Whisky-Probe im Reifekeller
Eine schöne Schnapsidee

Auf den Rundtouren des Brennerwegs von Wartmannsroth lernt man viel über Edelbrände, Whisky und Streuobstwiesen. Fehlt eigentlich nur noch ein Besuch in der Destillathek unserer Bayern-Botschafterin Franziska Bischof. Text und Fotos: Dietmar Denger

Lesezeit: 16 Minuten

Unterwegs auf dem Brennerweg von Wartmannsroth mit Edelbrand-Sommelière Franziska Bischof

So ein kühler Herbstmorgen ist perfekt, um reinzuschnuppern in das Dorf der Brenner. Leichte Dunstschwaden, die aus dem Tal der Fränkischen Saa­le über feuchte Wiesen und Felder heraufsurfen, tragen den Duft von Moos und Erde, Apfel, Quitte und Birne aus den umliegenden Streuobstwiesen ins Näschen.

Dazu eine warme Brise aus dem Reifekeller: Die Tür steht offen und flugs entwischen Aromen von Holz und von einem aufregenden Mix aus Früchten. Plus Zimt? Und ein Hauch von Vanille? Pfeffer? Zitrone?

Franziska bei der Quittenernte

Dufte Früchtchen: Franziskas Schatzkammer

Die pure Landlust aus dem Fass wird kreiert von Franziska Bischof, Edelbrand-Sommelière und Brennerin aus Tradition. Der Urgroßvater, der 1921 den Hof errichtete, hat gebrannt. Der Großvater hat gebrannt. Vater Anton hat gebrannt und war dabei einer der Pioniere in Sachen Whisky aus Bayern.

Unter dem Namen „Rebell“, fünf Jahre gereift im Kastanienfass, ist der bis heute im Sortiment und immer noch ein Verkaufsschlager. Beim „Kardinal“ sind es sogar zehn Jahre Reifezeit bis zur Vollendung.

Der Urgroßvater hat gebrannt. Der Großvater hat gebrannt. Vater Anton hat gebrannt. Nun brennt Franziska für's Brennen.

Und nun brennt Franziska fürs Brennen. 2018 wurde sie beim Craft Spirits Berlin Festival zur „Best Female Distiller“ gekürt. Was arg nach Schnapsmesse für Hipster klingt, trägt dem Umstand Rechnung, dass ähnlich wie beim Bier auch beim Hochprozentigen die Zeiten von Einheitsgeschmack längst vorbei sind.

Am Brennkessel

Amazonen, Schamanen und Herzdamen

Alles außer gewöhnlich lautet bei den Bischofs das Motto. „Liebeleien“ nennt Franziska besondere Köstlichkeiten in ihrem Sortiment. Da ist beispielsweise der „Schamane“ zu nennen, ein Brand aus fränkischem Ingwer vom Schweinfurter Biogärtner.

„Der Weinbrand vom Hammelburger Wein ist auch klasse“, schwärmt sie. Und auch der Haferbrand oder der Waldhimbeergeist. Auf den Namen „Amazone“ hat Franziska ihren Schlehenbrand getauft, „Herzdame“ heißt der Quittenbrand. Dazu gibt es Liköre, „Süßstoff“ genannt, aber auch Gin.

Franziskas Leidenschaft spürt man, wenn sie ihre Kunstwerke beschreibt. Beispielsweise heißt es im Webshop über „Florian“, den fränkischen Gin: „Florian, der Blühende ... tritt blumig für bunte Vielfalt ein. Auch wenn er dabei so manchen Gaumen frech herausfordert: Flieder, Lavendel, Rose, Kamille, Holunder- und Hibiskusblüten danken es ihm.“

Ihre Schätze stellt sie Besuchern in der hofeigenen Destillathek vor. Deren bonbonfarbenfroher Lounge-Schick passt perfekt zu den Farben in den Flaschen.

Probiert wird später. Es ist ja noch früh am Tag und wir wollen noch was erleben. Obwohl in Wartmannsroth so rein gar nichts los ist. „Da musst du erst mal im Winter kommen“, sagt Franziska und lacht, „dann ist es herrlich, weil die pure Idylle.“ Zugleich wird die Sache hier interessant.

