Seit dem Mittelalter gilt in Bayern: Alle Vorräte aufessen, Lumpenmusik spielen, Schabernack treiben, bevor die vierzigtägige Fastenzeit beginnt. Manche Rituale haben sich gehalten, viele alte Fastnachtsbräuche wurden wiederbelebt. Hier kommen unsere acht Favoriten
8 Tipps für Fasching in Bayern
„Zum Spaß, mei Liaba, ist der Fasching net da, da hört sich der Spaß auf,” stellte Karl Valentin klar. Brauchtumsexperten würden ihm recht geben. Sie vermuten den Ursprung der Fastnachtsbräuche in der Zeit, als die Menschen an Dämonen glaubten. Der kalte, dunkle und unfruchtbare Winter trug Fratze, Hörner und Zottelfell. Gegen Ende dieser frostigen Jahreszeit verkleideten sich die Bauern und Hirten als noch schlimmere Ungeheuer: Mit viel Getöse vertrieben sie Angst, Hunger und Kälte und lockten mit Fruchtbarkeitsritualen Licht und Wärme an.
Faschingsbrauchtum in Bayern
Benediktbeuern: Tölpel an den Pranger
Das Haberfeldtreiben ist der Höhepunkt der Faschingsdienstagsumtriebe in Benediktbeuern. Doch manche Bürger haben Gründe, sich vor dem Auftritt der Zottelbärte mit den geschwärzten Gesichtern zu fürchten. Der Haberermeister und sein wildes Dutzend sammeln das Jahr über Dorftratsch, um diesen dann schonungslos von einem Balkon aus zu verkünden.
Früher war das Haberfeldtreiben nicht lustig. Begleitet vom ohrenbetäubenden Lärm der Trommeln, Kuhglocken, Ratschen und Dreschflegel hielten die Bauern Gericht über Außenseiter. Ledige Mütter, betrügerische Händler, Bierpantscher, arglistige Beamte und sündige Priester wurden an den Pranger gestellt. Es kam zu Selbstjustiz, Krawall und Aufruhr gegen die Obrigkeit. Das letzte große Treiben fand 1893 in Miesbach statt. An die 300 Haberer lieferten sich mit den anrückenden Polizisten ein Feuergefecht. Die Bevölkerung wollte mit den Umtrieben der jungen Burschen nichts mehr zu tun haben. Erst in den 1960ern belebten einige Trachtenvereine den Brauch neu.
Termin: 04. März 2025
benediktbeuern.de
Schellenrührer: Gungeln in Murnau
„Maschkera gehen“ nennen die Werdenfelser den fantasievollen Unfug, den sie im oberbayerischen Landstrich zwischen Mittenwald, Garmisch-Partenkirchen und Farchant anstellen, um den Winter zu vertreiben. Die Region ist für die „Maschkera” berühmt. Die kunstvoll geschnitzten und gefassten Larven werden seit Generationen vererbt oder nach historischem Vorbild beim Schnitzer bestellt.
In Murnau treiben sich am Faschingssonntag die merkwürdigsten Gestalten auf dem Oberen und Unteren Markt herum. Ein Bär wird von zwei Treibern ausgepeitscht, ein Zwergenpaar mit hohen Hüten verteilt Bonbons, zwei Bösewichter ziehen ein Kind auf einer Pfanne über das Pflaster, dass es nur so scheppert, ein paar Burschen schleudern eine Lumpenpuppe in die Luft.
Am seltsamsten aber wirkt der Zug der dreizehn Schellenrührer, der unentwegt in einer Reihe den Markt auf und ab stapft. Mit jedem Schritt tönen die Kuhglocken, die sie auf den Rücken gebunden haben, sie schwenken Bogen aus Tannengrün, die Gesichter hinter barocken Larven. Jeder Schellenrührer steht für einen Monat, Nummer dreizehn führt die Reihe an. Hexen, Bär, Musiker, Schellenrührer und der ganze wilde Haufen fällt nacheinander in alle Traditionsgaststädten ein, Gungeln heißt das. Jedem Wirt ist es eine Ehre, den wilden Gesellen eine Brotzeit hinzustellen.
