Weinwanderung in Bayern: Eine kleine Gruppe wandernt am St. Urban-Bildstock vorbei, auf dem Weinwanderweg von Randersacker
Wandern, wo der Wein wächst

Weinwanderwege laden dazu ein, sich auf genussvolle Weise Wissen über den hier wachsenden Wein anzueignen - in Theorie und Praxis. Wir stellen acht Wege im Wein-Dorado Franken vor, mal kurz, mal lang, aber alle berauschend schön

Lesezeit: 15 Minuten

8 x Weinwandern in Franken

Weine aus Frankens Steillagen verdanken ihren ganz individuellen Charakter der intensiven Sonneneinstrahlung. Die trocken-warmen Weinhänge mit bis zu 80 Prozent Steigung sind aber auch ein besonders artenreicher Lebensraum für Pflanzen und Tiere.

Die Winzerinnen und Winzer fördern die Artenvielfalt durch Blühstreifen, Nistmöglichkeiten und den Erhalt der traditionellen Trockenmauern. Dort brüten Vögel und jagt das Mauswiesel. Mit etwas Glück sieht man Zauneidechsen. Diese selten gewordenen Tiere brauchen Trockenmauern als wichtigen Lebensraum.

Zwölf fränkische Winzerinnen und Winzer haben die Ethos-Gruppe gegründet. Sie alle haben sich der ökologisch und sozial nachhaltigen Bewirtschaftung ihrer Weinberge verschrieben. Diese Werte und wie sie umgesetzt werden, vermitteln die Winzer mit Wein-Weit-Wanderungen und Veranstaltungen wie Meet the Winzer.

Blick auf den Aussichtspunkt terroir f Churfranken in Erlenbach

Volkach: Wandernde Weinprobe terroir f

Die Volkacher Mainschleife ist eine Schau, dreht sich der Fluss im unterfränkischen Landkreis Kitzingen doch aus einer Laune der Natur heraus fast einmal im Kreis. Dieses Kurvenwunder lässt sich von oben besonders gut betrachten, etwa vom „terroir f Volkach-Escherndorf“. Kenner wissen, dass „terroir“ für den geschmacksprägenden Boden und das „f“ für Franken steht und beides zusammen für Aussichtspunkte, an denen die Magie des Frankenweins besonders zu spüren ist.

Dafür sorgen didaktisch gut aufbereitete Begleitinfos. So prangen auf den Stufen, hinauf zum Bellevue Zitate zur Erntemenge und zur Qualität von außergewöhnlichen Weinjahrgängen. Die Gegenwartssituation, konkret die Einflussfaktoren des Klimas auf den aktuellen Wein dokumentiert eine digitale XL-Präsentation.

Ganz analog geht es bei den regelmäßign geführten Rundwanderungen zu. Gegen einen Obolus erfahren Gäste, die sich bis einen Tag vorher angemeldet haben sollten, von einem Guide Wissenswertes über den Wein (insbesondere den Escherndorfer Lump), die Landschaft und die Arbeit der Winzer in den steilen Weinbergen. Durch diese geht es entlang des Panoramawegs Richtung Escherndorf und zurück. Damit die Wissensvermittlung nicht zu „trocken“ rüberkommt, werden unterwegs verschiedene Weine verkostet.
gwf-frankenwein.de | volkach.de

Gravelbiker zwischen Weinreben

Zeil am Main: Abt-Degen-Steig

Das Fachwerkstädtchen Zeil am Main liegt zwischen den Ausläufern des Steigerwalds und der Haßberge, und damit auch auf der Grenze zwischen fränkischem Wein- und fränkischem Bierkosmos. Die seltene Koexistenz beweisen nicht zuletzt die Brauerei „Göller“, eine der ältesten Bayerns, mit Biergarten und Craftbierspezialitäten, und das unweit entfernte und nicht minder bekannte „Weinhaus Nüßlein“.

Letzteres bezieht wie viele andere seine Trauben aus dem hiesigen Abt-Degen-Tal, benannt nach Alberich Degen. Der Abt des Zisterzienserklosters im nahen Ebrach war es, der 1665 Silvanerreben nach Franken brachte und mit dem Anbau begann. Wie stattlich sich sein Projekt entwickelte, kann man am Ortsrand bewundern, wo sich die Reben in breiter Front den Hang hinaufziehen. Durch diese ziehen sich unterschiedlich lange Rundwege für Wanderer.

Der Hauptweg, der Zeil am Main mit den Orten Ebelsbach-Steinbach und Ziegelanger verbindet, ist der mit einem grünen Bocksbeutel-Symbol markierte Abt-Degen-Steig. Auf knapp acht Kilometern führt er über alte Winzertreppen und vorbei an urigen Weinbergshäuschen durch die teilweise recht steilen Weinberge. Man kann sich vorstellen, dass Pflege und Lese auch heute noch Handarbeit bedeuten. Schautafeln informieren nicht nur über die Weingeschichte der Region, sondern auch über mögliche Erweiterungen der Tour.

abt-degen-weintal.de

Steigerwald: Mittelgebirge in Oberfranken, das sich zwischen Schweinfurt und Bamberg erstreckt

Handthal im Steigerwald: Waldläufer und Weinpanorama

In Handthal wird Genuss groß geschrieben: Auf 120 Einwohner kommen sechs Gastrobetriebe, wow! Diese Ballung überzeugte auch eine Jury zur Aufnahme in die Riege der „100 besten Genussorte Bayerns“. Wer vor der Einkehr Appetit auf Natur hat, findet in der attraktiven Dauerausstellung des nahen Steigerwald-Zentrums Anregungen oder stillt ihn „ohne museale Vorspeise“ direkt mit dem leichten Rundweg „Waldläufer und Weinpanorama“.

