Der Naturpark Ammergauer Alpen vereint einzigartige Landschaften und Biotope. Unterwegs mit Rangern entdecken Besucher dabei auch fleischfressende Pflanzen. Diese kleinen Moor-Monster sind bildhübsch!
Naturpark Ammergauer Alpen
Es zirpt und piepst, summt und brummt. Über dem kniehohen Dschungel aus Wildblumen ragen die langen Ohrwascheln eines Feldhasen in die Höhe, Schmetterlinge flattern vergnügt über die Blumenwipfel. Auch Rangerin Deniz Göcen ist auf dem Wiesmahdweg jetzt ganz in ihrem Element, bei der Führung durch „ihren“ Naturpark Ammergauer Alpen.
Die staunenden Blicke der Gäste beweisen: Das Blütenmeer schafft nicht nur bei Insekten die ideale Voraussetzung, um schockverliebt zu sein in die Region. Die Südhänge oberhalb der Postkarten-Silhouetten von Oberammergau und Unterammergau sind so arten- wie aussichtsreich.
„Unser Naturpark ist einer der kleinsten, zugleich aber einer der vielseitigsten in Bayern“, schwärmt Rangerin Göcen, „mit fünf unterschiedlichen Landschaften: Wildfluss, Wälder, Gebirge, Moore und Wiesen.“ Biber fühlen sich in der Gegend ebenso wohl wie Steinadler.
Um sich einen Überblick zu verschaffen, kann man der Region aufs Dach steigen und den Gipfel der 2.185 Meter hohen Kreuzspitze erklimmen.
Wiesmahdweg: Flower Power und Weitblick
Noch schöner ist es allerdings, unter fachkundiger Führung die Höhenzüge vor den hohen Bergen zu durchstreifen. Die Bergwiesen dort bieten einzigartige Schnuppertouren. Denn im Ammertal hat sich eine der größten Berg-, Streu- und Wiesmahdlandschaft Bayerns erhalten.
Diese Wiesen im Naturpark Ammergauer Alpen zeichnet eine sehr große Artenvielfalt aus, dafür aber weniger Ertrag für die Landwirte im Vergleich zu intensiv genutzten Wiesen. Damit seltene Gewächse wie Enziane, Orchideen oder Schwertlilien sich wohlfühlen und auch für Nachwuchs sorgen können, darf erst spät im Jahr das erste Mal gemäht werden.
Nur dann haben die Pflanzen und die davon abhängige Tierwelt, wie Heuschrecken oder Schmetterlinge, eine Chance.
„Ohne die harte Arbeit der Landwirte, die diese Flächen zum Teil mit der Hand mähen und pflegen, würde man diese artenreiche Kulturlandschaft verlieren“, so die Rangerin, die sich mit ihren beiden Kollegen auch um das gute Miteinander von Landwirtschaft und Natur im Naturpark Ammergauer Alpen kümmert.
"Zum Schutz von Enzian, Orchideen und den Schwertlilien wird von Hand gemäht“
Apropos Schwertlilien: Unten an der Ammer wachsen und blühen ganze Felder davon, dahinter spitzt als hübscher Kontrast der Zwiebelturm der Kirche von Unterammergau empor.
Traumjob Rangerin
Die Region lag Deniz Göcen schon immer am Herzen. Geboren in Weilheim und aufgewachsen im Landkreis Garmisch-Partenkirchen, machte sie später ihren Bachelor in Geografie und einen Master in Agrarökosystemwissenschaften.
Vor dem Rangerjob im Naturpark Ammergauer Alpen arbeitete sie als Referentin für Landwirtschaft und Ökologie bei der Landjugend und engagierte sich bereits während des Studiums beim Bund Naturschutz. Der Wunsch, Rangerin zu werden, entstand während einer Mitarbeit im Naturpark Karwendel.
„Es ist ein Traumjob, draußen zu arbeiten, Menschen etwas über die Natur zu erklären und auch der Heimat, die ich so liebe, was zurückzugeben und sie zu schützen!“
Wasser marsch: Schleifmühlklamm
Bei den Ranger-Führungen wird der 227 Quadratkilometer große Naturpark Ammergauer Alpen zum spannenden Freiluft-Klassenzimmer. Ein buchstäblich erfrischender Abstecher an diesem heißen Sommertag ist ein Besuch der Schleifmühlklamm bei Unterammergau, an deren Eingang früher die Wetzsteinmacher aktiv waren.
