München ist eine Metropole, fühlt sich aber vielerorts weitaus entspannter an. Unterwegs zu Küche und Kunst, durch Klein-Paris und einen inspirierenden Stadtteil, der sehr viel schöner ist als sein Name
München und seine Viertel
Anzeige | Übersehen kann man „Ella“ nun wirklich nicht. Das Restaurant im Lenbachhaus sieht aus wie eine riesige Geschenkbox, die eingepackt ist in goldenes Papier mit Streifen. Der schicke Kubus bietet gleichsam auch drinnen Edles.
Inhaber Michael Hausberger führt seit der Eröffnung vor zehn Jahren auch die Regie in der Küche. Zu Kreationen wie gefüllten Steinpilzgnocchi mit Salbei, Kräuterseitlingen und Belper Knolle etwa gibt es obendrein eine einzigartige Aussicht auf die Propyläen: Durch das klassizistische Riesentor mit antik-griechischen Anleihen blickt man auf den Königsplatz, den mit der Staatlichen Antikensammlung und der Glyptothek noch zwei weitere Gebäude im Tempel-Look einrahmen.
Maxvorstadt: Kunst, Samt und wahre Größe
Mehr Marmor-Grandezza geht kaum. Mehr „Blauer Reiter“ als nebenan im Lenbachhaus auch nicht. Die Villa im Toskana-Stil beherbergt die weltweit größte Sammlung von Werken der Künstlergruppe um Gabriele Münter, Wassily Kandinsky und Franz Marc. Auch fürs First Date ist „Ella“ ideal: Sollte man sich dabei nichts zu sagen haben, entschädigt diese Lage allemal.
Weltstadt-Flair mit Weite am Königsplatz, chillige kleine Fluchten links und rechts davon: Vorbei am historischen Garten des Lenbachhauses, wo das Wasser in den Brunnen plätschert, vorbei an den Geografie-Studenten, die im kleinen Park am Königsplatz die Mittagspause genießen, taucht man ab in die ruhigen, langen Straßen der Maxvorstadt. Anfang des 19. Jahrhunderts fand hier, wie der Name schon verrät, unter König Max I. Joseph die erste Stadterweiterung Münchens statt.
Die Ludwigstraße mit ihren opulenten Bauten nach römischen und florentinischen Vorbildern gehört ebenso zum Viertel wie die zahlreichen Museen: die Pinakotheken, das Museum Brandhorst, das Lenbachhaus, die Staatssammlung Ägyptischer Kunst und das NS-Dokumentationszentrum.
Der Englische Garten schließt sich im Osten an und ist immer nur ein paar Gehminuten entfernt, im Norden geht die Maxvorstadt ins legendäre Schwabing über, jenes Bohème-Viertel, das bereits in der Prinzregentenzeit Berühmtheit erlangte und in den wilden 1970ern zum Kult wurde, der bis heute anhält.
Kult ist auch das „Café Jasmin“. Das samtig-grüne Mobiliar mit Kronleuchtern ist noch das Original aus den 1950ern und steht sogar unter Denkmalschutz. Die Speisen dagegen sind frisch, so wie auch die Live-Musik, die hier regelmäßig zu hören ist. Frühstück gibt‘s bis 16 Uhr, schließlich ist die Maxvorstadt das Studentenviertel Münchens: 120.000 Studierende sind eingeschrieben in den beiden Universitäten im Viertel, lernen, leben und feiern hier.
Haidhausen: Klein-Paris und Hirschgulasch
Der „Preysinggarten“ ist gar kein Garten, fühlt sich aber so an, selbst an den Tischen auf dem Gehweg. So wie einen vielerorts in Haidhausen eher Dorfidylle als City-Trubel erwartet. Seit 1893 gibt es die Gastwirtschaft mit der lauschigen Außenfläche, bis heute überdauert haben die hohen Bogenfenstern und gusseisernen Säulen im Innenraum. Bayerisch aus Tradition, weltläufig wie die Bewohner des beliebten Wohn- und Ausgehviertels, das spiegelt auch die Speisekarte: Thai-Curry und Hirschgulasch sind hier gleichermaßen beliebt.
Apropos Tradition: Kaiser Karl der Große schlurfte noch durchs Reich, da tauchte im Jahr 808 der Name Haidhausen erstmals in einer Urkunde auf, weit früher als die Münchner Altstadt. Nicht ganz so alt, doch immerhin aus dem 19. Jahrhundert stammend sind die kleinen Herbergshäuschen am Wiener Platz und in der Preysingstraße, die fast schon an Puppenstuben erinnern.
Verwinkelte Straßen mit Kopfsteinpflaster, alte Handwerksbetriebe, inhabergeführte Läden, Cafés und viel Grün an den Straßen und in den Hinterhöfen lassen öfter mal vergessen, dass man sich mittendrin in München mit seinen immerhin fast 1,5 Millionen Bewohnern befindet.
Fünf Gehminuten vom „Preysinggarten“ entfernt würde man sich dagegen nicht wundern, wenn sich plötzlich der Eiffelturm zur Skyline aus Kirchen gesellen würde: Im sogenannten Franzosenviertel tragen die Straßen sogar die Namen französischer Städte, die Grünanlagen am lang gestreckten Bordeauxplatz und rund um die Brunnen von Weißenburger Platz und Pariser Platz wurden nach französischen Vorbildern angelegt.
Wie die Strahlen von Sternen zweigen die Straßen mit ihren hohen Häuserfassaden hier von den engen Kreisverkehren ab. Typisch bayerisch hingegen ist die Bierkultur. Am Isarhochufer entstanden über den Bierkellern einst die ersten Biergärten der Stadt. Geblieben ist in Haidhausen noch der Hofbräukeller am Wiener Platz.
Schlachthofviertel: Leben in Bunt
Ein Ausflugsdampfer hat quer über der Straße liegend seinen letzten Hafen gefunden: Die „Alte Utting“, die in ihrer aktiven Zeit Passagiere über den Ammersee beförderte, ist zum Wahrzeichen eines Stadtteils geworden, in dem alles etwas anders und bunter ist. In der buchstäblich schrägen Bar kann man die Aussicht übers Schlachthofviertel genießen, vom alten Südbahnhof bis zur Großmarkthalle.
Eine Etage tiefer befindet sich an einer Straßenecke die „Gruam“, der kleinste Club der Stadt. Der froschgrüne Außenlook ist auch bei Tage betrachtet sehenswert. Zur weiteren Graffiti-Beschau sollte man von hier aus die Viertelrunde durch die Tumblingerstraße fortsetzen, bei den Farben und Formen an der Open Wall kann einem ganz blümerant werden.
Erst recht am „Bahnwärter Thiel“, wo aus ausrangierten Tramwagen, U-Bahn-Waggons und Schiffscontainern ein kunterbuntes Kulturzentrum entstand.
Was anderswo nicht geht, geht im Schlachthofviertel, seit der Viehhandel und große Teile der Fleischproduktion weggezogen sind. Mit Clubs und Kneipen und Backstein reloaded, denn auch die historische Industriearchitektur aus Ziegeln, teils 150 Jahre alt, wurde mit neuem Leben gefüllt. Im „Wirtshaus am Schlachthof“ etwa, das bekannt wurde durch Ottfried Fischers TV-Kabarett. Oder im neuen Volkstheater.
Wer zwischendurch Appetit bekommt, ist rund um die Großmarkthalle richtig. Die Thalkirchner Straße gilt mit als Münchens köstlichste Meile. Ob japanische Edelküche, italienische oder mexikanische Lokale oder eine Craftbeer-Bar – hier ist München mit einem Mal wieder ganz Weltstadt!
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