Da ist der Name Programm, führt doch die Route im hinteren Teil des idyllischen Handthals sowohl durch Weinhänge als auch Buchenwälder. Interessant sind Landmarken wie das Steinerne Kreuz am historischen Rennweg Würzburg-Bamberg und die Ruine Stollburg. Dort, wo angeblich der Minnesänger Walther von der Vogelweide geboren wurde, genießen Wanderer heutzutage Top-Ausblicke auf die Fränkische Keuperebene.

Einblicke in die über 8.000 Jahre alte Geschichte des Weins vermittelt der hier abgehende „Weg der Erkenntnis“. Schließlich wartet der Handlauf, der die 267 Stufen hügelabwärts begleitet, mit jeder Menge Infos auf. Im Fokus steht der einst von den Zisterziensern eingeführte lokale Weinbau, heutzutage Frankens höchste Rebenlage. Wer noch tiefer eintauchen will, studiert obendrein die Infotafeln bei der nahen Aussichtsplattform des „terroir f Handthal“.
fraenkisches-weinland.de

Weingut Schenk: Die frisch geernteten Silvaner-Trauben des Familienbetriebs

Kolitzheim: WeinKultTour

Wenn eine Rundtour als offizieller Weinwanderweg zertifiziert ist, darf man eine gewisse Qualität erwarten. Und die ausgezeichnete Tagestour rund um Lindach, Zeilitzheim, Gaibach und Stammheim enttäuscht wahrlich nicht. Schließlich führt der top ausgeschilderte Weg durch eine ebenso sanfte wie abwechslungsreiche Hügellandschaft – mal über Wiesen und durch Weinberge, mal an Spargelfeldern entlang und durch Streuobstwiesen. Interessant, was Gästeführer so alles erzählen über die Geschichte des Frankenweins, das Frankenland an sich und seine Menschen im Besonderen.

Man kann aber auch auf eigene Faust losziehen. Los geht es am Marktplatz von Zeilitzheim, das mit seinen gut erhaltenen historischen Gebäuden und dem barocken Landschloss allein schon einen Besuch wert ist. Weiter geht es entlang des Volkachbachs hinauf zur Zeilitzheimer Weinbergshütte mit Panoramablick über die Landschaft des Landkreises Schweinfurt. Dann die Frage: Erst zum Rebsortenlehrpfad oder gleich weiter über Gaibach, Standort zweier Weinlagen, nach Stammheim, dem größten Weinort Kolitzheims? Groß ist auch ein Kunstwerk, das sich am Hang des Eselsbergs erhebt. Das „Bocksbeutelweingut Scheller“ hat den mit sechs Metern wohl größten Bocksbeutel der Welt aus Stahl errichten lassen. Der unvermeidliche Durst lässt sich in den Gasthäusern von Stammheim stillen, bevor es über die Marienkapelle bei Lindach zurück nach Zeilitzheim geht.
weinkulturland.de

Churfranken: Fränkischer Rotweinwanderweg

Churfranken: Fränkischer Rotwein Wanderweg

Franken, das ist Silvaner, Bacchus oder Riesling im Bocksbeutel. Doch wer dabei nur an Weißwein denkt, liegt falsch - zumindest in Churfranken, das seinen Namen den Mainzer Erzbischöfen und Kurfürsten verdankt, die bis 1803 über das Maingebiet zwischen Spessart und Odenwald herrschten.

Südlich von Aschaffenburg, im Dreiländereck Baden-Württemberg, Bayern und Hessen, wird viel Rotwein angebaut. Auf dem Fränkischen Rotwein Wanderweg kann man sich davon überzeugen. Rot leuchten nicht nur einige der besten deutschen Spätburgunder in den Gläsern, sondern auch die Sandsteinterrassen entlang der 79 Kilometer langen Route. Sie verläuft an den Hängen der Odenwaldausläufer und schließlich zu beiden Seiten des Mains.

Konkret schlängelt sich der Weg von Großwallstadt auf ausgesucht schönen, teils pfadähnlichen Strecken durch die Weinberge bis nach Bürgstadt im Süden. Ob der Wanderer fünf, sechs oder sieben Tage unterwegs sein will, hängt neben Zeit, Lust und Kondition auch davon ab, wie lange er in den Häckerschenken, wie die Buschenschenken hier heißen, einkehren will.