Termin: 02. März 2025
tourismus.murnau.de
„Hoppla-Ho, d'Schoidegg isch asoo”: Scheidegg
Vor über hundert Jahren trug es sich zu, dass die tapfersten Männer von Scheidegg einen alten Hund erschossen. Vor dem zotteligen, weißen Tier hatte sich das Dorf gefürchtet, alle hielten es für einen gefährlichen Eisbären.
Der „Isbär”, mittlerweile Maskottchen des Kurorts bei Lindau, führt seit den 1920er den großen Narrenzug an. Stolz treiben die Jäger den Mann im Schafsfell vor sich her, der den Bären gibt. „Hoppla-Ho, d'Schoidegg isch asoo", rufen Zuschauer und Maskierte. Über 3.000 Masken- und Hästräger aus Oberschwaben, dem Schwarzwald, dem Bodenseekreis und dem Neckargäu kommen hier zusammen.
Häs heißen im Dialekt die fantasievollen Kostüme, die Schindlbuz, Zockele, Käsmolle, Büttel, Hexen, Teufel und Zunfträte tragen. Zusammen mit den geschnitzten Larven werden sie in den Familien gehütet wie ein Schatz. Der Brauch gehört zum immateriellen Kulturerbe im Sinne der UNESCO.
Termin: 23. Februar 2025
scheidegg.de
Hauptsache unten ankommen! Schalengge-Rennen
Anstrengend und gefährlich war es, das Heu von den Allgäuer Almen ins Tal zu schaffen. Tragen konnten die Almerer solche Mengen nicht, also warteten sie auf den ersten Schnee, um das Futter fürs Vieh mit dem Schlitten bergab zu transportieren. Mannshoch beluden sie die Schalengger, so heißen die Großschlitten, und versuchten, ohne Bruch ins Tal zu rumpeln. Der Vordermann musste lenken, der Hintermann stemmte sich in den Schnee, um das Höllengefährt zu bremsen.
Die Kappelner sind tollkühn genug, blaue Flecken zu riskieren. Sie machen sich einen Spaß daraus, auf den sogenannten Schalenggern um die Wette zu schlittern. Am Faschingssamstag sausen sie eine tausend Meter lange Piste bei Pfronten-Kappeln den Berg hinunter, ein paar Sprungschanzen erhöhen die Spannung.
Die wuchtigen Hörnerschlitten heben häufig ab, manchmal landen die Fahrer im Schnee. Scheunenfunde erliegen bei so einem Aufprall gern ihren Wurmlöchern. Aber egal, jedes Team, das am Ziel ankommt, wird gewertet, auch wenn vom Schlitten nur noch eine Latte übrig ist. „Guat isch gange, koi Schalengge isch hi woare.“, stoßseufzten die Bauern früher im Tal. Heute gibt es Pokale, Urkunden, Musik, Spaß, Glühwein und Pappnasen.
Termin 2025 folgt
pfronten.de
Fahrnbach: Damischer Tag mit der Habergoaß
In einem Talkessel im Bayerischen Wald, umgeben von Teufelstisch, Einödriegel und Geißkopf, verstecken sich die wunderlichsten Wesen vor der modernen Welt. Am Faschingssonntag kommen sie für ein paar Stunden aus den Wäldern, um den Winter zu vertreiben. Die wilde Meute besteht aus der Habergoaß, einem zwei Meter hohen Tier mit geschwungenen Hörnern und Ziegenschädel, Bock, Zeilweib und anderen. Die untereinander heillos zerstrittenen Gestalten tragen Gesichtslarven und grobe Gewänder.
Das Zeilweib versucht die Habergoaß zu melken, der Jäger will dem Vieh eins auf den Pelz brennen. Der Bock soll die Geiß vor beiden beschützen, der Bockweiser alle zusammen davon abhalten, auf die Zuschauer loszugehen, was ihm nur mäßig gut gelingt.
Unruhe stiften Schubkarrenradler, die ihre Aufsitzer loswerden wollen und sie in jeden Schneehaufen und jede Drecklache kippen. Zur Strafe werden sie von Bock und Goaß gemartert. Verschont bleiben die Bettelleute. Das betagte Paar zieht auf einem Leiterwagen die Beute, an die alle ran wollen: Schnaps, Geld, Würste, Kuchen, alles, was sie der Bevölkerung abnötigen konnten. Zum Schluss, wenn sich alle genug verhauen haben, setzen sie sich im Wirtshaus bei einer deftigen Brotzeit zusammen.
