Anna Winkler ist die Bayerische Bierkönigin 2025. Bei unserem Treffen mit ihr erfuhren wir, was es braucht, um den Thron der Bierkönigin zu erobern: Hopfen, Herz und Heimatverbundenheit
Unterwegs mit der Bayerischen Bierkönigin Anna Winkler
Eine erbliche Vorbelastung kann nett sein, besonders wenn handwerklich gebrautes Bier dabei herauskommt oder sogar ein Amt wie das der Bayerischen Bierkönigin. Am 22. Mai 2025 nahm die 30-jährige Anna Winkler im Festsaal des „Augustiner-Keller“ in München auf dem goldenen Barocksessel Platz. „Ich konnte es kaum fassen“, strahlt sie. „Warum ausgerechnet ich?“
Nicht nur Fachwissen, Anmut und Gewandtheit im Umgang mit Menschen, egal ob Biertrinker oder nicht, verhelfen den Kandidatinnen zu Nominierung und Sieg. Bei Anna Winkler sitzen außerdem die Vorfahren mit auf dem Thron.
Durststrecke mit Happy End
Die Sache kam so: Als dem Allgemeinarzt Dr. Peter Winkler, Annas Vater, irgendwo in Franken ein besonders feines, handwerkliches Bier gezapft wurde, meldete sich urplötzlich das Erbe seiner brauenden Vorväter. Selbst brauen! Ein alter Traum war das. Und so machte er ihn wahr. 2019 nahm Peter Winkler mit fünf Freunden sein neues Hobby in einer umgebauten alten Schmiede auf.
33 Jahre lang hatten die 2.230 Einwohner von Mainbernheim gedurstet. Alle fünf Brauereien der Gemeinde im Weinbaugebiet zwischen Kitzingen und Iphofen hatten nach und nach aufgegeben. Jetzt wird jeden ersten Samstag im Monat der Kessel angeworfen, um die Mainbernheimer muss man sich keine Sorgen mehr machen. Sie sind mit mehreren ausgezeichneten Sorten Bier versorgt.
Es waren das Team und die Kundschaft der „Brauschmiede“, die sie ermutigt haben, sich zur Königinnen-Wahl zu stellen
Bier liegt in der Familie
Anna hilft begeistert in der „Brauschmiede“ mit, wann immer ihr der Job als Sales-Managerin für Software Zeit dafür lässt. Vollbier, Bockbier und Dunkles hat sie schon gebraut, aber sie steht auch gern am Zapfhahn, spült Gläser, plaudert mit den Gästen und bedient.
Es waren das Team und die Kundschaft der „Brauschmiede“, die Anna ermutigt haben, sich zur Königinnen-Wahl zu stellen, also fast das ganze Dorf. Alle machten Werbung über soziale Netzwerke und Mundpropaganda.
Sie nimmt ein gerahmtes Foto von der Wand: „Das bin ich, als Dreijährige mit meinem Uropa. Wir halten gemeinsam ein Bier. Er war Brauer, der Opa und der Ururopa waren auch Brauer und Mälzer. Wegen diesem Bild behaupten manche Leute, ich wäre wie Obelix in den Zaubertrunk gefallen.“
Köstliches aus nur vier Zutaten
Als Sales-Managerin ist es für Anna eine Kleinigkeit, für den Zaubertrunk Bier auf Volksfesten, Messen und Werbeveranstaltungen Stimmung zu machen. Ihr Arbeitgeber ist stolz auf sie und ermöglicht ihr, die vielen Auftritte als Königin wahrzunehmen.
„Ich liebe Bier“, strahlt sie oft, und die Begeisterung wirkt echt. „Aus nur vier Zutaten entsteht so etwas Köstliches. Du bist vielleicht bisschen gestresst, dann trinkst du ein paar Schluck, und alles entspannt sich. Man darf halt nicht übertreiben. Klar verkoste ich überall Bier, aber ich muss ja nicht austrinken.“
Treffen mit einem Fass Bier
Wir sitzen im urigen Biergarten der Krautheimer „Brauerei Düll“, eine halbe Stunde mit dem schnittigen Königinnen-Passat entfernt. Vor Anna steht eine Halbe, dazu gibt es Brezn und Bierknacker. Ihr Krautheimer Helles lässt sie nicht nach ein paar Schlucken stehen – zu süffig ist es, zu schön die Stimmung unter den Edelkastanien. Mit der Brauereitochter Karo Düll ist Anna in die Schule gegangen.
