Mama und Kind Rodeln am Hornbach
Schneespaß mit Kids

Skifahren und Rodeln geht fast überall in den Allgäuer Alpen. In Bad Hindelang erleben Familien mit Kindern zusätzlich Kutschenzauber und ein ziemlich schräges Museum. Unsere Reporterinnen haben alles mit ihren Kindern getestet

Lesezeit: 15 Minuten

Bad Hindelang im Winter
mit Kindern entdecken

Der Schnee glitzert in der Nachmittagssonne, die bald hinter den weißen Bergspitzen der Allgäuer Alpen verschwindet. Auf ruhigen Nebenstraßen kutschiert uns Christof Brutscher mit seinen Haflingerstuten Kassandra und Kordana von Bad Hindelang in Richtung Hinterstein.

„Die Liebe zu den Pferden hatte ich schon immer. Mein Papa und mein Bruder hatten auch schon Haflinger“, erzählt er im besten Allgäuer Dialekt, während er mit seinen beheizten Handschuhen die Zügel der Pferdeschwestern fest im Griff hat. „1990 habe ich den Hof meiner Tante übernommen und selbst angefangen, Pferde zu züchten“, fügt er hinzu.

Zwei Pferde mit Kutschengeschirr

Mit der Kutsche durchs Allgäu

Anfangs war das Kutschieren ein Winterhobby, denn 51 lange Sommer verbrachte er auf einer Alpe in 1.500 Meter Höhe. Doch seit die harte Arbeit auf der Alm für den 71-Jährigen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich ist, fährt er mit seinen „Blondinen“ ganzjährig Touristen durch die Allgäuer Bilderbuchlandschaft im Ostrachtal. „Wenn du einmal mit der Alpwirtschaft angefangen hast, dann kannst du nicht mehr aufhören“, erklärt Christof ein bisschen wehmütig.

Kutschenfahrt in Bad Hindelang

Fast so gut wie Einhörner!

Neben Christof sitzen die vierjährige Levi und der dreijährige Nelion auf dem Kutschbock, dick eingepackt mit Schneeanzügen und Fäustlingen. Christof gibt ihnen zwischendurch die Zügel in die Hand. Beim Abbiegen dürfen die Kinder den Blinker einschalten.

Die Vorfreude auf die Kutschfahrt war bei den Kids und ihren Müttern groß. Einhörner als Zugpferde wären Levi zwar lieber gewesen, aber die hellblonden Haflinger gefallen ihr fast genauso gut. Nelion interessiert sich dagegen mehr für die Pferdestärken: „Schneller, ich will schneller!“, ruft er immer wieder und beugt sich nach vorne über die Reling, um die Tiere anzufeuern. Vorbei an schindelverkleideten Bauernhöfen drehen wir eine zweistündige Kutschenrunde um Bad Hindelang – eine tolle Einstimmung auf den Winterkurzurlaub.

Kinderland im Allgäu

Bad Hindelang zwischen Sonthofen im Oberallgäu und dem Tannheimer Tal in Tirol ist im Sommer ein Wanderparadies. Aber auch im Winter bietet der Urlaubsort ein abwechslungsreiches Programm für Familien:

Pistenwedeln im Skigebiet Oberjoch, erste Rutschversuche im Schneekinderland, Planschen im Erlebnisbad, Rodeln, Winterwandern und eben eine Kutschfahrt. Mit der „Bad Hindelang PLUS Gästekarte“ erreichen Urlauber die Orte Vorderhindelang, Bad Oberdorf, Oberjoch und Unterjoch kostenlos mit dem Bus oder dem Emmi-Mobil, einem Elektro-Kleinbus, der wie ein Ruftaxi nach Bedarf bestellt werden kann.

Mama und Kind machen auf einer Bank Pause und trinken warmen Tee

Gezuckerte Gipfel und Winterwanderung

So erreichen wir am nächsten Tag problemlos den Wanderparkplatz „Auf der Höh“ im sechs Kilometer entfernten Bergdorf Hinterstein. Umrahmt von den bis ins späte Frühjahr weiß gezuckerten Gipfeln liegt das Dorf mit nur 500 Einwohnern und 650 Gästebetten buchstäblich am Ende der Straße.

Von dort aus geht es für Touristen nur noch zu Fuß weiter ins Hintersteiner Tal zum Giebelhaus (1.060 Meter), zur Schwarzenberghütte (1.400 Meter) und in die Bergwelt des Naturschutzgebiets Allgäuer Hochalpen.

Kurios wie spannend: Kutschenmuseum!

Die Winterwanderung zum „Gasthof Giebelhaus“ ist mit insgesamt 16 Kilometern für die Kinder noch zu lang. Also entscheiden wir uns für einen kurzen Marsch zum Kutschenmuseum, das in der Region fast Kultstatus genießt.

Über die Wiesen spazieren wir hinunter zum eisblauen Gebirgsbach Ostrach, der bei Sonthofen in die Iller mündet, bis wir eine einsame Hütte auf einer Waldlichtung erreichen. Auf dem schneebedeckten Dach sitzt eine lebensgroße Puppe neben einem alten Fahrrad. Schnell wird klar, dass das Kutschenmuseum keine gewöhnliche Ausstellung ist. Rings ums Haus stehen und hängen Porzellanteller, Skulpturen, Kronleuchter, Hirschgeweihe, Tierfelle, Bilderrahmen, landwirtschaftliches Gerät und Trödel aller Art – ein Open-Air-Antiquitätenmarkt, nur dass dieses bizarre Sammelsurium nicht zum Verkauf steht.

