… sind Heckenwirtschaften? Und warum heißen manche Häckerwirtschaft? Oder Häcker? Was isst man zum jungen Wein am besten? Diese Fragen kann nur ein Weinexperte aus Franken beantworten. Hier kommen seine Insidertipps
Heckenwirtschaften in Franken - Rundreise
Weine aus einer Region passen immer besonders gut zu heimischer Küche. Das ist auch in Franken nicht anders. Am besten lässt sich das bei einer kleinen Rundreise nachvollziehen. Unterwegs bieten sich vor allem Besuche bei Heckenwirtschaften an, deren kulinarisches Angebot im Idealfall mit den Weinen des Winzers harmoniert.
Sand am Main: „Zum klanna Basso“
Zum Beispiel bei Sven Ullrich in Sand am Main. Sein Weingut zählt mit weniger als einem Hektar Rebflächen zwar zu den Kleinstbetrieben, doch ein Besuch in seiner „Zum klanna Basso“ genannten Heckenwirtschaft, in Anlehnung an den Spitznamen seines Vaters, lohnt sich.
Dort serviert er – neben selbst gemachten Wurstspezialitäten wie Rot- und Weißgelegter Presssack oder warmen Baguettes in drei Varianten – einen Winzerburger mit Rucola, spezieller Kräutermarinade und Kartoffel-Wedges, der sich zum Renner entwickelt hat.
Diesen Burger gibt es nur hier. Sven Ullrich legt viel Wert auf einen eigenen Geschmacksstil, genauso wie die weiteren hier vorgestellten Heckenwirtschaften. Natürlich findet man Wurstplatten oder Käse auch dort oder in anderen Betrieben, aber jede Heckenwirtschaft, die etwas auf sich hält, backt entweder selbst Brot, macht ihren eigenen Käse oder Wurst oder bezieht ihr Angebot so weit möglich vom kleinen Dorfmetzger oder der örtlichen Käserei und Bäckerei. So individuell wie die eigenen Weine eben, bei Ullrich etwa ein Orange-Wein aus der Sorte Müller-Thurgau.
"Unser Weinparadies soll nicht nur Weingut sein“
Untereisenheim: Weingut Hirn
Die nächste Genussstation wurde bekannt durch ein Gebäude, das nach Entwürfen des österreichischen Künstlers Friedensreich Hundertwasser entstand. Es bietet Platz für eine Vinothek und die Heckenwirtschaft.
„Unser Weinparadies soll nicht nur Weingut sein, es finden dazu Freilicht-Theater-Vorführungen, musikalische Weinproben, Kunstausstellungen oder Lesungen statt“, erläutert Jonas Hirn.
Auch für den Magen wird gesorgt, etwa mit der „Kleinen Schlemmerei“, einem gratinierten Ziegenkäse mit Thymian und Honig, wozu Ciabatta gereicht wird. Sehr gefragt ist zudem der Quittenburger, ein an sich klassischer Burger nach BBQ-Art mit frischem Gemüse und Käse, dessen Besonderheit darin besteht, dass er mit einem Quitten-Chutney aus dem Ort aufgepeppt wird.
„Ein toller Speisebegleiter ist der Weißburgunder Erste Lage, beliebt ist auch das Silvaner Großes Gewächs, gerade weil der Markt Eisenheim nach Forschungen im Fürstlich Castell’schen Archiv die erste urkundliche Erwähnung der Silvaner-Rebe vorweisen kann“, berichtet Jonas Hirn. An sommerlichen Tagen wird dagegen eher der Bio-Rotling oder ein Spätburgunder bestellt.
Volkach: Markus Schneiders „Weinkabinett“
Vor dem nächsten kulinarischen Halt kann man sich auf den beiden Wanderwegen „Bildstockwanderweg Untereisenheim“ und „Silvanererlebniswanderweg Obereisenheim“ die Beine vertreten.
Die Wege führen durch die Main-Aue, durch fast schon urwaldähnliche Waldbereiche sowie durch die Eisenheimer Weinbergslagen hinauf auf die Höhe der fränkischen Trockenplatte. Von hier aus genießt man weite Blicke über das Main-Tal aufwärts bis Schweinfurt und mainabwärts bis Volkach.
"Viele wollen das Rezept haben, kriegen sie aber nicht“
In Volkach bietet Markus Schneider in seinem „Weinkabinett“ auf 100 Quadratmetern diverse Köstlichkeiten. Zum Einstieg etwa das fränkische Käsetrio: fränkischer Gerupfter, Kochkäse und Emmentaler mit hausgemachtem Zwetschgen-Chutney.
