Die magische Milchstraße, welche über dem Sternenpark leuchtet
Starallüren

In „Dark Sky Parks“ ist sogar die Dunkelheit eine Schau. Kaum eine Gegend bietet nachts so klare Himmelsblicke wie die 2014 als Sternenpark zertifizierte Rhön und die 2018 zertifizierte Winklmoosalm. Ein kosmisches Rendezvous

Lesezeit: 12 Minuten

Bayerns Sternenparks: Rhön und Winklmoos-Alm

Ganz früh wird es Zeit für den Abschied, für einen letzten Blick in die Unendlichkeit. Im Süden schickt Jupiter ein kräftiges letztes Licht herunter, links davon ist die erste Galaxie bereits verschwunden. Der Andromeda-Nebel? Wie aufgelöst in Luft.

Auch Orion, dieser markante Typ mit den vier Ecksternen und dem schmalen Gürtel mittendrin, ist bald Geschichte. Die Flucht nach Westen – nicht mehr als ein letztes verzweifeltes Aufbäumen. Auch für ihn gibt es kein Entrinnen. Bald ist es unsichtbar, das Millionen Jahre alte Sternbild. Alles eine Frage von Minuten.

Zwei Personen liegen auf einer Bank und schauen in den Himmel
Zwei Männer haben eine Sternenkarte und deuten darauf, um die Galaxis vom Sternenpark aus zu entdecken

Nächtliches Sightseeing

Warm eingepackt auf unserer Holzliege erkennen wir, dass auch Merkur, der vor einer halben Stunde noch gut sichtbar war, schon längst verschluckt ist. Aus Osten braust der Tag heran.

Aus einem anfangs nur schmalen, rötlich schimmernden Streifen erwachsen bunte Schattierungen wie aus dem Farbkasten. Ein Gemisch aus Orange und Gelb, bald Hellblau frisst sich gierig durch die Dunkelheit und vertilgt auch den letzten Rest des Firmaments. Dann geht am Horizont die Sonne auf. Guten Morgen in der Rhön, der Region, die eine wahre Schau ist. Gerade auch bei Nacht.

Es gibt in ganz Deutschland kaum eine Gegend, die eine so klare Sicht in die Nacht bietet wie die Rhön. Das UNESCO-Biosphärenreservat liegt im Dreiländereck von Bayern, Hessen und Thüringen.

Es trägt seit 2014 den von der US-amerikanischen International Dark-Sky Association (IDA) verliehenen Titel „Sternenpark“, den auch die oberbayerische Winklmoos­alm seit 2018 als erster Spot in den Alpen trägt.

Ein klarer Sternenhimmel. Man erkennt den Orion und Bäume unter dem Nachthimmel

Gute Sicht und kein Mond, bitte!

Klare, mondfreie Nächte sind nötig, um mit bloßem Auge bis zu 6.000 Sterne sehen zu können. Auch die Spiralarme unserer Galaxie sieht man in den Sommermonaten feinstens strukturiert bis zum südlichen Horizont.

Der am weitesten entfernte und ohne Hilfsmittel zu sehende Stern ist unfassbare 10.000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Das sind 100.000 Billionen Kilometer, eine Zahl mit 17 Nullen: 100.000.000.000.000.000!

Das am weitesten entfernte Objekt, das mit bloßem Auge zu sehen ist – nur in mondfreien Sommer- oder Herbstnächten – ist die benachbarte Andromeda-Galaxie. Das Licht von deren Billionen von Sternen, das wir als schwachen Nebelfleck am Himmel ausmachen können, ist 2,5 Millionen Jahre unterwegs.

Auf der Winklmoosalm warten im Sternenpark drei große hölzerne Liegen auf der Anhöhe neben der Kirche „St. Johann im Gebirg“ und ein 45-minütiger Rundweg.

In den IDA-Sternenparks sieht man dank minimaler Lichtverschmutzung durch strenge Beleuchtungsrichtlinien die Nacht noch, wie sie wirklich ist. Und bis zu zehnmal mehr Sterne als in anderen Regionen.