Generell lässt sich sagen: Mit einem Wanderführer ist vielleicht etwas mehr Struktur zu erwarten (nicht zuletzt dank der entspannten Vorreservierung der Unterkünfte), aber auch „solo“ muss niemand auf Wissensvermittlung verzichten. Dafür sorgen 15 Hörstationen entlang des Weges. Gut zu wissen: Wer nur eine oder zwei Etappen wandern möchte, wählt am besten die zwischen Erlenbach und Klingenberg. Dort führt der Weg an einem steilen Uferhang hoch über dem Main durch das schöne Gebiet des „terroir f Churfranken“.

churfranken.de

Bamberg: Die Welterbestadt Bamberg ist eine der größten erhaltenen Altstädte Europas

Bad Windsheim–Bamberg: Steigerwald-Panoramaweg

Der als Qualitätsweg Wanderbares Deutschland" klassifizierte Fernwanderweg hat etwas sehr Verbindendes: Er bringt Kelten und Kaiser, Renaissance und Romanik, Wein und Bier zusammen bzw. dem Wanderer näher. Schließlich führt die bestens ausgeschilderte Route in neun Etappen von Bad Windsheim (konkret im Kurpark unweit der Franken-Therme) über den nordwestlichen Rand des für seine Weinberge bekannten Steigerwaldes bis ins Zentrum der Rauchbierhochburg Bamberg (konkret auf den Michaelsberg oberhalb der Stadt). Der Weg führt durch Weinberge, Streuobstwiesen mit Apfel- und Birnbäumen sowie durch ausgedehnte Buchenwälder - und, ja, auch an der einen oder anderen Brauerei vorbei.

Ohne Umwege passiert man eine Reihe erhabener Aussichtspunkte wie den Baumwipfelpfad Steigerwald, die Hohe Straße und den Bullenheimer Berg, wo schon die Kelten siedelten. Es geht durch malerische Orte wie Iphofen und Eltmann und immer wieder vorbei an Burgen und Ruinen. Zu den beliebtesten Etappen gehört die 19 Kilometer lange Strecke von Michelau im Steigerwald über den Zabelstein nach Eschenau.
steigerwaldtourismus.com

Winzer Thomas Schenk auf dem Weinwanderweg bei Randersacker

Randersacker bei Würzburg. Weinweg Randersacker

Der Dreieinhalbtausend-Einwohner-Ort Randersacker ist so viel mehr als „nur“ ein Vorort der Barock- und Festspielstadt Würzburg und ein Autobahnanschluss, der es aufgrund gelegentlicher Staumeldungen ins kollektive Autofahrergedächtnis geschafft hat. Nein, es handelt sich um ein kulturelles Kleinod – der Balthasar-Neumann-Pavillon ist ein barockes Prachtstück, der Dorfkirchturm ein romanisches Schmuckstück. Dazu kommt ein ansehnliches Weinbaugebiet mit 1.200-jähriger Geschichte.

Der an der Maingasse beginnende Weinweg Randeracker ermöglicht eine kurze, spannende Zeitreise und führt vorbei an der aussichtsreichen Maria-Schmerz-Kapelle direkt in einen „Altfränkischen Wengert”. Das Besondere des Wengert: Dort sind, wie früher üblich, auf einer Fläche viele unterschiedliche Rebsorten vereint, von Riesling über Traminer, Silvaner, Muskateller, Spätburgunder, Trollinger bis hin zur Bukettrebe.

Besonders empfehlenswert ist der Besuch im April, wenn Hunderte von Weinbergstulpen im Wengert blühen. Darüber informieren die vielen Thementafeln ebenso wie über weitere Besonderheiten. Etwa, dass hier die Reben nicht entlang eines Drahtrahmens gezogen werden, sondern an Pfählen. Aha!
fraenkisches-weinland.de

Ein Mann und eine Frau beim Wandern auf dem Weg zum Weinlehrpunkt in Iphofen

Castell–Iphofen: Weinentdeckerrunde

Die Heimat des Frankenweins vermutet der Weinlaie ja gern am Ufer des Mains. Dabei kommen einige der süffigsten Tropfen aus dem Steigerwald östlich von Kitzingen. Zweifel? Dann heißt es: ausprobieren. Etwa bei einer ganztägigen Wanderung von Castell nach Iphofen.

Die geht mit dem majestätisch aufragenden Schloss Castell schon mal geschmackvoll los: Frankens größtes Privatgut wird heutzutage weitgehend ökologisch geführt. Kenner stärken sich vor der Tour mit einer Vesper im Weinstall und besichtigen den prächtigen Gewölbekeller. Beschwingt geht es dann über den Kammweg des Schwanbergs zur Burgruine mit seinem 1a-Fernblick und weiter mitten durch einige der besten Lagen Frankens: Rödelseer Küchenmeister, Julius-Echter-Berg und Iphöfer Kronsberg, die Lust machen auf eine Verkostung. Die drängt sich in der verträumten Wein- und Fachwerkstadt Iphofen – stark: die vollständig erhaltene Stadtmauer – ja förmlich auf. Gute Adressen, um Frankens Paraderebe Silvaner zu verkosten, sind etwa der historische „Zehntkeller“ , das „Weingut Johann Ruck“ am Marktplatz sowie das „Genusshaus Iphofen“.
iphofen.de

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