Mama und Kind spazieren im Garten des Kutschenmuseums

Verrücktes Innenleben

Am Eingang schürt ein Gedicht die Erwartungen: „Im tiefen Wald von Hinterstein, da liegt, wie soll es anders sein, ein Platz, der unbeschreiblich schön. Hier kann man Wundervolles sehn.“ Durch einen Vorhang schlüpfen wir in das düstere Innere.

Per Bewegungsmelder geht die Beleuchtung an, die ein verrücktes Innenleben enthüllt: Zwischen Schaufensterpuppen in Pelzmänteln, Lametta und Christbaumkugeln fallen die historischen Pferdekutschen kaum noch auf. Mitten im Raum entdeckt Nelion ein Klavier und klimpert ein paar Töne, beobachtet von den starren Blicken eines präparierten Eisbärkopfes und eines ausgestopften Pumas.

In den überdachten Ständen rund ums Haus gibt es noch tausend Dinge mehr zu entdecken, darunter einen Steinbock in Lederhosen, der auf einem Schlitten hockt.

Schöne Fantasiewelt

Das Kutschenmuseum ist das Lebenswerk von Martin Weber aus Hinterstein. Das Haus ist für jedermann frei zugänglich und kostet keinen Eintritt. Das nutzten im Januar 2020 Unbekannte aus, um einen Teil des Gebäudes auf dem Privatgrundstück in Brand zu setzen.

Doch der Museumsbesitzer gab nicht auf und konnte zwei Jahre später seine Ausstellung in einem Neubau mit teilweise restaurierten Exponaten wieder eröffnen. Schöne Fantasiewelt oder schaurige Freakshow? Das ist wohl Geschmackssache.

Mutter und Kind besuchen das Kutschenmuseum und schauen sich das Innere an

Wanderzwerge

Mit Leihschlitten aus dem Bergsportladen und den Kindern im Schlepptau wandern wir am nächsten Morgen hinauf zur „Buchel Alpe“. Am Parkplatz Obergschwend bei Unterjoch begrüßt ein Schild mit einem bärtigen Zwerg die kleinen Wanderer: „Den Weg zur Alpe zeigen dir die Zwerge“.

Ein präparierter Fahrweg führt durch den Bergwald hinauf zur ganzjährig geöffneten Alpe am Wertacher Hörnle. Anfangs lassen sich die Kinder noch ganz gut zum Laufen motivieren, um die zwischen den Bäumen versteckten Zwerge namens Blasius oder Fritz zu finden. Doch etwa auf halber Strecke legen sie sich flach auf die Schlitten und lassen sich von den Mamas ziehen.

Mama zieht Kind auf einem Schlitten den Berg hinauf

„Buchel Alpe“ mit Panoramablick

Zum Glück ist es nur eine Stunde Marsch bis zur Almhütte in 1.290 Meter Höhe, wo wir von den Liegestühlen auf der Terrasse aus den Blick auf die Allgäuer und Tiroler Gipfel genießen. Jeden Sommer versorgt das Wirtsehepaar Elke und Martin Gehring auf der „Buchel Alpe“ etwa sechzig Rinder, die Mitte September beim Viehscheid zurück nach Unterjoch ins Tal getrieben werden. Nebenbei bewirten sie im Sommer und Winter noch die Wanderer.

Auf der Speisekarte stehen nicht nur die übliche Klassiker der Hüttenkost, sondern auch regionale Bioprodukte wie fünf oder zwölf Monate gereifter Heumilchkäse, gekochte Hirschsalami und eine vegane Buchel-Suppe. Dazu gibt es frisch gebackenes Dinkelbrot oder Kuchen aus dem Hüttenofen.

Mit vollen Bäuchen sausen wir nach der Jausenpause auf der Rodelbahn abwärts zum Parkplatz, wo sich Levi und Nelion durch eine Schneeburg wühlen, bevor es zurück nach Bad Hindelang geht.

Rodeln an der Buchel Alpe

Rodelspaß an der Hornbahn

Nach der Übungsabfahrt von der „Buchel Alpe“ steht am Abreisetag noch Rodeln an der Hornbahn auf dem Programm. An diesem sonnigen Sonntag sind wir jedoch nicht die Ersten, die auf diese Idee kommen: An der Talstation der Gondelbahn warten die adrenalinhungrigen Rodler in einer langen Schlange. Wir reihen uns geduldig ein, denn die drei je 3,5 Kilometer langen Naturrodelbahnen an der Hornbahn Hindelang gehören laut ADAC-Test zu den besten und sichersten in Deutschland. Das wollen wir uns selbst anschauen.

Mama mit Kind sitzen in einer Gondel

Spielplatz auf 1.320 Meter Höhe

An der Bergstation in 1.320 Meter Höhe angekommen, toben sich die Kinder erst mal eine Stunde am Spielplatz aus. Dann ist Schneemannbauen angesagt, das anschließende Schneeköpfe-Abschlagen macht Nelion und Levi doppelt so viel Spaß wie das Aufbauen. Schließlich schaffen wir es doch noch auf die blaue Rodelstrecke. Rasante Kurven wechseln sich mit flacheren Abschnitten ab, auf denen wir im Kunstschnee stecken bleiben.

Nicht ohne Helme und Bergkäse

Dank Beschneiungsanlage kann man diese Rodelbahn auch nutzen, wenn es im Tal schon grünt. Dummerweise haben wir zwar Schlitten ausgeliehen, aber keine passenden Helme für die Kinder. Nächstes Mal sind wir schlauer … und vergessen außerdem nicht, uns am Hindelanger Bauernmarkt mit Allgäuer Bergkäse einzudecken.

Zwei Kinder spielen im Schnee und haben einen Schneemann gebaut

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