Vroni mit ihrem Lastenrad
Freisinger Heimatsound

Singen, jodeln und tanzen. Vroni Schweikl gehört zu den prägendsten Botschafterinnen bayerischer Volkskultur. Wir begleiteten sie auf einer Tour zu den Lieblingsplätzen ihrer Heimatstadt. Eine akustische Kostprobe gab es auf dem Weihenstephaner Berg

Lesezeit: 15 Minuten

Bayerische Volkskultur mit
Vroni Schweikl

Der Berg ist immer ein guter Ort zum Jodeln. Auch der in Weihenstephan. Vroni Schweikl steht an diesem späten Nachmittag auf der Aussichtsterrasse über Freising, mit Blick auf die Silhouette Münchens, holt Luft und stimmt freudig den Trallala-Jodler an, eines der vielen Stücke aus ihrem Repertoire.

„Hola-re-iri ho-e“ schallt es hinaus und „Holara-direi-dul-jo“. Ein Urlauberpärchen bleibt erstaunt stehen und zückt die Kamera. Unter den Arkaden zum „Bräustüberl“ lauscht eine Gruppe Studenten dem Gesang, der nun mit einer glockenklaren Urgewalt über das Land in Richtung Süden zieht. So wuchtig, dass es nicht überraschend käme, würde der mächtige Klang den diesigen Dunst hinter München zerstäuben und den Blick auf das verschleierte Bergpanorama weit hinten freilegen.

Vroni beim Jodeln auf dem Weihenstephaner Berg
Freisinger Innnenstadt

Gänsehaut ist garantiert, auch bei Vroni

Bei aller Intensität und Kraft ist Vronis Intonation aber vor allem ergreifend. Ein Gesang, der berührt und der nicht nur weit in die Ferne geht, sondern vor allem in die Tiefe. Auch bei ihr selbst: „Bei einem schönen Jodler“, so Vroni, „bekomme ich noch immer Gänsehaut.“

Ein schwülwarmer Sommertag, es ist noch Morgen, als schon finstere Gewitterwolken aus Allershausen herüberziehen und die Jodlerin, Sängerin und Volkstänzerin Vroni Schweikl aufbricht, um durch ihre Heimat zu führen. Durch ihr Freising. Die erste Station zum Frühstücken, das „Parkcafé“, ein gemütliches Lokal an der Moosach, jenem kleinen Bach, der sich in mehreren Verästelungen durch die Stadt schlängelt.

In Kranzberg, einer kleinen Gemeinde im Landkreis, wuchs sie auf. Die Mama aus Oberfranken, der Papa aus Niederbayern. Beim Studium in Weihenstephan lernten sie sich kennen und lieben, erzählt die Vroni bei einem Croissant.

Vroni vor der Gastwirtschaft Freisinger Augustiner

Volksmusik ist echtes Bauchgefühl

Die Eltern pflegten das bayerische Brauchtum, Volksmusik und Volkstanz, auch, als ihre Mutter mit ihr schwanger war. Das Gespür für die Tradition war für die ungeborene Vroni damals in jeder Hinsicht ein Bauchgefühl. Als Kind begleitete sie ihren Vater oft zu den Musikanten-Seminaren des Landesvereins für Heimatpflege.

Dort lernte sie Geige, Blockflöte und Kontrabass. Zudem daheim Klavier und autodidaktisch Gitarre. Es gab aber auch eine Phase, in der sie sich kurz von der Volksmusik entfremdete. Als Teenager durfte sie sich von manch kritischen Altvorderen unter den Traditionalisten anhören, warum um Himmels willen sie denn beim Volkstanzabend kein Dirndl trage.

Die Vroni wandte sich in jenen Jahren auch anderer Musik zu: Hip-Hop, Techno, Jazz. Sie begann zu rappen, erzählt sie nach dem Frühstück beim Spaziergang entlang des Fürstendamms zum Brunnen mit dem Freisinger Mohren.

Um den Mohren gab es immer wieder Aufregung. Erstmals erschien der gekrönte Afrikaner als „Caput Aethiopis“ im 13. Jahrhundert im Wappen des damaligen Bischofs. Vor einigen Jahren gab es eine Petition, die Figur zu entfernen, sie sei rassistisch konnotiert.

Selbst farbige Freisinger Mitbürger erklärten damals, sie würden sich nicht daran stören, sondern eher freuen über die Darstellung. Der Mann liege ja nicht in Ketten, sondern sei ein König. So blieb der Mohr im Wappen. Und auf dem Brunnen. Die Aufregung blieb bei aller gerechtfertigten Sensibilität für Darstellungen aus früheren Zeiten das, was an diesem Tag durch die Freisinger Straßen weht: viel heiße Luft.