Unterm Blätterdach des Bergwalds und über kleine Brücken windet sich der Weg hinauf, er führt an mehreren rauschenden Wasserfällen und glasklaren Gumpen vorbei.
Naturpark Ammergauer Alpen: Soier See
Ein eher stilles Gewässer ist dagegen der Soier See, ein Landschaftsschutzgebiet fast mitten in Bad Bayersoien, dessen Ufer bereits von den Kelten besiedelt war. Vielleicht hatten sie sich hier auch schon ein Moortretbecken angelegt. Heute kann man in Bad Bayersoien rund um den See zur Ruhe kommen und Libellen, Sonnentau, Orchideen und Enziane beobachten.
Der Waldboden unter den Füßen nahe des Sees gluckert und gluckst, gurgelt und schmatzt. Ein plüschiger Moosteppich bedeckt den Boden, unter dem sich das Moor als ein bis zu sieben Meter dicker Schwamm betätigt.
Am Waldrand nahe des Ufers quillt ein kleiner Bach aus dem grünen Teppich, taucht unter den Seeuferweg hindurch, um dann in den See zu plätschern, der wie ein Auge inmitten der Hügellandschaft des Ammergauer Moors wirkt.
Ammergauer Moore: Ökologische Juwelen
Die Ammergauer Moore zählen zu den ökologisch wertvollsten Gebieten im Naturpark, schließlich wurden die meisten Moorgebiete am Alpenrand über die Jahrhunderte hinweg trockengelegt. Moore sind nach der letzten Eiszeit entstanden, als riesige Mengen Schmelzwasser zu Seen wurden.
"Moore speichern mehr CO₂ als alle Wälder der Erde"
Diese Seen sind verlandet und es haben sich Moore gebildet, in denen unter anderem Moose wachsen und absterben, dann aber nicht mineralisiert werden wie auf dem Kompost, sondern durch die Nässe und die sauren Bedingungen zu Torf werden.
„Aus diesem Grund sind Moore ein wichtiger Schlüssel beim Klimawandel“, erklärt Rangerin Göcen auf dem Moorlehrpfad nahe des Sees. „Intakte Moore nehmen CO₂ auf und speichern es. Moore bedecken nur drei Prozent der Landoberfläche, speichern aber mehr CO₂ als alle Wälder der Erde zusammen.“ Außerdem sind Moore durch ihre Nässe, sauren pH-Wert und Nährstoffarmut auch Lebensraum für seltene Pflanzen und Tiere.
Roter Sonnentau: Winzig, aber raffiniert
Um einen der faszinierendsten Moorbewohner zu entdecken, muss man allerdings genau hinschauen. Auf einem Holzsteg, der vorbei an Birken und Kiefern hinaus aufs Moor führt, gelangen wir zu einer Aussichtsplattform, an deren Rand wir uns hinknien und mit der Nase fast schon ins Moos eintauchen.
Der leuchtend rote Sonnentau mit seinem kleinen Strahlenkranz klebriger Tropfen ist nämlich nur so groß wie ein Daumennagel, hat es aber faustdick zwischen seinen Blättern. Mit seinem Spezialkleber fängt er Insekten, um so die kärgliche Nahrung, die der Boden ansonsten zu bieten hat, aufzubessern.
Zum Abschluss der Tour durch den Naturpark Ammergauer Alpen geht es wieder hoch hinaus: am Abend auf den Wetzsteinrücken bei Saulgrub. Der Höhenzug ist so genannt, weil er geformt ist wie die Wetzsteine, mit denen die Steinwetzer der Schleifmühlenklamm steinreich wurden.
900 Meter hoch gelegen, ist der Wiesenkamm perfekt, um den Blick noch mal über den Naturpark schweifen zu lassen, vom Hörnle über Kofel, Sonnenberg- und Pürschlinggrat bis zur Zugspitze. Die Ammergauer Alpen im XXL-Format und, zur späteren Stunde, in allen Nuancen von Rot. Einen besseren Platz für den Sonnenuntergang gibt es kaum.
Mehr Infos unter: naturpark-ammergauer-alpen.de
Rangerführungen
360°-Panoramabild
Rundumblick von der Kriegergedächtniskapelle oberhalb des Soier Sees aus