Wer keine fränkischen Bratwürste mit Rieslingsauerkraut und Krustenbrot mag, kann auf gebratene Blutwurst mit Potato Fries und gedünsteten Zwiebelringen oder hausgemachten warmen Kochkäse ausweichen. „Den macht meine Frau selbst und viele Kunden wollen das Rezept haben, kriegen sie aber nicht“, soder Winzer.
Ebenso wenig Erfolg haben sie bei der Frage, wie das Zwetschgen-Chutney zubereitet wird, das seit rund einem Jahr den Winzerburger mit Rindfleisch, Ziegencamembert, gebratenem Speck und roten Zwiebeln toppt. Dafür geben ihm die Gäste manchmal auch Rätsel auf bezüglich der Weinbegleitung. „Es gibt Tage, da geht nur Rotwein, dann nur Silvaner, dann wieder nur fruchtiger Wein“, so Markus Schneider.
Seinen Besuchern empfiehlt er, im Kanu, Schiff oder auf dem Floß entlang der Volkacher Mainschleife tolle Landschaftseindrücke und Naturerlebnisse zu genießen. Oder er schickt sie auf die Vogelsburg, die einen tollen Blick auf das Main-Tal bietet.
Sommerach: Weingut Freihof
Ein weiterer Stopp in Sommerach an der südlichen Main-Schleife auf der romantischen Weininsel. Im Weingut Freihof bietet das Ehepaar Kram hausgemachte Aufstriche, auch für Veganer, zum Rießenbrot, einem Acht-Pfünder-Laib vom Ortsbäcker.
Besonders nachgefragt werden dazu die Scheurebe-Rahmsuppe mit Zimt und Weißbrotwürfel, gebratene Rippchen mit Rotweinsoße und Röstzwiebel sowie im Wein-Essig-Zwiebel-Sud gegarte Bratwürste, die in Franken etwas deftig Blaue Zipfel genannt werden.
Das Rezept für die Würste hütet der Hausmetzger trotz hartnäckiger Kundenfragen wie seinen Augapfel. „Die bekommt man nur hier“, meint Manuela Kram. Kaufen kann man die nicht, im Gegensatz zu den Weinen wie dem neuen „Wild-Grape“, einer weißen Cuvée aus Silvaner und Traminer. Wie alle Premiumweine gibt es die im 0,1-Liter-Glas oder im Schoppen.
Hüttenheim: Weingut Hillabrand
Erholung vor der nächsten Station bieten die nahe gelegenen Baggerseen oder ein Abstecher zum Rebsortenlehrpfad. Dann steht Hüttenheim auf dem Programm. Hier bieten Markus und Carolin Hillabrand, die fränkischen Weinrebellen, ihren Gästen Zwetschgen-Bames mit Brot.
Nichts für Fans von Süßigkeiten, denn dabei handelt es sich um einen langsam geräucherten rohen Rinderschinken, den man auch als fränkisches Carpaccio bezeichnen könnte.
Die eindeutigen Favoriten ihrer Gäste sind aber der Bratwurstsalat mit Tomaten, Blattsalaten und einem Kräuter-Senf-Dressing und das „2erlei von der Lachsforelle“ in Form von gebeiztem Fisch und Lachsforellencreme. Dazu genießen die Besucher vorwiegend die flüssigen Spezialitäten des Hauses: Scheurebe- und Silvanerweine.
Ja was nun: Hecken oder Häcker?
Die aufgenommenen Kalorien lassen sich anschließend auf der anspruchsvollen Wanderung zwischen Tannenberg und Bullenheimer Berg loswerden, mit traumhaften Aussichten auf das fränkische Weinland. Auf geschichtsträchtigen Wegen geht es vorbei am jüdischen Friedhof, dem Seinsheimer Steinbruch, der Aussichtskanzel und den Ruinen der Kunigundenkapelle.
Wie und wann auch immer, eine Reise durch fränkische Hecken- oder Häckerwirtschaften bietet Erlebnisse der besonderen Art. Ja was nun, werdet ihr fragen: Hecken oder Häcker? Das ist regional bedingt. In der Gegend um Würzburg etwa sagt man Heckenwirtschaft, in ein paar anderen Gebieten Häckerwirtschaft.