Domberg Freising
Vroni mit dem Hut ihres Grossvaters

Der neue Lebensweg
am „Furtnerbräu“

Auf der nächsten Etappe Richtung Innenstadt erzählt Vroni, dass sie nach dem Abitur in Freising erst Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Musik und Bewegungserziehung studierte. In Benediktbeuern, in München, wo sie in der beschaulichen Birkenau in Untergiesing lebte, und in Regensburg. Zurück in Freising arbeitete sie als Erzieherin im Kindergarten und gab dann Unterricht, Klavier und Blockflöte sowie musikalische Grundfächer, bis sie im Frühjahr 2012 eines Tages durch die Obere Hauptstraße im Zentrum der Stadt ging.

Schon von Weitem hörte sie durch die offenen Fenster des nach langer Schließung wiedereröffneten „Furtnerbräus“, wie dort der „Niederbayerische Musikantenstammtisch“ aufspielte. Das Künstlerkollektiv verortet sich jenseits des Traditionalisten-Korsetts und interpretiert alte Volksmusik freudig entstaubt, groovig und tanzbar mit Wirtshauskompatibilität.

„Es war einer dieser vielen beglückenden Momente, in denen ich die Kraft der Volksmusik spürte“, sagt Vroni bei der Ankunft am „Furtnerbräu“, um hinzuzufügen, dass einer der Musikantenstammtischler später ihr Ehemann wurde und der Vater ihres gemeinsamen Sohnes. 

Vroni mit Gitarre

Touri-Highlight auf Bayern-Visite:
Ein Zwiefacher mit der Vroni

Damals, 2012, begann die Vroni im „Furtnerbräu“ mit Sing- und Tanzabenden, sie zeigte den Gästen, wie ein Boarischer geht, ein Landler, die Polka und der Zwiefache. Immer wieder waren, wie sie sagt, unter den Besuchern auch Touristen aus dem Ausland, die sich in der Nacht vor der Heimreise in Flughafennähe in Freising einquartierten und sich von der Vroni zum Mitmachen animieren ließen. Aufdanzt is.

Von manchen Besuchern habe sie danach gehört, die zwei Stunden Tanzboden seien das Highlight des gesamten Bayernurlaubs gewesen.

In diesem Moment hält Vroni inne und sagt, wie friedlich die Welt doch wäre, würden alle Menschen miteinander musizieren. Nach dem alten Münchner Motto vom Leben und leben lassen: Jodeln und tanzen lassen.

Ein Jahr ging das im „Furtnerbräu“ so, dann kam im Herbst 2013 das große Feuer. Unmittelbar nach dem 500-jährigen Jubiläum der Traditionsgaststätte brannte die Wirtsstube komplett aus, viele Freisinger stellten damals Grablichter vor dem Lokal auf. Doch die Pächter packten an und bauten den „Furtner“ wieder auf.

Schon bald eröffneten sie wieder mit zwei Räumen. Nach dem Eingang links der Veranstaltungssaal, in dem die Vroni zum Tanzen und Jodeln bat. Rechts das Wirtslokal, eine richtig gscheite Boazn als Treffpunkt für Jung und Alt. Was auch Karl Obermayr zu freuen scheint, den gebürtigen Freisinger und bekannten Volksschauspieler, der als Denkmal auf den Stufen zur Stadtmoosach sitzt, jenem einst unterirdischen Seitenarm der Moosach, den sie im Zuge der Altstadt-Neugestaltung wieder freilegten.

Eine seiner berühmtesten Rollen hatte Obermayr als grantiger Gastwirt in Helmut Dietls „Münchner Geschichten“, in denen er philosophisch über die Monotonie seines Alltags sinnierte: „In der Friah sperr ma auf und auf d’Nacht sperr ma wieda zua.“ Bleibt zu hoffen, dass sie im „Furtner“ nie für immer zusperren.

 Vronischaut durch das Türfenster der Szene Gastwirtschaft Furtnerbräu
 Vroni vor Fotos des abgebrannten Gastraum

Lieber Metallica als Musikantenstadl

Wieder aufgesperrt haben sie 2021 auch einige Häuser weiter. Nach einer Grundsanierung in den Räumen des alten „Café Zentral“ zog dort der „Augustiner“ ein. Von „gelebter bayerischer Wirtshauskultur“ sprach Stadtheimatpfleger Bernhard Reiml, als das Lokal 2023 den Stadtbildpflege-Preis verliehen bekam. Für die grundsoliden, bodenständigen und nicht verkitscht bajuwarisierten Interieurs, wegen der anständigen Küche, aber eben auch wegen der Brauchtums-Abende mit der Vroni im ersten Stock vom Gasthaus.

Tanz mit Live-Musik ist immer am dritten Dienstag im Monat. Mancher Teilnehmer erkennt dabei, wie sehr sich Volksmusik von volkstümlicher Musik unterscheidet. Eine Richtung, mit der die Vroni so gar nichts anfangen kann, weil es für sie falsch daherkommt, als anbiederndes Heile-Welt-Geträller fernab wahrer Traditionen. Da sei ihr Metallica im Zweifelsfall lieber als der Musikantenstadl.

