Was Bayerns Berge zu bieten haben, kann München auch: Eine Wandertour durch die Landeshauptstadt ist erfrischend, aussichtsreich – und auf ein Märchenschloss muss man dabei auch nicht verzichten!
Stadtwandern in München
Anzeige | Zwischen den schicken Villen von Bogenhausen, wo sich ein Konsulat an das andere reiht, wird es an diesem heißen Sommertag ganz schön mollig. Der Brunnen unterm Friedensengel kommt da wie gerufen.
Zeit für eine erste Wanderpause unter schattigen Bäumen und den Fittichen eines goldenen Engels hoch über uns – der gar keiner ist. Was da auf der turmhohen Säule flattert, so erfahren wir, stellt die Siegesgöttin Nike dar. Seit 1899 steht sie hier ganz unschuldig hoch über der Isar und erinnert an das Ende des Deutsch-Französischen Kriegs 1870/1871.
Eine Wanderung quer durch eine Großstadt, in der das nächste Monument oder Museum meist schon hinter der nächsten Häuserecke wartet, ist sportlich und, mit kompetenter Begleitung, erhellend zugleich. Zwölf Kilometer lang ist die Ost-West-Passage durch München, die neben jeder Menge Kultur auch viel Grün und erfrischende Stopps bietet. Das macht das Trekking durch den Stadtdschungel, das ganzjährig möglich ist, auch an einem heißen Sommertag noch vergnüglich.
Unser Weg führt weiter durch die Alleen der Maximiliansanlagen am Isarhochufer entlang, durchs Viertel der „Großkopferten“, wie ein grantelnder Münchener es wohl beschreiben würde: Einige der üppigen Jugendstilvillen in der Maria-Theresia-Straße sehen aus wie Schlösser. Am Bogenhausener Kirchplatz am Ende der Straße fühlt sich der Stadttrip dann an wie eine Landpartie. Münchner Persönlichkeiten und Künstler wie Liesl Karlstadt, Erich Kästner, Rainer Werner Fassbinder und Helmut Fischer fanden auf dem hübschen Friedhof nebenan ihre letzte Ruhe.
Ruheoase und trubeliges Leben: Englischer Garten
Nächstes Etappenziel ist der Englische Garten. Er ist einer der größten Stadtparks der Welt und an einem schönen Sommersonnentag wie heute das Ziel vieler Besucher. Touristen aus dem Mittleren Osten amüsieren sich hier über die Nacktbader auf der Schönfeldwiese.
Durch den Eisbach, der seinen Namen zu Recht trägt, lassen sich ganze Menschentrauben von der Strömung mitreißen und sehen dahindümpelnd aus wie Flöße aus Treibholz.
An der Eisbachwelle stehen die Surfer Schlange, bei den Eisdealern die Kunden, und auch der Wasserfall, wo sich Eisbach und Schwabinger Bach treffen, hat regen Zulauf.
Wir tauchen unsere Füße ins eiskalte Wasser, erfrischen uns danach weiter im Biergarten am Chinesischen Turm und genießen anschließend die Aussicht vom Monopterus. Der Rundtempel im griechischen Stil ziert seit fast zweihundert Jahren den Park und wurde schon besungen. „I renn nackert durch‘n Englisch‘n Gart‘n, sitz high aufm Monopteros, I kauf ma a Mass am Chinesischn Turm und flanier mit Dir auf da Leopoldstraß'“, so fasst beispielsweise die Spider Murphy Gang in „Sommer in der Stadt“ das Schwabinger Lebensgefühl samt Tempelchen auf dem Grashügel zusammen.
Eher wissbegierig statt high geht’s weiter in Richtung Ludwig-Maximilians-Universität. Zunächst erreichen wir den Professor-Huber-Platz, dann den Geschwister-Scholl-Platz jenseits der Ludwigstraße. Beide sind benannt nach Mitgliedern der Widerstandsbewegung „Weiße Rose", die sich im Zweiten Weltkrieg gegen das Nazi-Regime auflehnte.
