Kanufahrer auf der Donau bei Oberndorf: Vom Ufer grüßt der frühgotische Turm der Kirche Mariä Himmelfahrt
Kreisverkehr

Kanufahren im Kreis funktioniert normalerweise nicht auf Flüssen. Wohl aber auf der Donau bei Bad Abbach. Eine Schleuse und der parallel verlaufende Main-Donau-Kanal machen es möglich. Wir haben eine Runde gedreht. Dabei gingen wir bewusst baden und nahmen die lustige Bootsrutsche...

Lesezeit: 14 Minuten

Kanu-Rundtour auf Donau und Main-Donau-Kanal

Das Jahr 2020 war für viele einschneidend, auch für Christian Hanika aus dem niederbayerischen Markt Bad Abbach. Der Mittdreißiger erinnert sich: „Das war schon krass: erst die Bürgermeisterwahl verloren, dann auch noch den Job.“ Wer bucht in Pandemiezeiten schon einen DJ? Auch seine Dienste als Trauredner und Profi-Brautentführer waren nicht mehr gefragt.

Doch Kopf in den Sand stecken? Das war keine Option für den Gemeinderat und werdenden Vater. „Die Donau direkt vor den Augen kam mir plötzlich die Idee: Kanus, das ist es! Schließlich drängte es immer mehr Leute in die Natur und dank natürlichem Abstand der Boote ließ sich das auch in Gruppen problemlos durchführen.“

Kanuverleihstation: In Bad Abbach sind Start und Ende des Kanu-Rundkurses

Gedacht, gemacht. Auf die fünf Start-up-Kanus folgten rasch weitere. Mittlerweile – Corona ist gebannt, die Outdoornachfrage geblieben – umfasst Christians Flotte achtzehn Kanus. Die liegen am eigens gebauten schwimmenden Steg etwas außerhalb des für seine Schwefelquellen und die Kaiser-Therme berühmten ostbayerischen Kurorts Bad Abbach vertäut.

Knallrot sind die meisten, für ein bis drei Mitfahrer konzipiert,in Sachen Ausstattung nicht edel, dafür äußerst robust. Das ist wichtig, schließlich sollen die permanent im Einsatz befindlichen Wasserfahrzeuge auch die obligatorischen Anfängerfehler und manch jugendlichen Übermut verzeihen.

„Was viele überzeugt ist, dass man wieder an den Startpunkt zurückkommt“

Freundesgruppen aller Art und Familien mit Kindern sind für Christian die Zielgruppe Nummer eins. Wobei die mit dem „Newcomerpreis 2022 des Landkreis Kelheim“ ausgezeichneten „Kanuerlebnisse Hanika“ von Paaren, Firmenbelegschaften wie auch Solopaddlern gebucht werden.

„Was viele überzeugt“, so Christian, „ist, dass man wieder an den Startpunkt zurückkommt. Da braucht es keine Fahrlogistik, weder ein zweites Auto noch einen Anhänger. Und: Jeder kann sich für die Runde so viel Zeit lassen wie gewünscht.“

Die einzige Einschränkung: An gefragten Wochenendtagen sollte, wer zur festen Einstiegszeit um 10 Uhr startet, bis um 15 Uhr zurück sein, damit das Kanu erneut vermietet werden kann. Hektik muss jedenfalls keiner fürchten, die 8,3 Kilometer schafft man als halbwegs geübter Paddler gut in zweieinhalb Stunden.

Autor Christian Haas am Kanuverleih an der Donau bei Bad Abbach
Kanufahrer bei einer Kanu-Rundtour auf Donau und Donaukanal

Mit Schulklassen werden auch kürzere Aktionen veranstaltet. Heute etwa hat sich eine Klasse angemeldet. Aus diesem Grund schleppt Christian gerade vom nahen Lager Schwimmwesten, Paddel und Dry Bags heran. Für uns kann er trotzdem Equipment und zwei Boote entbehren.

Zusammen ziehen wir die Kanus auf den Steg, kippen Regenwasser aus, fahren einmal mit dem Lappen über Sitze und Oberflächen und lassen sie wieder zu Wasser. Bleibt noch die Frage: Doppel- oder Stechpaddel?