Vroni Schweikl gehört inzwischen zu den prägendsten Botschafterinnen bayerischer Volkskultur. Mit ihren Auftritten beim Straubinger Gäubodenvolksfest, beim Freisinger Uferlos-Festival, dem Dachauer Volksfest oder auch zum wiederholten Male auf der Brass Wiesn in Eching.

Die Oma und der Sie im Schafkopf

Wenn’s die Zeit hergäbe, hätte sie noch viel mehr Ideen, Schafkopfkurse zum Beispiel, die sie früher schon mal gab. Die Vroni ist eine begeisterte Schafkopferin. Als Kind, so erzählt sie, hatte sie der Oma mal einen Sie abgehoben, vier Ober, vier Unter, das höchste denkbare Blatt, um ein Vielfaches unwahrscheinlicher als ein Sechser im Lotto. Die Karten rahmten sie ein und hängten sie an die Wand. Als die Oma starb, bekam jeder der nächsten acht Verwandten je eine Karte, auch die Vroni. So lebt die Oma im Schelln-Unter weiter.

Aber die Zeit ist eben begrenzt, sagt sie auf der finalen Etappe mit ihrem Lastenradl hinauf nach Weihenstephan. Als Dozentin für Jodelworkshops, Volkstanzkurse, Klavier- und Flötenunterricht, als Moderatorin zweier erfolgreicher Pubquiz-Abende im „Furtner“, als Lehrerin an der Berufsschule für angehende Erzieherinnen und Pädagogen, denen sie vermittelt, wie man Kindern Musik näherbringt. Und als Mutter eines sechsjährigen Sohnes.

Oben in Weihenstephan zieht nach Vronis Jodeleinlage der nächste Gewitterregen durch. Eine abschließende Brotzeit auf der regengeschützten Terrasse des „Bräustüberls“, dann geht es wieder hinunter nach Freising. Ein letzter Blick über die Balustrade des Aussichtspunkts: Von hinten aus der Ferne spitzen sachte einige Alpengipfel herüber. Die Wolken haben sich verzogen. Vielleicht lag’s am abklingenden Regen. Vermutlich aber doch an Vronis Gesang.

Anna und Pauline Steinmann vor dem Turmtheater in Sommerhausen
Gildeschild des Hotel Restaurant Sonnenhöfle in Sommerhausen

Genießer-Tipps von Anna und Pauline

Die zwei „Töchter“ verbringen ihre rare Freizeit mit ihrem Dackel oder bei der Hobby-Damenfußballmannschaft. Oder sie essen fränkische Bratwürste, bevorzugt mit Kartoffelbrei, zum Beispiel im Hotel-Restaurant „Zum Goldenen Ochsen“ in der Hauptstraße.

Das Haus wurde im 16. Jahrhundert gebaut und bereits 1704 als Gasthof unter heutigem Namen in der Ortschronik erwähnt. Zu den damaligen Übernachtungsgästen zählten Herzöge und Fürsten. Das hat sich geändert, ebenso die Karte. Mittlerweile ist das Restaurant mit vorwiegend regionalen Speisen mit dem Ehrenschild „Hier wird fränkisch gekocht“ und der „Bayrischen Küche“ ausgezeichnet.

Im Sommer trifft man sich in der Bar „Die 19“, direkt vor dem dazugehörigen Hotel „Sonnenhöfle“ an der Hauptstraße, zu Wein, Cocktails und Tapas. Ein Teil des Hotels wurde vor über 450 Jahren erbaut und steht unter Denkmalschutz.

Die Vinothek „Der Keller 1565“ im historischen Gewölbekeller des Hotels bietet Wein, Sekt, Spirituosen, Weingelees, Honig und Senf, alles von regionalen Erzeugern. Ein weiterer Tipp ist das nahe gelegene „Restaurant Philipp“. Das kleine Gourmet-Restaurant trägt seit etwa 20 Jahren ein Michelin-Stern für saisonale Gerichte, die vom französischen Kochstil inspiriert sind.

Wohnmobil Stellplatz des Weingut Steinmanns Töchter im fränkischen Sommerhausen

Zum Schluss noch ein paar Veranstaltungstipps von Steinmanns Töchtern: Im Mai, Juni und August gibt es sehr gut besuchte Weinfeste, im September ist Töpfermarkt und am ersten Oktober-Wochenende findet die Sommerhauser Kirchweih mit Tanz und Umzügen statt.

Wer mit dem Wohnmobil anreist, kann eine weitere Idee von Steinmanns Töchtern nutzen: Ein paar Minuten vom Main-Ufer und der Ortsmitte entfernt bieten sie ganzjährig zwanzig schöne Stellplätze an mit allem, was man braucht.

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