Musik über die Rechte von Frauen bis zur Ernährung. Erstaunlich: Die Menschen konsumierten damals große Mengen Bier und Wein. Bier und Wein enthielten weniger Krankheitskeime als das Trinkwasser – allerdings auch weniger Alkohol als heute.
Und wie jede Burg, die etwas auf sich hält, hat Wolfsegg neben Turmfalken auch ein Gespenst zu bieten: die Weiße Frau. Eine einstige Burgherrin wurde der Legende nach erst von ihrem Ehemann zu einer Buhlerei angestiftet und dann das Opfer seiner Eifersucht. Was sie bis in unsere Tage, verständlicherweise, nicht ruhen lässt … Noch heute gibt es Augenzeugen, die sie gesehen haben wollen!