Termin: 02. März 2025
bayerischer-wald.de
Geister, Tiere, Sonderlinge: Frauenauer Rauhnacht
In den tiefen Wäldern um Frauenau lebten früher Glasmacher, Köhler und Kobolde. Der Turandl war ein zotteliges Gespenst, das in den Glashütten Werkzeug versteckt. Der Irrwutz raubte einem die Orientierung im Wald, das Moorweiberl vergriff sich an Junggesellen.
„Wozu brauchen wir Cowboys und Indianer?”, fragte der Kunstmaler Herrmann Erbe-Vogel vor gut 70 Jahren seine Mitbürger, „wir haben doch unsere Sagengestalten!” So ist es überliefert. Mit großem Eifer begannen die Frauenauer ihre Masken selbst zu bauen. Sie bastelten Nachtmare und Wesen aus Pappmaché, Draht, Stoff, Holz und aus allem, was sie auftreiben konnten.
Heute zählt die Frauenauer Rauhnacht zu den bekanntesten bayerischen Faschingsbräuchen. Einen geschnitzten Turandl (Glashüttengeist) erhält, wer im Wettbewerb die wahnwitzigste Verkleidung vorführt, möglichst mit Bezug auf die Region.
Termin: 01. März 2025
ostbayern-tourismus.de
Faschingszug Allersberg: Tanzende Flecklashexen
Die Allersberger Flecklashexen stellen alles auf den Kopf, was man von Hexen weiß. Das geht damit los, dass die Truppe aus 13 jungen Männern besteht, die keineswegs am Stock gehen. Sie tanzen, machen Sprünge, bauen Menschenpyramiden und werfen sich durch die Luft, obwohl es sich um ziemlich stabile Männer handelt. Damit sie wie echte Hexen aussehen, tragen sie warzige Nasen, blutunterlaufene Glotzaugen und schlechte Zähne.
Die Masken hat ein Schnitzer in den 1950ern mit Hingabe hässlich gestaltet. Seit vor ein paar Jahren die Tänze dazu kamen, sind die Flecklashexen weit über die Grenzen Frankens hinaus bekannt. In ihren bunten Flickengewändern wirbeln sie über Bühnen aller Art, vor oder nach Büttenreden, auf Märkten, im Fernsehen, bei Faschingsgalas. Das Publikum schunkelt gern und trägt bunte Hüte. Der Zaubertrank der Flecklashexen kommt aus den Flaschen einer fränkischen Brauerei, aber erst nach der Aufführung.
Termin 2025 folgt
fako-allersberg.de
Greding: Neue Pumpernickel
Brauchtum liegt im Trend. Im Fasching zählen die verrückten und kunstvollen Kostüme der Altvorderen mehr als eine Prinzessin aus dem Kostümhandel. Das Problem dabei: Die alten Larven und Kostüme lassen sich nicht so einfach auf dem Dachboden finden. Manchmal führen Beschreibungen und Abbildungen in alten Büchern und Fotoalben zum Ziel.
Das Kulturamt der Stadt Greding hatte in einem alten Kompendium einen Bericht über rot-grün gestreifte Männer namens Pumpernickel entdeckt. Sofort und mit Eifer machte sich der Fastnachtsverein Gredonia an die Arbeit, die Pumpernickel zum Leben zu erwecken. In vielen Stunden freiwilliger Arbeit wurden Kostüme geschneidert, Borten gewebt, Goaßln gedreht, tausende Glöckchen angenäht, Schellenbäume gebastelt und Masken geschnitzt.
Die zwölf Pumpernickel sind stolz darauf, als Gruppe mit uralter Tradition beim Brauchtumsumzug in Hilpoltstein mitzulaufen. Krampus, Hopfenhexen, Spalter Fleckli, Hummeln, Bärentreiber, Woidschebberer, Schnappviecher: In vielen Gemeinden rumoren wunderliche Gestalten herum, die sind alle dabei. Darauf einen Böllerschuss!
Termine: Thalmässing folgt | Greding 04. März 2025
fasching-thalmaessing.de | greding.de
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