„Das Doppelpaddel mit je einem Blatt pro Schaftende ist für Einsteiger besser geeignet, da es das Boot stabiler auf Kurs hält. Aber man wird halt eher nass, weil man immer bisserl Wasser reinschaufelt. Für das Solopaddel bedarf es etwas Erfahrung mit dem J-Schlag. Des is so, als würd ma am Schluss noch a Watschn mitgebn.“ Aha, das sollten wir hinkriegen!

Kanufahrer machen eine Kaffeepause am Donau-Strand bei Bad Abbach
Blick von oben auf die Donau und den Donaukanal

Rote Boje? Abbiegen!

„Mein Video habt’s ihr ja angeschaut, gell?“, vergewissert er sich zum Schluss. Check, der Kurzfilm ist hilfreich, weil er in Kürze alles Wichtige zusammenfasst und die Route erklärt. Ob es das braucht? Nun, es kam wohl schon vor, dass jemand „vor lauter Ratschen die Kurve nicht gekriegt hat“. Daher sagt Christian noch mal ganz deutlich: „Bei der roten Boje geht es links ab zur Schleuse!“

Mit diesen Worten verabschiedet er uns. Ein Schubs, ein Winken, schon sind wir mitten im Fluss und nach ein paar Paddelschlägen im Flow. Die klare, mit rund 1,60 Meter Wasserstand eher niedrige Donau gibt sich zahm. Doch weil die Sonne gerade so schön auf eine Kiesbank scheint, entscheiden wir uns für eine spontane Brotzeitpause.

Mit Thermoskannenkaffee in der Hand rufen wir uns die Naturkundetafel am Steg in Erinnerung und halten Ausschau nach heimischen Tieren: Ok, Biber sehen wir keine, und auch für Barben, Zander und Flussbarsche bräuchte es vermutlich ein geschulteres Auge (und einen anderen Platz). Aber das im Gebüsch gegenüber war ein Blesshuhn. Und dort, unterhalb des Magerrasenhangs, ist das am Ende ein Eisvogel?

Gestärkt geht es wieder in die Boote. Kurz danach ist die rote Boje deutlich zu erkennen, wir sind also auf dem richtigen Weg. Nach einer Kurve tut sich vor uns ein mehrere Meter hohes Betonbauwerk auf. Voilà, die Sportbootschleuse von Bad Abbach!

Schleusenbedienung am Donaukanal

Bergfahrt zum Kanal

Wie hieß es im Video? Eine Person soll links bei der Plattform aussteigen und ihr Boot dem Partner übergeben. Während ich mit einem Zusatz-Kanu im Schlepptau in die offene Schleuse einfahre, steigt Thomas die Treppe rauf und macht sich mit dem Bedienterminal vertraut. Was nicht schwer ist. Es gibt zum einen den Hebel, den er von Talfahrt auf Bergfahrt stellt. Und da ist der Knopf, der durchgehend gedrückt werden soll.

„Wie in einem Fahrstuhl geht es in Nullkommanix aufwärts“

„Alles klar da unten?“, ruft er mir in die Tiefe zu. Mein Daumen geht rauf, seiner auf den Knopf. Schleuse zu, Wasser marsch! Irre, wie schnell sich die Kammer mit zufließendem Wasser füllt.

Ein erhebendes Gefühl ist das, und zwar im wahren Sinne. Wie im Fahrstuhl geht es in Nullkommanix aufwärts. Ich muss nur aufpassen, dass ich mich nicht mit dem Paddel in den Eisensprossen der in die Wand eingelassenen Leiter verkeile. An denen halte ich mich immer wieder fest, um nicht gegen das Schleusentor zu treiben. Klingt dramatischer, als es ist. Trotz der beeindruckenden Größe des Bauwerks kann eigentlich nichts Ernstes passieren.

Kanufahrer in der Schleusenkammer zwischen Donau und Donaukanal
Kanufahrer in der Schleuse zwischen Donau und Donaukanal

Keine fünf Minuten später sind Thomas und ich fast wieder auf Augenhöhe! „Willkommen im 1. Stock!“, ruft er. Dann öffnet sich das obere Schleusentor und ich steuere das Boots-Duo zum Einstiegsplatz auf der linken Seite.

