Zukunftsmuseum, Kinderbahnland, Bratwürste, Lebkuchen und vieles mehr. Ein Ausflug nach Nürnberg hat auch für Teenager einiges zu bieten. Das sagen nicht irgendwelche Erwachsenen, sondern unser 17 Jahre alter Nachwuchs-Reporter Jonas Lukasch
Nürnberg mit Kindern
„War euer Zug pünktlich?“, fragt der freundliche Herr in der Empfangshalle des nur ein paar Gehminuten vom Hauptbahnhof entfernten „DB Museum“. Unsere Antwort: „Aber ja, als ob die Bahn jemals Verspätung hätte …“ Allgemeines Schmunzeln.
Na dann auf zur Museumsführung. Dr. Rainer Mertens, so heißt der Herr, wird uns begleiten. Und einiges erzählen, schließlich arbeitet er dort schon seit 24 Jahren und hat sogar schon einige Bücher geschrieben, natürlich über Züge.
Und davon gibt es im Nürnberger DB Museum jede Menge. Etwa die erste Lokomotive, die in Deutschland mit Personen gefahren ist: der ,,Adler“. Im ältesten Eisenbahnmuseum der Welt steht allerdings nur ein Nachbau. Von Rainer Mertens erfahren wir, dass die erste Eisenbahn Deutschlands 1835 ihre Eröffnungsfahrt hatte, auf der Strecke von – ja, genau – Nürnberg nach Fürth. Für die sechs Kilometer brauchte das „Wunderding“ ungefähr 15 Minuten.
„Heute braucht die U-Bahn auf dieser Strecke auch nur etwa drei Minuten weniger – allerdings hält sie öfter“, meint der Historiker. Doch auf größeren Entfernungen ist die Bahn heute viel schneller. Das beste Beispiel hierfür steht direkt daneben: der ICE 3, ein Zug mit 330 Stundenkilometern Spitzengeschwindigkeit. Die Unterschiede zwischen dem ältesten Zug Deutschlands und einem der neuesten sind gewaltig: Der ICE ist mehr als doppelt so groß, weniger farbenfroh (nur weiß-rot statt grün-schwarz-silbern) und vor allem fährt er mit Strom und nicht mit Kohle wie damals der „Adler“.
Bahn frei für junge Entdecker!
Weiter geht’s über eine Treppe zum Führerstand einer sehr großen, sehr langen dunkelgrünen Dampflok. Die 11-jährige Helena findet, diese sehe aus ,,wie eine Rakete“. Da kann ich nur zustimmen, genauso wie der Aussage von Emma, die Lokomotive ähnele der aus ,,Harry Potter“. Natürlich darf an dieser Stelle, wo einst der Zug mit Kohlen befeuert wurde, ein Foto von den beiden Freundinnen nicht fehlen. Dass Frauen, gar Mädchen im Führerstand einer Dampflok stehen, hätte es zur damaligen Zeit nicht gegeben.
Wir sprechen vom Jahr 1906. Damals wurde dieses Fahrzeug zum ersten Mal gefahren. Mit 154 Stundenkilometern stellte es den Rekord als schnellste Dampflokomotive der Welt auf. Ein paar Meter weiter folgt die nächste Top-Fotokulisse. Vor dem riesigen Schwarzweißfoto einer altertümlichen Bahnhofshalle lässt sich gefühlt jeder zweite Besucher ablichten. Kein Wunder: Dank 3-D-Effekt im Bild wirkt es so, als stehe man tatsächlich mitten in einem Bahnhof!
Nicht nur was für (ältere) Männer
Dann führt uns Herr Mertens in die Modelleisenbahn-Welt. Flüsse, Berge, Bahnhöfe und natürlich viele Züge, alles ist im Miniaturmaßstab nachgebaut. Dabei wurde auf jedes noch so kleine Detail an Gebäuden, Fahrzeugen und der Landschaft geachtet, es ist beeindruckend. Die Mädchen sind ebenfalls begeistert. Von wegen, so etwas sei nur etwas für (ältere) Männer!
Zum Abschluss noch ein Abstecher in das Kinderbahnland, kurz KIBALA, auch wenn sich dieser unerwartet große Saal eher an Kinder unter zehn richtet. Aber man sieht sofort, dass die Kindergarten- und Grundschulkinder viel Spaß haben in diesem freundlichen Raum mit unterschiedlichen Attraktionen. Hier eine Bimmelbahn, mit der man mitfahren kann. Dort eine Holzeisenbahn, zwei echte Lokführerkabinen und vieles mehr. Für Extra-Schmunzeln sorgt eine überdimensionale Holz-Sonnenbrille der Marke ,,Ray Bahn“. Das h macht’s …
Wir staunen. Auch über den einen oder anderen Hinter- und Innenhof, den Anna uns zeigt. Und über die vielen Brücken, die über die Pegnitz führen. Eine soll an die Rialto- Brücke in Nürnbergs Partnerstadt Venedig erinnern, heißt aber auf Deutsch ganz unromantisch ,,Fleischbrücke“.
Um das Rezept zu schützen, durften die Azubis die Stadt nicht verlassen
Auch interessant: Wir sehen ein ehemaliges Pest-Krankenhaus, das jetzt ein gemütliches Studentenwohnheim ist, und viele weitere stimmungsvolle, grüne Orte am Fluss. Dazu erzählt Anna Verblüffendes über die Stadtgeschichte, vor allem über Lebkuchen. Etwa, dass die Lebküchner damals keine Lebkuchen mit Schokolade herstellen durften – die Verwendung der edlen Kakaomasse war nur Bäckern erlaubt.