Karo Düll setzt sich dazu. Annas neuer Freund Tim Kaetzler wird freundlich begutachtet, schließlich ist er fremd hier. Er kommt aus Ostfriesland, unvorstellbar anders muss es hinter den Deichen an der Nordsee zugehen, die trinken Friesenfeuer und solche Sachen. Den fränkischen Dialekt übersetzt ihm Anna manchmal, das Bier hingegen verträgt er mühelos. „Kommst du heute Abend?“, fragt Anna ihre Freundin. „Wir treffen uns bei einem Fass Bier wie immer im Garten mit der Clique.“
Bars und Clubs gibt es in Mainbernheim natürlich nicht, der Spaß wird privat organisiert. Die Altstadt mit mittelalterlicher Stadtmauer, Wehrtürmen und historisch interessanten Bürgerhäusern ist sehr hübsch, vom Tourismus noch nicht entdeckt und ruhig. Langweilig wird es nie, Anna Winkler findet hier alles, was sie braucht und liebt. „Ich bin so glücklich, dass ich von zu Hause arbeiten kann.“
Königin mit Programmiererfahrung
Als Hotelkauffrau, ihrem ersten Beruf, stand sie in Österreich in verschiedenen Hotels am Empfang, auch schön, aber sie hatte Heimweh und fühlte sich unterfordert. Anna machte das Abitur nach und begann eine Laufbahn bei der Polizei. Bis zur Hauptmeisterin ging das gut, aber sie hatte es mit allen Schlechtigkeiten der Welt zu tun. Die gibt es auch in der Provinz.
Streit, Unfälle, Drogen, Diebstahl und so weiter. „Nach viereinhalb Jahren wollte ich etwas anderes. Ich bin jung, es gibt erfreulichere Dinge im Leben für mich“, erinnert sie sich. „Ich habe programmieren gelernt und als Quereinsteigerin den perfekten Job bei meiner jungen IT-Firma gefunden.“
Mit Pferd Flora durchs Frankenland
Anna wohnt und arbeitet in ihrem eigenen Trakt im großen, über 400 Jahre alten Bürgerhaus der Familie im historischen Ortskern von Mainbernheim. Im Fitnessraum der Familie oder draußen im Garten kann sie Trompete üben, so laut sie will, aber das Beste ist der weitläufige Auslauf für ihr Pferd Flora. „Flora ist vierzehn, ich habe sie aus schlechter Haltung gekauft. Als irisches Hürdenlaufpferd hatte sie sich übel verletzt. Jetzt muss sie nichts mehr leisten“, sagt Anna und tätschelt Flora den Hals.
„Mit fünf habe ich reiten gelernt und meine Liebe zu Pferden entdeckt, mit achtzehn hatte ich mein erstes Pferd, Rammo, ein ehemaliges Fuchsjagdpferd. Es sind Gute-Laune-Pferde. Ich reite spazieren, durch Wiesen und Felder rund um Mainbernheim.
Doch die Zeit im Stall ist fast noch schöner, ich kann da total entspannen. Babbeln mit Simone, meiner besten Freundin, gehört manchmal dazu. Ihre beiden Pferde stehen auch bei uns. Die Winter verbringen sie bei ihr im Stall. Simone ist Bäuerin.“
Ziegen, Schweine und gute Freunde
Zurzeit muss sie Simone Krötsch ziemlich oft auf deren Biohof besuchen, um nach den Zicklein zu schauen. „Cuteness overload!“, ruft Anna begeistert, das heißt so etwas wie Überdosis an Niedlichkeit. Sie nimmt eines der kleinen, weißen, staksigen Ziegenbabys auf den Arm.
„Zum Ratschen und auf ein Feierabendbier treffen wir uns manchmal im Stall, wir sitzen dann im Stroh und haben eine gute Zeit.“ Im Koben neben den Ziegen grunzen zwei Schweine. „Ihr seid aber dick geworden“, lobt Anna die beiden, tadelt aber auch: „Dreckig habt ihr euch gemacht, Leberwurst und Schnitzel, reißt euch zusammen! Den beiden geht es super, und wenn sie nach einem guten Leben direkt auf dem Hof geschlachtet werden, gibt es tolles Fleisch.“
Ein gutes Bier für ein gutes Leben
Zum guten Leben fehlte noch gutes Bier. Klar, sie könnte gemütlich mit ihrer Oldtimer-Vespa zu den Krautheimern zockeln, aber nichts geht über eine eigene Dorfbrauerei. „Ein bisschen ist es wie früher, als es in jedem Marktflecken mindestens eine kleine Brauerei gab“, sagt sie.
„Die Leute haben ihre Kinder mit Steingutkrügen zum Bierholen geschickt. Unter den Zinndeckeln blieb das Bier lange kühl und frisch. Wer von der ‚Brauschmiede‘ Bier mit nach Hause nehmen will und nicht gleich ein Fass braucht, bringt leere Flaschen mit. Unser Braumeister experimentiert gerne, bis jetzt sind sieben hervorragende Sorten dabei herausgekommen.“
Von Mainbernheim nach Tokio?
Als Bierkönigin will Anna Winkler die Aufmerksamkeit auf die kleinen handwerklichen Brauereien lenken, die seit ein paar Jahren in Dörfern und Städten entstehen. Wer weiß, vielleicht dringt die Kunde von der „Brauschmiede“ sogar bis nach Japan. Auf dem Oktoberfest in Tokio wird Anna auf jeden Fall das Bayerische Bier feiern.