Nun können wir weiterpaddeln, jetzt im Schleusenkanal. Diese Art Ortsumfahrung für Boote ist Teil des 1992 eröffneten Main-Donau-Kanals und breiter als die Donau. Und überraschenderweise zeigt er sich trotz Betonbett schön begrünt. Wie meinte Christian? „Passt’s auf! Dort sind auch mal größere Schiffe unterwegs. Und die haben Vorfahrt, also eher rechts fahren.“ Wobei heute nichts los ist, kein Schiff weit und breit, auch nicht in der deutlich größeren Hauptschleuse.

Auch nichts los ist in puncto Strömung. (O-Ton Christian: „Der Kanal gleicht einem See!“) So paddeln wir gechillt zurück nach Bad Abbach, mehr oder weniger parallel zur Donau, aber eben eine Etage weiter oben.

Kanufahrer auf der Donau bei Poikam, im Hintergrund die Spitze eines Kirchturms

Sich einfach treiben lassen

Wer winkt denn da? Das muss Alois Schmidbauer sein, mit dem wir verabredet sind. Bei ihm angekommen, steigen wir an der Böschung aus – Achtung, giftiger Bärenklau! –, ziehen die Kanus hoch auf die Kanalkante und spazieren rüber zur Donau. Alois, Mitte fünfzig und in vielerlei Hinsicht engagierter Bad Abbacher, will uns seinen Lieblingsbadeplatz zeigen.

Damit wir uns nach der Erfrischung gleich abtrocknen können, deponieren wir Handtücher und Klamotten am Ausstieg und laufen dann 500 Meter flussaufwärts – einen Rundkurs für Schwimmer gibt es eben noch nicht – zur Einstiegsstelle. Ein paar pieksige Steine später heißt es: Füße hoch und sich treiben lassen.

Kaum zu glauben, dass es den Abbacher Kindern früher verboten war, in der Donau zu baden. Es war zu gefährlich! Hochwasser, Strudel, Treibgut! Heutzutage gibt es den Kanal und saubereres Wasser und sogar Diskussionen über ein Flussbad. Einige Leute schwimmen auch so in der Donau, dank sanfter Strömung und angenehmer Temperaturen. „Die Doana ist schee warm heut, über 23 Grad“, bestätigt Alois.

Fast wie im Freibad! Und was passt zu Freibad? Genau: Pommes und Spezi vom Kiosk. Die holen wir uns auf der anderen Seite der Kanalbrücke, im „Insel-Café“, das Alois zusammen mit dem „Campingplatz Freizeitinsel“ betreibt. Spannend, was er, im Hauptberuf Öko-Bauer, mit seiner Familie geschaffen hat. Hier tollen Hunde und Kinder herum, die am Programm „Lernort Bauernhof“ teilnehmen.

Campingplatzbetreiber und Biolandwirt Alois Schmidbauer in Bad Abbach
Zwei Männer schwimmen im Donaukanal bei Bad Abbach

Flotte „Bootsrutsche“

Zeit, wieder zum Paddel zu greifen, wir wollen schließlich weiter. Was wegen des aufkommenden Gegenwinds Kraft kostet. Ein Motorboot sorgt für Extrawellen, auch wenn es recht langsam vorbeifährt. Gut, dass wir hinter der Doppelbrücke abdrehen und hinüber zum Wehr paddeln. Tschüss, Gegenwind, hallo Rutschenspaß!

Bevor wir die rund 60 Meter lange Kanutreppe hinabsausen, steigen wir am Betonufer aus und schauen uns die Attraktion an. Aber was gibt es da lang zu glotzen? Rein in die Rinne – eine Riesengaudi! Dabei immer Paddel in die Höhe halten, schließlich ist der Kanal kaum breiter als einen Meter. Schon „zischen“ wir runter, nicht schneller als zehn Stundenkilometer. Kunststoffborsten bremsen auf der gesamten Länge der Rutsche unsere Kanus ab.

Kanutreppe: Flott geht es auf der

Unterhalb des Wehres herrscht schnell wieder herrliche Naturkulisse. Diesen Teil der Donau kennen wir bereits vom vorherigen Schwimmen.

Bald taucht Neuland auf: das hinter viel Grün versteckte Bad Abbach. Und hey, ist das nicht der berühmte Heinrichsturm, in dem vor mehr als 1.000 Jahren Kaiser Heinrich II. geboren wurde? Leichter auszumachen ist da schon die Fußgängerbrücke über die Donau – und kurz dahinter Christians Kanu-Steg am rechten Ufer. Schade, dass die Runde schon rum ist.

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