Auf einer Genusstour rund um die Volkacher Mainschleife besuchten wir Weingüter in Nordheim, Escherndorf und Volkach, die beispielgebend für dieses Gebiet sind. Die Winzer hielten einige Überraschungen wie Beton-Eier und Amphoren parat
Genusstour rund um die Volkacher Mainschleife
Die Mainschleife ist einzigartig. Es ist die einzige Stelle am gesamten Main mit seinen stattlichen 527 Flusskilometern, an der der Fluss tatsächlich eine Schleife zieht. Die lässt sich am besten vom „terroir f“-Punkt nahe der im 9. Jahrhundert erbauten Vogelsburg bestaunen. Von dort hat man einen grandiosen Blick auf die Flusskurve und bis zum Schwanberg im Steigerwald.
Das eigentliche Ziel aber ist das Örtchen Escherndorf, Treffpunkt vieler Weinenthusiasten aus aller Welt. Spätestens seit vor einigen Jahren ein internationales Weinmagazin den Betrieb von Horst Sauer zum besten Weißwein-Macher der Welt erklärt hatte, ist das Weindorf Ziel vieler Neugieriger.
Bester Weißwein-Macher der Welt
Manche Besucher machten damals nicht einmal vor den Privaträumen der Familie halt und spazierten von der stylish eingerichteten Vinothek, vor der einige riesige Wandelröschentöpfe stehen, direkt ins Wohnzimmer. Heute beschränkt sich die Neugier der Gäste zum Glück auf die Qualität der Weine.
Für die ist mittlerweile Sandra Sauer zuständig, die 45-jährige Tochter des Hauses, die schon 2005 nach ihrem Weinbau- und Oenologiestudium in den Betrieb eingestiegen ist.
Seitdem Sandra die Weine ausbaut, hat sich die Stilistik etwas verändert. Etwas filigraner und eleganter sind die Gewächse geworden, allen voran der Silvaner, der zum Teil aus über 50 Jahre alten Rebstöcken aus der weltberühmten Lage Escherndorfer Lump stammt.
Deren Kombination aus dem Boden des oberen Muschelkalks, einer Hangneigung von bis zu 65 Prozent und der Ausrichtung nach Süden und Südwesten sorgt für elegante, aromatische und konzentrierte Weine bis hin zur Trockenbeerenauslese.
Auf Du und Du mit den Reben
„Wir sind ganz nah dran an unseren Reben und kennen jede“, sagt Sandra, die 20 Hektar bewirtschaftet. „Nur so kann man als Winzer unserer Meinung nach spüren, was die Reben brauchen, und ihnen das auch geben.“ Sandra gibt offensichtlich alles. Sogar der Müller-Thurgau zeigt sich hier ungewöhnlich aromatisch.
Beim Gang in die Schatzkammer, wo der älteste Wein aus dem Jahr 1953 und von Sandras Urgroßvater stammt, erzählt sie auch, wie sich die 2021er- von den 2020er-Weinen unterscheiden.
„Der Jahrgang 2021 ist ein eleganter, feingliedriger Wein mit moderatem Alkohol. Die intensive Muschelkalknote steht bei diesem Jahrgang im Vordergrund und wird von einer feinen Fruchtigkeit begleitet. Die Premiumweine des Jahrgangs 2020 sind dagegen von der Wärme des Jahrs geprägt. Intensive exotische Aromen zeichnen diese Weine aus, unterlegt von einer leicht rauchigen Note, die typisch für die warmen Jahrgänge ist.“
Sauerstoff zum Trinken
Die nächste Station liegt nur ein paar Meter weiter in derselben Straße. Dort hat der Enddreißiger Daniel Sauer, nicht mit Sandra verwandt, seit dem 1. Juli 2021 die Verantwortung von seinen Eltern Rainer und Helga übernommen, zusammen mit seiner Frau Annemarie.
Die Übergabe wurde gefeiert. „Wir waren am nächsten Tag schön essen“, lacht Daniel. Also kein Vater-Sohn-Streit, wie er häufig bei einer Betriebsübergabe vorkommt und lange schwelt.