Eine Sternenkarte, welche die Sternenbilder am Himmel zeigt
Eine Gruppe Menschen beobachten die Sterne mit einem Fernglas

Nachtsicht

Die besten Aussichtspunkte in der Rhön liegen entlang eines eigenen Sternenlehrpfads. So gilt auch die „Kissinger Hütte“ am unterfränkischen Feuerberg als astronomischer Beobachtungsstützpunkt.

Es gibt aber auch ausgewiesene Himmelsschauplätze, die neben dem Panoramablick in die Weite des Weltraums mit Erklärtafeln und Schaubildern das nötige Wissen vermitteln: Was man sieht. Und was da draußen eigentlich so passiert. In Bayern wird in der fränkischen Gemeinde Motten im Landkreis Bad Kissingen bald der erste Himmelsschauplatz des Freistaats eröffnen.

Nach einer abendlichen Wanderung in stimmungsvoller Dämmerung auf der Langen Rhön werfen wir einen Blick knapp über die Grenze und treffen Sabine Frank am Himmelsschauplatz Milseburg auf einem sagenumwobenen Berg samt Überresten eines keltischen Ringwalls. Ein passender Ort für eine sphärische Nacht, für ein kosmisches Rendezvous mit dem Universum.

Lichtgestalt in Sachen Dunkelheit

Frank ist Initiatorin, Visionärin und Gestalterin des Projekts. Würde sie sich nicht schon seit Jahren zum Schutz der Dunkelheit so vehement gegen unnötige Beleuchtung engagieren, könnte man sie auch als Lichtgestalt des Sternenparks bezeichnen. Was es vielleicht eher trifft: Sie hat mit Erfolg nach den Sternen gegriffen.

Himmelsschauplätze wie hier oder bald in Motten sollen den Menschen das Weltall näherbringen. Den Himmel und alles, was dahinter liegt. An einer großen, drehbaren Sternenkarte erscheint etwa anhand eines beliebig eingestellten Datums samt Uhrzeit der jeweils genau dann sichtbare Nachthimmel, mit all den wandernden Sternbildern: Großer Wagen und Kleiner Hund, Fuhrmann und Zwillinge, Adler, Stier und Schwan.

Frau mit Globus in der Hand

Den Polarstern im Visier

Für den richtigen Durchblick hat Sabine mit einer Installation neben der Karte gesorgt. Mit einer kleinen und einer großen Säule. Wer von unten nach oben durch die beiden Ringe auf den Spitzen der Stangen blickt, sieht bei klarem Himmel in direkter Linie den Polarstern. Auch das ein echter Hingucker.

An einer Stele gibt es noch viele Infos zu Meteoren und zur Milchstraße, vom Kugelsternhaufen bis zum Gasnebel. Richtig spannend aber wird es vor allem, wenn Sabine bei ihren Führungen mit Gummibällen, Holzkugeln und Stöcken das Zusammenspiel von Erde und Mond erklärt und die Neigung der Erdachse veranschaulicht.

Polarsternfinder Apperat

And the Oscar goes to ...

Dass es nicht nur schön aussieht, sondern dass sich ihr Einsatz für Plätze wie diesen lohnt, das bekam Sabine Frank Ende 2022 sogar schriftlich: Die IDA kürte die Rhön zum „Sternenpark des Jahres“ weltweit, eine Art Oscar für den schönsten Nachthimmel.

Nur schwer können wir uns vom Sternenhimmel trennen, würden am liebsten die Sonne bitten, doch noch zu warten mit ihrem Aufgang. Ein paar Minuten, eine Viertelstunde vielleicht sogar. Bleib doch unten, eilt doch nicht.

Aber dann kommt das Licht. Damit endet das Nachtprogramm im Fern-Sehen. Es läuft der Abspann, dann ist Sendeschluss. Wir brechen auf zum Frühstück, zurück in den Alltag. Und hoffen auf eine baldige Rückkehr, auf die nächste Folge aus dieser unvergleichlich schönen Space Night. Zu sehen live in der Unendlichkeit. Unter unserem Himmel, hoch droben über der Rhön und der Winklmoosalm.

Die Milchstraße unter der Winklmoosalm

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