Vor dem Uni-Haupteingang wurden steinerne Nachbildungen von Flugblättern ins Pflaster eingelassen, mit denen die Gruppe einst protestierte. Am Lichthof im Inneren der Universität befindet sich außerdem die „Denkstätte Weiße Rose“. Die Dauerausstellung ist ein zentraler Erinnerungsort der Geschichte der Gruppe.
Kunstareal München
Wir wuseln durchs Studentenviertel rund um die Amalienstraße weiter bis zum Kunstareal. Hätten wir jetzt ganz viel Zeit, könnten wir den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen einen Besuch abstatten: Alte Pinakothek, Neue Pinakothek, Pinakothek der Moderne – und das Ägyptische Museum gleich mit dazu!
Wir belassen es bei Grafitti-Art am ausrangierten MAN-Schienenbus, mit chilliger Musik und Kaltgetränken: Das ist das „Minna Thiel“ auf einer Wiese im Kunstareal. In Kooperation mit Regisseurin Doris Dörrie und der Hochschule für Fernsehen und Film gibt es im Open-Air-Club mit Hippie-Look den ganzen Sommer lang Lesungen, Workshops und Live- wie DJ-Musik.
Ans alte Athen erinnert fühlt man sich – wenn hier nicht gerade Weltstars auftreten oder riesige Sportevents stattfinden – auf dem Königsplatz mit seinen klassizistischen Gebäuden Glyptothek, Propyläen und der Staatlichen Antikensammlung.
König Ludwig I. hatte einen ausgeprägten Griechenland-Spleen und träumte davon, München in ein „Isar-Athen“ zu verwandeln. Sein Haus- und Hofarchitekt Karl von Fischer plante den Platz, der damals noch am Rande der Stadt lag, nach dem Vorbild der Akropolis. Vorbei am Lenbachhaus mit seiner weltweit größten Sammlung von Künstlern des Blauen Reiters, geht es weiter zum Kreativquartier beim Leonrodplatz. Aus der ehemaligen Luitpoldkaserne wurde hier ein Hotspot für Künstler und Designer.
Nymphenburger Schlosspark
Als die Sonne schon tief am Himmel steht, erreichen wir via Dom-Pedro-Straße den Nymphenburger Kanal. Genau die richtige Lichtstimmung, denn die schnurgerade kleine Wasserstraße, auf der Mücken tanzen, Schwäne paddeln und, auf den kleinen Brücken sitzend, Pärchen knutschen – alles herrlich romantisch.
Der Hubertusbrunnen, ein überdachter kleiner Tempel mit dem Standbild eines Hirschen im Inneren, markiert das Ostende des Kanals, Schloss Nymphenburg ist ab jetzt immer im Blick. Und wirkt bereits hier, mehr als einen Kilometer entfernt, riesig.
Kurfürst Ferdinand Maria hatte das Schloss zur Mitte des 17. Jahrhundert als Geschenk an seine Frau Adelheid von Savoyen in Auftrag gegeben, als sie ihm den lang ersehnten Thronerben geboren hatte. Jahrhundertelang diente der prunkvolle Bau den Wittelsbachern als Sommerresidenz. Heute darf jedermann hinein, auf den ausladenen Balkonen König und Königin spielen und sich dann in den traumhaft schönen Gärten verlustieren, zusammen mit schnatterndem Federvieh, das vergnügt in den Brunnen und Teichen planscht.
Gut zu wissen
Toll ist, sich auf den Münchener Stadtwander-Routen zumindest ein Stück des Weges von Münchener Stadtführern begleiten zu lassen: Jeden zweiten Sonntag steht dabei die Etappe von Bogenhausen bis zum Kunstareal auf dem Programm. Es gibt übrigens auch eine geführte „Olympia“-Wanderung vom Olympischen Dorf bis Schwabing.
Mehr Infos unter Stadtwandern.München