Im Hof stehen einige Tische für durstige und hungrige Besucher, umrahmt von riesigen Blumenkübeln. Einer der Gäste nimmt gerade Sauerstoff zu sich. Kein Notfall, das Wort steht nur auf dem Etikett, denn so heißen eben die Gutsweine der Linie „Leicht & Frisch“ des Hauses.
Auch sonst stehen auf der Karte ein paar ungewöhnlichere Weinnamen, „Freiraum“ etwa. So heißt ein maischevergorener Silvaner, der erste Wein von Daniel, der seit 2014 nahezu alleine im Keller für den Ausbau der Weine zuständig ist.
Wein aus dem Beton-Ei
Wer Sauers Weine nicht kennt, wird sich über den Namen „Ab Ovo“ für den Silvaner wundern. Der lateinische Ausdruck bedeutet so viel wie „ursprünglich, von Anfang an, vom Ei her“. Letzteres ist passend: Dieser Silvaner wurde tatsächlich im Ei ausgebaut. Allerdings in einem 900 Liter großen, und nicht von einer Kalkschale umgeben, sondern von Beton.
„Die Idee dazu kam meinem Vater bei einem Besuch auf der Iberischen Halbinsel“, erläutert Daniel. „Dort bemerkte er, dass Rotweine in Betonfässern besser reifen. Und wir wollten dann wissen, wie sich Silvaner darin entwickelt. Denn Beton ist ähnlich porös wie ein Holzfass, nur dass er keinen Eigengeschmack an den Wein weitergibt.
„Unser Beton-Silvaner geht mehr in Richtung Wiesenkräuter und ist enorm vielschichtig und langlebig.“
„Nach 14 Jahren können wir sagen, es ist eine ganz andere Weinwelt“, meint Daniel dazu. „Unser Beton-Silvaner geht mehr in Richtung Wiesenkräuter und ist enorm vielschichtig und langlebig.“
Auf den 15,5 Hektar Rebflächen wachsen, wie bei Sandra Sauer, auf Muschelkalkböden noch andere Sorten wie Riesling, Weißburgunder und Müller-Thurgau. Dazu gibt es noch einen „Altfränkischen Satz“ aus Silvaner, Riesling und Traminer, gewachsen und zusammen gelesen in einer gemischt bepflanzten Parzelle aus der Lage Escherndorfer Lump, zusammen gereift im Holzfass.
Zum Abschluss präsentiert Daniel noch einen Satz, der stellvertretend für die Region stehen könnte. „Silvaner ist wie Franken. Er ist kein Marktschreier, aber wer ihn erst einmal zum Freund hat, hat einen Freund fürs Leben gefunden.“
Manfred Rothe: Biowein seit über 40 Jahren
Für unsere nächste Station nehmen wir die „Mainkuh“, die Fähre von Escherndorf nach Nordheim. Sie verkehrt sieben Tage die Woche von früh bis spät. Bei der Überfahrt sieht man das umliegende Naturschutzgebiet.
Schon 1969 wurde die Mainschleife, die größte Flussmäanderlandschaft in Bayern, zum Landschaftsschutzgebiet erklärt. Auf den Magerwiesen der Nordheimer Au und im Uferbereich des Altmains sind Tausende Tier- und Pflanzenarten heimisch, darunter viele, die unter besonderem Schutz stehen.
Mit dem Jahrgang 2022 wird es bei Daniel Sauer den ersten Bio-Jahrgang geben. Darüber könnte Manfred Rothe nur schmunzeln. Macht er aber nicht, obwohl er seit über 40 Jahren Bio-Weinanbau betreibt.
Er freut sich über alle neue Bio-Kollegen. Und über die zahlreichen Gäste, die zwischen April und Ende Oktober auf der Terrasse und im Weinbistro Brotzeit auf die feinste Art genießen, darunter reichhaltige gemischte Platten oder seltene Tomatensorten, alles Slow-Food-Köstlichkeiten. „Ich definiere mich nicht mehr als Weingut, sondern als Genussort“, meint Manfred. „Da ich auch ein prämiertes Bistro habe und im Genussort Maininsel ansässig bin.“
Zukunfts- und Amphorenweine
Seit Neuestem ist Manfred auch Mitglied der neuen Initiative Zukunftsweine, deren Mitglieder auf pilzwiderstandsfähige Sorten setzen. Davon hat der Winzer einige, etwa Helios und Muscaris.