 

Franziska in der Destillathek am Hof
In der Destillathek am Hof

Wartmannsroth: Ein Ort voller Schnapsideen

Wartmannsroth mit seinen neun Ortsteilen grenzt an den Spessart und die Rhön. Weit ist das hügelige Land, selbst über die Hauptstraße durch den Ort rollt nur selten ein Auto. Ein paar Kilometer nördlich beginnt Hessen, nicht weit entfernt mäandert gemütlich der Main. Würzburg ist 50 Kilometer entfernt.

Es war einmal in Wartmannsroth …, da entdeckten die Bauern das Brennen für sich. Im Winter, wenn der Wind aus der Rhön die Kälte mitbrachte, war es vor der Erfindung des Fernsehens oft ziemlich öde und es gab nicht viel zu tun. Abwechslung war selten, Obst dagegen gab es im Überfluss. Die Bäumchen gedeihen bis zum heutigen Tag prächtig auf dem nährstoffreichen Buntsandsteinboden.

Wartmannsroth am Morgen

Rekordverdächtige Brenner-Dichte

So fing man an, einen Teil der süßen Ernte in Brennkessel zu stopfen. Das machte zum einen Spaß und bescherte zum anderen einen Zuverdienst. Folglich wuchs die Brennereidichte und erreichte fast historische Ausmaße. „82 Betriebe besitzen das Brennrecht und das bei gerade mal etwas mehr als 2.000 Einwohnern“, so Franziska. Die meisten davon sind Hausbrennereien und verkaufen nicht.

Die thematischen Rundtouren des Brennerwegs sind diesem einmaligen Ort der Schnapsideen gewidmet. Es gibt den „Wildfrüchte-Weg“, die „Streu­obst-Route“, die „Whiskyschleife“, die „Korn-Brand-Tour“ und die „Extratour Wald-Brand“. Sie streifen die Obstwiesen, die Wäldchen, wo das Holz für die Fässer und den Brennstoff geerntet wurde. Sie führen zu Aussichtspunkten, Gaststätten und natürlich zu den fünf Brennereien von Wartmannsroth, wo probiert und eingekauft werden kann.

Unterwegs erfahren die Wanderer auf Schautafeln so ziemlich alles Wissenswerte rund ums Brennen und die dafür nötigen Zutaten. Unsere erste Station ist gleich vis-à-vis vom Bischof-Hof, auf einer der Streuobstwiesen der Familie.

Auf der Streuobst-Route bei Windheim

Apfel-Multikulti auf der Streuobstwiese

Wie viele Jahreszeiten und Ernten das alte verwitterte Steinkreuz am Wiesenrand wohl schon gesehen hat? Die Parzelle mit den alten, knorrigen Bäu­men ist etwas größer als ein Tennisplatz, aber artenreicher: „Hier wächst jede Menge“, erzählt Franziska stolz, „Äpfel, Kirschen, Mirabellen, Quitten in insgesamt 20 Sorten.“

Im hohen Gras darunter tummelt sich eine weitaus größere Zahl an Tieren. Informationen darüber, warum Streuobstwiesen zu den artenreichsten Orten überhaupt zählen, präsentiert eine Schautafel am Weg.

Steinkäuze, die in Streuobstwiesen gern ihr Refugium finden, sieht Franziska selten, „dafür Hasen, Igel und jede Menge Wildbienen“. Und oft kommen Rehe vorbei, wenn sie ihre Früchtchen besucht. „Die Rehe habe ich allerdings nicht so gern, die knabbern an der Rinde der Bäume.“ Die hier beginnende Streuobst-Route ist fünf Kilometer lang und führt vor allem zu alten Baumbeständen.

Die liebevoll gepflegten Baumopas sind ausgesprochen hübsch, faszinierend ist außerdem die pralle Apfelvielfalt. Welch ein Kontrast zu all dem normierten Einheitsobst, das in den Supermärkten angeboten wird!

Wir machen einen Abstecher auf die gut zwölf Kilometer lange Wald-Brand-Tour, buchstäblich eine Wald- und Wiesenrunde durch das romantische Klingenbachtal. Dort gibt es sogar Hügelgräber aus der Bronzezeit. Der liebevolle Einsatz, den die Brennerinnen und Brenner von Wartmannsroth beim Brennerweg betrieben haben, ist fantastisch.

