Das Fränkische Seenland wirkt natürlich, ist aber menschengemacht. Toller Nebeneffekt der XXL-Wasserumverteilung von Süd nach Nord: Es entstanden echte Freizeitperlen. An Altmühl, Tauber, Main und Co. ist diesbezüglich schon immer alles im Fluss. Von Christian Haas
Fränkisches Seenland oder Main?
Florian Gruber ist Europa-, Welt- und mehrfacher Deutscher Meister im Kitesurfen. Und, zusammen mit Vater und Trainer Erwin, Betreiber einer Surfschule am Brombachsee. Wenn es der Wettkampfkalender erlaubt, leitet der 27-Jährige auch selbst die Kurse, übrigens auch im Windsurfen und Stand-up-Paddling. Andere Anbieter setzen ebenfalls auf Wind und Welle.
Wer insbesondere das Kiten (rein windtechnisch) zu abgehoben findet und auch beim Surfen und Segeln dieselbigen streicht, probiert sein Glück auf Wasserski. Der Wakepark Brombachsee auf der Absberg-Halbinsel bietet dazu beste Voraussetzungen.
Er besteht aus einer Übungsanlage und wurde 2019 um einen 600 Meter langen Rundlift erweitert. Dank zehn Features finden Einsteiger wie Fortgeschrittenen genau den Thrill, den sie suchen.
Gerade bei Wassersportkursen ist es mit einem Tag nicht getan. Gut also, dass es in der Umgebung viele Unterkünfte gibt. Extravagant, nämlich auf dem Wasser, nächtigen Gäste des „Floating Village Brombachsee“. Seit 2018 liegen im Ramsberger Hafen 19 schwimmende, komfortable Ferienhäuser vertäut. Bodenständigere Naturen haben im „Waldcamping am Großen Brombachsee“ die Qual der Wahl zwischen Safarizelt, Zirkuswagen, Schlaffässern und sogenannten Trolls und Pods, kleinen Hüttchen mit großem Flair.
Strandortvorteil für Franken
Egal, wo man nächtigt: Tagsüber zieht es die meisten an den Altmühl-, Großen oder Kleinen Brombachsee oder an einen der vier deutlich kleineren Seen im Fränkischen Seenland. Kein Wunder: Die meisten Gewässer, zwischen 1970 und 2000 im Rahmen eines Mammutprojekts aus dem mittelfränkischen Boden gebaggert, haben eine Top-Wasserqualität.
An Dutzenden Badestellen steht ungetrübtem Plantsch- und Schwimmspaß nichts entgegen. Mancherorts stehen sogar Liegestühle im Sand, etwa in der Freizeitanlage Igelsbachsee bei Enderndorf. Seit 2020 ist die beliebte Open-Air-Bar „Sand & Sofa“ auch vier Kilometer weiter in Allmannsdorf vertreten.
Fränkischer Wasserradweg
Eine gute Art, sämtliche Seen und Flüsse – plus viele historische Orte (Ansbach, Beilngries) und Burgen (Hilpoltstein, Abenberg) – kennenzulernen, ist der fränkische Wasserradweg. Konditionsstarke radeln dort bis zu 460 Kilometer ab. Alternativ wählt man sich kleinere Abschnitte.
Die Seenrunde etwa verbindet den Igelsbachsee, die Orte Spalt (Tipp: das Museum HopfenBierGut) und Roth (inklusive Abstecher zum Rothsee), sie führt auch am Dennenloher See vorbei und rund um den Altmühlsee nach Gunzenhausen. Am dortigen Wasserspielplatz können sich Kinder an der Walder Altmühl nass machen vor Vergnügen, dank Holzstegen und Hängebrücken, Trittsteinen und Kneippanlagen.
So viel Pritscheln macht hungrig. Zum Glück warten Kioske, Cafés und Biergärten in der Nähe. Kulinarisch verheißungsvoller klingen die im Frühling in vielen Orten abgehaltenen „Fischwochen im Fränkischen Seenland“ mit Saibling-, Karpfen- und anderen Fischspezialitäten in vielen Variationen.
Altmühltal: Alles im Fluss
Die schönste Art, den bei Gunzenhausen beginnenden, knapp 3.000 Quadratkilometer großen Naturpark Altmühltal kennenzulernen, ist vom Kanu aus. Gut zu wissen: Die Altmühl fließt denkbar langsam und eignet sich daher bestens für Anfänger und Familien mit Kindern. Ein Filetstück auf den 150 Flusskilometern bis Kelheim ist die Strecke zwischen Dollnstein und Eichstätt, dank felsübersäter Hänge mit der typischen Wacholder- und Magerrasen-Vegetation.
Typisch für das Altmühltal sind auch die vielen Fossilien. Im Steinbruch am Blumenberg oberhalb des Städtchens Eichstätt können Hobbyarchäologen selbst ihr Glück versuchen. Was beim Steineklopfen herauskommen kann, lässt sich im Jura-Museum am Hang gegenüber bestaunen: ein Original-Archaeopteryx made in Altmühltal.
Oder doch Pegnitz und Regnitz?
Dass auch andere Täler Kultur- und Naturschätze bergen, beweisen unter anderem Pegnitz-, Regnitz- und Main-Tal. Der schönste Abschnitt am Main dürfte zwischen der Ruine Karlsburg und Wertheim liegen. Dort sollten sich Radler überlegen abzubiegen. Nicht umsonst zählt der „Radweg Liebliches Taubertal“ zu Deutschlands beliebtesten Strecken.
Ein Grund dafür dürfte das Kitschkulissenquartett aus Wald, Wiesen, Wasser und Weinbergen sein. Ein anderer, der auch für den auf ähnlicher Route verlaufenden Wanderweg gilt: die enorme Ansammlung historischer Klöster, Gärten, Burgen und Orte.
„Ein Gang durchs Taubertal ist ein Gang durch die deutsche Geschichte, ist ein Gang durchs alte Reich“, so ein geläufiges Zitat. Das stammt zwar aus einer Zeit, in der vermutlich noch nicht einmal Florian Grubers Ur-Ur-Großvater geboren war, ist aber immer noch aktuell. Wer Rothenburg ob der Tauber durchstreift, ein Mittelalterstädtchen wie aus dem Bilderbuch, wird das bestätigen.