Bekannt wurde Manfred jedoch durch seine Orange-Weine aus Silvaner, die in Holzfässern aus Spessarteiche reifen, und vor allem durch seine Amphorenweine.
Diese Art der Weinherstellung hat eine über 8.000-jährige Geschichte und wurde von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.
„Ich wollte schon immer eigene Wege beim Wein gehen und bin dabei auf die alte georgische Weinkultur gestoßen“, begründet Manfred diesen Schritt. „2013 folgte die Eingrabung zweier georgischer Amphoren, Kvevris, in denen wir naturbelassene Weine erzeugen.“ Diese Art der Weinherstellung hat eine mehr als 8000-jährige Geschichte und wurde von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.
Nun ist sie in Franken angekommen. Doch im Keller sieht man erst einmal keine Amphoren, sie sind sozusagen unter Ausschluss der Öffentlichkeit aufgestellt. Von außen sieht man nur eine Mauer, auf der einige schwerere Steine drapiert sind, die als Deckel für die Amphoren dienen.
Wer wissen will, wie sie aussehen, muss in den Garten. In der dortigen geschmackvoll eingerichteten Vinothek probieren wir den weißen Amphorenwein. Der Silvaner zeigt sich mit Aromen von Apfel, Lindenblüte, Wermut, etwas Weihrauch und Schwarztee und wirkt am Gaumen enorm dicht, mineralisch und fruchtig. Ein ähnliches Kaliber ist der Blaue Zweigelt, der zweite Amphorenwein.
Muskazine, Wein und Rebbilder
Bevor es zur nächsten Station nach Volkach geht, machen wir einen Stop in Dettelbach. Das Städtchen mit seinen kleinen, schönen Türmen entlang der Hauptstraße beherbergt Frankens älteste Konditorei. Gegründet wurde „Cafe & Konditorei Kehl“ bereits 1686.
Hier wurden im 19. Jahrhundert auch die patentierten Dettelbacher Muskazine erfunden, die nur in diesem Ort hergestellt werden. Das haltbare Wallfahrergebäck besteht aus einem Honigteig, in dem Honig, Mandeln, Nüsse und Mehl, Muskatnuss, Muskatblüte, Zimt und andere Gewürze verarbeitet werden, jedoch kein Fett und keine Eier. Muskazine schmecken auch gut zum Wein.
Danach lockt Volkach, das Zentrum der Mainschleife, mit einer über 1.100-jährigen Weinbautradition. In einem Gebäude mitten im historischen Stadtkern treffen wir Rainer Müller und seinen Sohn Christian vom Weingut Max Müller I. In der geschmackvoll-modernen Vinothek mit Muschelkalkboden und einer Theke aus deutscher Eiche serviert Christians Frau Jennifer hochkarätige Silvaner und Rieslinge.
„Unsere Weine sind geprägt vom Muschelkalkgestein, das dabei auf relativ kleinem Raum unterschiedliche Geschmacksbilder möglich macht, da die Bodenauflagen unterschiedlich sind“, erläutert Christian.
„Der eher karge, steinige Volkacher Ratsherr bringt Tiefe und Mineralität, der Sommeracher Katzenkopf mit eher leichteren, sandigen Böden fruchtigere, filigranere Weine und der Escherndorfer Lump liefert dank fetterer Böden und der sehr hitzigen Lage kraftvolle, tiefgründige Weine.“
Zum Abschluss besuchen wir die Künstlerin Isolde Folger, von der im Berliner Bundestag ein Bild hängt. Eine ihrer Spezialitäten sind Bilder, in die sie Teile von Rebstöcken mit einarbeitet. Ein paar davon sieht man auch bei Sandra Sauer. So schließt sich der Kreis an der Volkacher Mainschleife.
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