Familie im Römermuseum am Chiemsee mit Museumsleiter Matthias Ziereis
Geschichte zum Anfassen

Seebruck ist nicht nur ein toller Badeort am Chiemsee. Es ist auch einer der am besten erforschten Römerorte in Bayern. Im engagiert betriebenen „Römermuseum Bedaium“ erleben Familien die Geschichte der Römer, die sich vor 1.975 Jahren dort niederließen, hautnah

Lesezeit: 12 Minuten

Römermuseum Bedaium und Archäologischer Rundweg am Chiemsee

Wie schreibt man auf Bienenwachstafeln? Wie haben die Römer Mehl gemahlen? Und warum sind im idyllischen Ort Seebruck am Chiemsee eigentlich so viele Schilder und Wegweiser auch auf Latein?

Fragen über Fragen! Ausführliche Antworten darauf hat Matthias Ziereis. Der Leiter des „Römermuseums Bedaium“ in Seebruck am Chiemsee empfängt uns am Eingang zum Museum. Dass das keine schnarchlangweilige Museumstour wird, ist spätestens klar, als Matthias Ziereis kurz verschwindet und als Legionär Quintus Tiberius Octavius wieder auftaucht.

Nun trägt er eine originalgetreu rekonstruierte Legionärsrüstung aus der frühen Kaiserzeit, die im Jahr 284 endete. Die Kinder mustern Ziereis von oben bis unten. Ganz nett, aber auch ehrfurchtgebietend. Er trägt einen großen Helm. Wenn er sich bewegt, klappert und raschelt die Rüstung.

„Ihr müsst euch vorstellen, ich bin mit dieser Rüstung nun ein ganzes Stück schwerer. Rund 25 Kilo wiegt sie“, sagt er. Als Legionär schleppte man ganz schön viel mit sich rum. Wie sich das anfühlt, dürfen die Kinder selbst ausprobieren und ziehen sich einen schweren Helm auf oder schlüpfen in eine römische Tunika. Immerhin, die Alltagskleidung der Römer und Römerinnen ist angenehm leicht.

Museumsleiter Matthias Ziereis als Legionär Quintus Tiberius Octavius

Seebruck oder Bedaium?

Warum aber ist in Seebruck das Ding mit den Römern so präsent? Kurze Zeitreise ins Jahr 50 nach Christus. Das heutige Seebruck entstand aus dem römischen Bedaium. Der Name geht auf den gleichnamigen Wassergott zurück. Damals diente den Römern der Ort als Stützpunkt auf der Römerstraße Via Julia von Salzburg nach Augsburg.

Viele Gebiete des heutigen Bayern gehörten zum römischen Weltreich und waren Teil der römischen Provinz Raetien. Die Hauptstadt war damals Augusta Vindelicum, also das heutige Augsburg.

„Da habt ihr jetzt etwas in der Hand, das über zweieinhalbtausend Jahre alt ist“

Aber zurück nach Seebruck. Wir wissen nun also, dass die Römer Seebruck Bedaium nannten. Daher kommt auch der Name „Römermuseum Bedaium“.

Seebruck gilt als einer der besterforschten Römerorte in Bayern. Gleich neben dem Museum entdeckte man beim Neubau des Seebrucker Kirchturms im Jahr 1843 das Fundament eines spätantiken römischen Kastells. Rund um Seebruck fand man viele weitere Relikte aus der Römerzeit wie Münzen, Grabbeigaben, Schalen, Glasgefäße und Fibeln (Spangen und Kleidungsnadeln). Auf dem Vorplatz des Museums sind noch kleine Teile der Mauer des Kastells sichtbar.

Im Museum warten nun gleich 500 Originalfundstücke aus dem Ortsgebiet von Seebruck auf uns. Mit Matthias Ziereis, äh, Quintus Tiberius Octavius, reisen wir gemeinsam in das römische Seebruck von vor 2.000 Jahren.

Mittendrin in der Antike

Der Alltag in der keltisch-römischen Vergangenheit des Chiemgaus sah vollkommen anders aus als der Alltag heute. Davon erzählt uns Matthias Ziereis, der beinahe so etwas wie ein lebendiges Geschichtsbuch ist. Und auch die Funde in den Vitrinen des Museums erzählen von einer Zeit, die gaaanz weit weg ist, aber hin und wieder doch Ähnlichkeiten mit unserer Gegenwart hat.

„Also, das schneidet ja echt fast besser als unsere Schulschere!“, sagt Dorian, während er mit der römischen Schere ein Stück Papier durchtrennt. Die Kinder schmunzeln. Zur Führung gehört auch, dass man die Geschichte anfassen und nacherleben kann. Sogar ein paar antike Münzen gibt es auf die Hand zum Anschauen. Es wird also nicht langweilig – weder für die Kinder noch für die Eltern. Jetzt darf aber erst mal die römische Schere getestet werden.

„Da habt ihr jetzt etwas in der Hand, das über zweieinhalbtausend Jahre alt ist“, sagt Legionär Matthias und zeigt den Kindern Stücke keltischer Keramiken. Auch diese wurden in der Region gefunden.