Auf der Streuobst-Route bei Windheim
Franziska Bischof am Aussichtshügel Binsrain

Bildungswandern für Schnapsophile

Jede der zahlreichen Info-Stationen ist individuell gestaltet. Wer sich aufmerksam einliest, ist am Ende beinahe schon Profi in Sachen Brennen, weiß Bescheid über dessen Geschichte, die Herstellung von Maische und die verschiedenen Arten des Destillierens. Auf dem kleinen Hügel am Binsrain eröffnet sich ein toller Ausblick. Die „Schwarzen Berge“ der Rhön sind zu sehen, der Blick reicht bis zum Steigerwald und zu den Haßbergen.

Wir besuchen noch zwei von Franziskas Lieblingsplätzen. Zum Trettstein-Wasserfall im Wald bei Dittlofsroda kommt die Brennerin gern, wenn sie zwischendurch mal abschalten will. Der Bach hat sich hier fleißig eine kleine Schlucht in die Buntsandsteinschichten gegraben.

Ähnlich idyllisch ist der Farnwald an der Sippachsmühle beim Ortsteil Heckmühle. Das alte Gebäude sucht derzeit eine neue Bestimmung. Vielleicht ein schickes Waldhotel? Diese Gegend hätte mehr Besucher verdient!

Manchmal braucht es eben erst die Sicht von außen, um Heimat so richtig wertzuschätzen.

Eine schöne Landschaft ist das schließlich und die Kunst des Brennens eine schöne Tradition. Das war Franziska schon immer klar. Doch manchmal braucht es eben erst die Sicht von außen, um Heimat so richtig wertzuschätzen. Nach dem Abi ging sie für einige Jahre nach Italien, studierte dort Sprachwissenschaften und Tourismuswirtschaft.

„Wenn man eins in Italien lernt, dann den Genuss“, erinnert sie sich. Wo gute Küche und beste Lebensmittel Ehrensache sind, erkannte sie dann, „was für Schätze daheim schlummerten“. Denn es ist bei Weitem nicht so, dass die alten Wartmannsrother schon immer Top-Niveau im Sinn hatten, wenn sie Brand auf Brand hatten.

Verführung ab Hof: Pralinen und Promille

Mit jeder Menge Ideen und noch viel mehr Elan kehrte Franziska zurück, machte die Berufsausbildung zur staatlich geprüften Brennerin und zur Edelbrand-Sommelière, schnappte sich Vaters Brennkessel und legte los.

Während Papa Anton noch hauptsächlich Ackerbau betrieb und das Geschäft mit dem Hochprozentigen als Nebenerwerb, lebt die nunmehr vierte Generation der Bischof-Brenner die Leidenschaft voll und ganz.

Die Kreativität wird reich belohnt. Franziska ist Genuss-Botschafterin fürs Reiseland Bayern, ist gefragt auf Messen und Workshops und die Veranstaltungen in ihrer Destillathek sind gut besucht. Kein Wunder bei dem Programm: „Sinnliche Sünden“ heißt etwa der Abend, an dem sie mit Konditormeister Otmar Troll Pralinen und Promille zum Vernaschen kombiniert. Bei der „Langen Nacht der Kurzen“ ist der Name Programm und Spaß garantiert.

Franziska mit ihrem Vater Anton

Dinner for love im Pop-up-Restaurant

Köstlich sind auch die Themennächte. Dann wird der Hof zum Pop-up-Restaurant. „Gänseschmaus“, „Wild Wild West“ oder „Golden 20ies Titanic Menü“ und „Dinner for love“ – so vielversprechend sind einige der kommenden Events betitelt.

Am vorletzten Wochenende im Oktober finden jährlich die „Wartmannsrother Tage der edlen Brände“ statt. Die fünf kommerziellen Edelbrennereien lassen sich dann beim Destillieren zuschauen und stellen ihre besonderen Schätze vor. Die dürfen auch probiert werden. Dazu werden jede Menge bäuerliche Leckereien aus der Region gereicht.

Die Eltern, ihr Mann, die zwei Töchter im Vorschulalter und drei Katzen – die Bischofs leben alle zusammen unter einem Dach. Während für die Kätzchen Brennerei, Reifekeller und Destillathek tabu sind, schaut der Nachwuchs ab und zu schon sehr interessiert um die Ecke.

Das erinnert Franziska an ihre eigene Kindheit, als sie fasziniert zusah, wie Papa Anton am glänzenden Kessel hantierte. Es steht wohl außer Frage, dass bei den Bischofs gerade Brenner-Generation Nummer fünf heranwächst.

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