Es dauerte noch Generationen, bis sich das änderte. Ebenfalls bemerkenswert: Um zu verhindern, dass das einzigartige Rezept andernorts kopiert wurde, durfte man während der mehrjährigen Ausbildung die Stadtmauern nicht verlassen! Hui.
Uns fällt auf, dass die meisten Infos, auch über die berühmte Weißgerbergasse und den Henkersteg (was für ein gruseliger Name!), eher für Erwachsene und Jugendliche interessant sein könnten als für Kinder. Aber immerhin gibt es bei diesem besonderen Stadtrundgang Lebkuchen zum Naschen und eine freundliche Frau in einem ulkig-originellen Kostüm zu sehen. Und das spricht ja dann doch wieder Jüngere an.
Alternativ kann man sich auch mit einem eigens für Kinder gestalteten Stadtplan selbst auf Erkundungstour begeben. Dort sind alle Highlights der Stadt eingezeichnet, von den historischen Felsengängen über den Zoo und das Spielzeugmuseum bis hin zu den Orten, die wir heute besuchen.
Jetzt geht’s um die Wurst
Nach so viel Kultur haben alle eines: Riesenhunger. Gut, dass das bekannte ,,Bratwursthäusle“ ums Eck vom Hauptmarkt liegt, wo die Stadtführung auch wieder endet. Im ,,Reich der Bratwürste“ bekommen wir einen gemütlichen Tisch im sehr urigen Gasthaus, dessen Inneres mit dunklem Holz verkleidet ist.
Wie auf einer Skihütte
,,Man fühlt sich wie auf einer Skihütte“, findet Emma. Dann wird bestellt. „Was darf’s sein?“, fragt die Bedienung. Was für eine Frage! Natürlich Nürnberger Rostbratwürste! Unsere Bestellungen unterscheiden sich nur in der Anzahl der eher kleineren Würste (6, 8, 10 oder 12 Stück) und bezüglich der Beilage (Sauerkraut, Kartoffelsalat oder Meerrettich).
Während wir aufs Essen warten, beobachten wir den offenen Grill in der Mitte der Stube. Dort legen mehrere Köchinnen im Akkord Bratwürste auf den Rost und wenden sie mit einem Affenzahn, sodass sie schön braun, aber eben nicht verkohlt sind. Live-Cooking vom Feinsten. Das sieht nicht nur toll aus und riecht köstlich, es schmeckt dann auch lecker. Diese rauchige Note und das zarte Innere ist vermutlich genau das, was die original Nürnberger Rostbratwürste ausmacht.
Ein Riesenlebkuchen geht noch!
Sind wir nun satt? Ja, eigentlich schon. Wollen wir trotzdem noch beim Hauptgeschäft der berühmten Lebkuchenfirma Wicklein vorbeischauen? Ja, klar! Wir genehmigen uns große Lebkuchen mit Schokoüberzug. Mmh, kein Vergleich zur Supermarktware! Dazu eine heiße Schokolade! Alle staunen, wie viele verschiedene Geschmacksrichtungen und Arten von Lebkuchen hier verkauft werden. Selbst für Veganer ist was dabei!
Der berühmteste Sohn der Stadt? Genau!
Noch satter und zufriedener als vorher schlendern wir an stilvollen Gebäuden vorbei zum Haus des Malers Albrecht Dürer, den manche als berühmtesten Sohn der Stadt bezeichnen. Auch wenn es spezielle Kinderführungen geben soll, bei denen Guides in altertümlichen Gewändern stecken, belassen wir es bei einer äußeren Hausbetrachtung.
Auffällig: Es ist unten aus Stein gebaut, oben ist es ein fast schon stylisches Fachwerkhaus in rot-weißem Look. Rot sind die Balken und weiß ist der Stein, mittendrin typisch mittelalterliche, große Fenster, jedoch in viele Quadrate aufgeteilt. Das Dach besteht aus braunen Ziegeln, oben hatte der Künstler sogar einen kleinen Balkon zur Verfügung.
Würde er noch leben, erblickte er an schönen Tagen oft jede Menge entspannte Leute, hauptsächlich Studenten, die sich auf einer Freifläche an der Stadtmauer tummeln. So wie heute. Manche haben es sich mit einem Getränk in Liegestühlen bequem gemacht, andere sitzen auf dem Boden – und genießen die gute Stimmung zu Füßen der imposanten Kaiserburg.
Zukunft findet Stadt
Uns zieht es jedoch zur nicht weit entfernten, erst im Herbst 2021 eröffneten Nürnberger Zweigstelle des Münchner Deutschen Museums. Es heißt auch „Zukunftsmuseum“ und liegt mitten in der Innenstadt an der Pegnitz. Wie der Name schon sagt, geht es in diesem Museum um Zukunftsthemen: Wie bewegen wir uns in Zukunft fort? Wie schaffen wir es, alle zu ernähren, und das auch noch nachhaltig? Wie kann Technik dazu beitragen, den Klimawandel zu bremsen? Wie schlau sind Computer und künstliche Intelligenzen bereits? Diese und viele weitere Antworten auf die großen Fragen der Gegenwart und Zukunft findet man hier.
Das Museum ist gleich aus mehreren Gründen familien- und kinderfreundlich. Zum einen betreffen diese Themen naturgemäß Kinder und Jugendliche stark, weil sie, na ja, am meisten Zukunft vor sich haben. Zum anderen ist das Museum einfach super modern, unterhaltsam und kurzweilig gestaltet, wobei man auch sagen muss, dass gerade so manche Video-Einspielungen einen echt ernsten Unterton haben.