Römische Öllampe aus Ton

Fibel statt Klettverschlusse

Sehr präsent ist im Museum das Thema Lebensmittelzubereitung. Wie die Römer Getreide zu Mehl gemahlen haben? Mit ausdauernder Handarbeit. „Dafür hat man diese beiden Platten genutzt. Das ist eine Handmühle aus Stein. Das Mahlen geht allerdings auf Dauer ziemlich in die Arme“, so Matthias alias Quintus. Wirklich? Die Kids wollen es natürlich selbst mal ausprobieren. Sie wechseln sich ab beim Mahlen und spüren schnell, dass das ganz schön anstrengend ist.

Ein praktischer Alltagsgegenstand, den man heute so nicht mehr kennt, war die sogenannte Fibel. Bei den Römern und Kelten gab es ja noch keine Klettverschlüsse, Reißverschlüsse oder Druckknöpfe. Mäntel mussten trotzdem gut vor Kälte schützen und sollten nicht von den Schultern rutschen.

„Statt Klettverschlüssen hatten die Menschen damals Fibeln, die sehen ein bisschen wie eine Nadel aus“, erklärt uns Matthias. Lian darf die Fibel mit einem Wollumhang gleich ausprobieren. Hält eigentlich recht gut, findet er. Und es steht ihm auch gut.

Nächste Frage: Wie haben die Römer eigentlich geschrieben und kommuniziert? Kugelschreiber gab es in der Antike nicht. Smartphones auch nicht. Auch dafür hat unser Legionär eine Erklärung: „Man hat damals auf Papyrus und Wachstafeln geschrieben. Wollt ihr das mal ausprobieren?“ Klar! Auf einer kleinen Tafel mit Bienenwachs versucht Emma zu schreiben, mit einem Stilus, den man als Griffel zum Ritzen benutzte. Gar nicht so einfach, wenn man Bleistift, Radiergummi und Füller gewöhnt ist.

Museum zum Anfassen: Kinder bedienen einen römischen Mahlstein im Römermuseum Bedaium
Fast besser als die Schulschere schneidet die römische Schere das Stück Papyrus

Archäologischer Rundweg

Nach einer kurzen Pause mit Fangenspiel auf den Wiesen geht es weiter auf den Spuren der Römer und Kelten. Die siedelten nicht nur in Seebruck, sondern in der ganzen weiteren Umgebung. Für den Archäologischen Rundweg bietet sich bei gutem Wetter das Rad an. Beim Fahrradverleih vor Ort bekommt man auch die nötigen Helme.

Der etwa 23 Kilometer lange Archäologische Rundweg führt nicht nur durch die drei Ortsteile Seebruck, Truchtlaching und Seeon, sondern zugleich durch 4.000 Jahre Menschheitsgeschichte. Insgesamt gibt es auf dem Weg elf Stationen zu entdecken. Natürlich kann man auch nur einzelne Stationen besuchen.

Unser erster Halt auf dem Rundweg ist die Ausgrabung einer römischen Fußbodenheizung. Vom Museum ist es ein kurzer Spaziergang dorthin. Spannende Erkenntnis: Auch die Römer fanden kalte Füße doof. Wer es sich leisten konnte, baute sich ein Haus mit Hypocaustum. Das bedeutet so viel wie „von unten beheizt“ und war eine Art von Zentralheizung, bei der die heiße Abluft eines Holzofens durch Rohre unter die Böden geleitet wurde.

Gut einen Kilometer nördlich von Seebruck sehen wir uns in Stöffling das keltische Gehöft an. Es besteht aus vier rekonstruierten Häusern aus der Zeit der Kelten.

In den Häusern aus der jüngeren Eisenzeit (350 vor Christus bis Mitte des ersten Jahrhunderts nach Christus) war es ziemlich dunkel, Verstecken spielen kann man dort heute deshalb besonders gut. Vor allem aber kann man sich ein Bild davon machen, wie die Menschen dort einstmals gelebt haben. Die Stöfflinger Kelten haben übrigens eigene Münzen geprägt und mit den Römern Handel getrieben.

Museumsleiter Matthias Ziereis als Legionär Quintus Tiberius Octavius

Regen? Dann ab zur Eisdiele!

Es beginnt zu regnen. Sollen wir noch weiterziehen? Kühl und ungemütlich wird es. Wir beschließen, die restlichen Stationen des Rundwegs demnächst bei gutem Wetter nachzuholen. Wie schließt man so einen Tag am besten ab? Die Kinder und wir sind uns recht schnell einig: „Juhuu, Eis!“, rufen sie. In der Eisdiele „Dotta“, nur ein paar Schritte vom Römermuseum entfernt, bekommen die Kinder Schoko- und Erdbeereis.

Übrigens: Schon gewusst, dass die alten Römer den Vorläufer des heutigen Speiseeises erfanden? Eis und Schnee wurden dafür aus den Bergen geholt und mit süßen Früchten und Honig vermengt. Puh, ganz schön aufwendig! Ein Glück, dass es heute Eisdielen gibt.

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  2. Hochseilgarten Übersee: Direkt am Chiemsee-Ufer bietet der Hochseilgarten mit verschiedenen Parcours Erlebnisse und Nervenkitzel für Groß und Klein. chiemsee-alpenland.de
  3. Römermuseum in Grabenstätt: Für alle, die noch mehr über die Römer im Chiemgau erfahren wollen, bietet sich ein Besuch des Römermuseums in Grabenstätt an. grabenstaett.de
  4. Kletterwald in Prien: Der größte Kletterwald am Chiemsee ist ein Paradies zum Austoben für große und kleine Kraxelfans! Auch Kindergeburtstage kann man dort feiern. kletterwald-prien.de

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