In Augsburg entdeckte das berühmteste Wunderkind der Welt, dass es nicht nur für die Musik Leidenschaft hegt. Unterwegs auf den Spuren von Familie Mozart, bei einer Citytour, die alles andere als klassisch ist
Stadtrundgang mit Mozarts Flamme
Anzeige | Für ihre 265 Jahre hat die Dame sich erstaunlich gut gehalten! Selbstbewusst schreitet Maria Anna Thekla Mozart, besser bekannt als „Das Bäsle“, über den Platz vor dem Renaissance-Rathaus, das riesig wie ein Schloss in den blauen Frühlingshimmel ragt. Dazu passt, dass sie sich die Haube aus weißer Spitze immer wieder kokett wie eine Krone richtet. Am Dom lupft sie den weiten roten Rock gekonnt und tippelt die Stufen empor, weicht in der Frauentorstraße elegant dem UPS-Fahrer aus und führt durchs Mozarthaus, als wäre es ihr Zuhause.
Bei ihrer Führung auf den Spuren der Familie Mozart geht Alexandra Johns-Kraft ganz auf in der Rolle der Cousine von Wolfgang Amadé. Von Zeitgenossen wurde sie als liebenswert, klug, humorvoll und lebenslustig beschrieben.
„Das Bäsle war auch mal laut, frech und selbstbewusst, das passt ganz gut zu mir“
„Das Bäsle war auch mal laut, frech und selbstbewusst, das passt ganz gut zu mir“, ergänzt die Stadtführerin, die im Hauptberuf Erzieherin ist. Auf unserer Tour durch die Altstadt wird sie auch von guten Bekannten selten mit ihrem richtigen Namen angesprochen. Dafür mal sehr höflich mit „Frau Mozart“, meist aber überschwänglich und herzlich: „Das Bäsle, wie schön!“
Sex & the City: Augsburger Liebelei
Ähnlich verzückt muss der Weltstar aus Salzburg gewesen sein. Der besuchte 1777 die Geburtsstadt seines Vaters und lernte dabei die Tochter von Onkel Franz Alois kennen.
Das „Wolferl“ war 21 Jahre alt, sein „Bäsle“ – Schwäbisch für „Cousinchen“ – zarte 19. In den Wochen seines Aufenthalts entflammte eine Liebelei, bei der es wohl nicht nur bei zotigen Komplimenten blieb.
Genaues weiß man nicht, doch deutet die teils derbe Sprache des Komponisten in den zehn Bäslebriefen, die von der anschließenden Korrespondenz geblieben sind, auf eine stürmische Augsburger Liebelei hin.
Wie schade, dass keine Briefe der Maria Anna gefunden wurden, zu gern hätte man die zeitgenössische Entsprechung von „Rock me, Amadeus“ in Bäsles Antwortschreiben gelesen!
Das Augsburger Land wird auch „Schwäbischer Mozartwinkel“ genannt, denn die Spuren der berühmten Künstlerfamilie in dieser Gegend reichen weit zurück.
Der Überlieferung nach begann die Geschichte der Mozarts im Kloster Oberschönenfeld, wo 1331 der Name Mozart in einem Urkundenbuch erstmals auftaucht.
Das barocke Klosterareal ist eine Station des Mozart-Radwegs „Barocke Blickwinkel“. Diese Tour führt auch zum Mozarthaus in Heimberg, dem ältesten Haus eines Mozarts. Die nahe Anhauser Kirche St. Adelgundis hat Hans Georg Mozart, der Urgroßonkel W. A. Mozarts, umgebaut. Der Baumeister schuf auch das Schlösschen von Gut Mergenthau im Wittelsbacher Land.
Mozartstadt Augsburg: Familienbande
1643 zog die Familie nach Augsburg. Der spätere Komponist Leopold Mozart – Vater und Musiklehrer des kleinen Genies – wurde 1719 in jenem uralten Handwerkerhaus im Domviertel geboren ist, das heute ein Museum ist.
In Sachen fantasievoller Verspieltheit nimmt es das Gebäude locker auf mit dem berühmten Geburtshaus des Wolfgang Amadé in Salzburg. Porträts und Noten, Musikinstrumente und die pompöse Berufskleidung lassen die Welt der Mozarts hier lebendig werden.
Sogar ein Nachbau der Reisekutsche ist ausgestellt. In der kann man Platz nehmen, während am Fenster per Bildschirm die Landschaft vorbeizuckelt. Nur die Mozart-Badeenten, die es in der kleinen Souvenirabteilung zu erwerben gibt, haben keinen historischen Ursprung.
Leopolds Vater war Buchbindermeister und darauf bedacht, dass es dem Sohnemann an nichts fehlte. Der kleine Leopold durfte sogar aufs Jesuitenkolleg St. Salvator, wo er eine umfassende humanistische, naturwissenschaftliche, sprachliche und musische Bildung bekam.
Später zog er fürs Studium nach Salzburg, wurde dort zunächst Kammerdiener und später Hofmusiker im Dienste des Fürsterzbischofs. Der Rest ist die noch berühmtere Geschichte, die mit dem Familiennamen verbunden ist.
Fünfmal besuchte Wolfgang Amadé Mozart die „Vatterstadt“, wie er Augsburg nannte. Er betouchte hier nicht nur das Bäsle, sondern griff auch in die Tasten, auf den Orgeln der Barfüßerkirche und der Ulrichskirche beispielsweise.
Gab Konzerte in den Fuggerhäusern, bestaunte den Goldenen Saal im Augsburger Renaissance-Rathaus, residierte im Domviertel im Hotel „Weißes Lamm“ (mit Gedenktafel) und stattete dem Orgelbauer Johann Andreas Stein einen Besuch ab.
Im nahen Fronhof, unweit der ehemaligen Residenz der Augsburger Fürstbischöfe, steht das Mozart-Denkmal mit den Gesichtern von Vater und Sohn. Und auch des Bäsles wird gedacht: An ihrem Geburtshaus, gleich neben dem ehemaligen Jesuitenkolleg, hat man ihr eine Steintafel gewidmet.
Bäsle: Statt vom Wolferl ein Kind vom Pfaffen
Die Liaison der beiden Mozarts war übrigens nicht von Dauer. 1779 begleitete Maria Anna ihn für etwa zweieinhalb Monate nach Salzburg und hatte sich wohl erhofft, dass was Längeres draus würde. Doch die Beziehung kühlte ab. Ein letztes Wiedersehen ergab sich zwei Jahre später im März 1781 in Augsburg.
1784 brachte Maria Anna eine uneheliche Tochter zur Welt, Maria Josepha, deren Vater der Domkapitular Freiherr von Reibeld war. Das Bäsle blieb allerdings zeitlebens unverheiratet. Nach dem Tod der Mutter zog sie 1808 zu Tochter und Schwiegersohn, Postmeister Franz-Joseph Streitel.
Später lebte die Familie in Kaufbeuren, dann in Bayreuth, wo „die Cousine“ 1841 mit 83 Jahren starb. Damit überlebte sie ihr berühmtes „Wolferl“ um ein halbes Jahrhundert.
Quicklebendig wird das Bäsle regelmäßig bei den Führungen von Alexandra Johns-Kraft. Auch in der Mozart-App hat sie ihren Auftritt.
Die App liefert an siebzehn Stationen Infos zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten mit Mozart-Bezug, mithilfe von Audios, Bildern, Videoclips und Augmented Reality.
Natürlich gibt es in Augsburg die Musik der Mozarts auch zum Hören: Beim Mozartfest erweisen jedes Frühjahr zwei Wochen lang Klassik-Weltstars der berühmten Familie ihre Ehre.
Mehr Infos unter: augsburg-tourismus.de/de/mozart