Füttert Roland Schörkhuber am Allgäuer Bannwaldsee sein Wild, kann man über 150 frei lebende Hirsche aus der Nähe beobachten. Und das ganz ohne Fernglas und Ansitzen
Wildfütterung: magisch und ganz nah
Zweige knacken im Unterholz. Eine schwarze Nase schiebt sich aus dem Dickicht, dann noch eine, dann Dutzende. Mächtige Geweihe krönen schmale, graubraune Häupter. Unter zierlichen Schalen – so nennen Jäger die Hufe – knirscht frischer Schnee. Die Hirsche kommen zum Futtern. Gerade mal zehn Meter entfernt von ihnen stehen rund 200 Menschen, in warme Jacken gemummelt. Sie sind gekommen, um die Könige des Waldes beim Fressen zu bestaunen. Alle sind mucksmäuschenstill, selbst die Kinder.
Die Wildfütterung tut auch den Bäumen gut
Als Berufsjäger gehört es zu Roland Schörkhubers Aufgaben, das Wild im Winter zu füttern. „Da es für das Wild um das Überleben geht und sich kein Lebewesen von Luft und Liebe ernähren kann, müssten sie notgedrungen die Knospen von den jungen Bäumen äsen oder die Rinde von den Bäumen schälen. Damit würden die Tiere nicht nur einen wirtschaftlichen Schaden anrichten, sie würden ihren eigenen noch verbliebenen Lebensraum kaputt machen“, erläutert der Jäger.
Wie fast überall in Deutschland findet das heimische Wild in der Gegend um Füssen nicht mehr genug natürlichen Winterlebensraum, sobald der Frost einsetzt. Wo früher einsame Täler und milde Auen im Winter noch ausreichend Grün boten, siedeln heute Menschen. Darum ziehen sich die Hirsche ganzjährig in die schöne, aber raue Bergwelt zurück.
Tödliche Flucht bei Störungen im Winter
Dass Mensch und Hirsch hier friedlich Seite an Seite leben können, dazu trägt die Wildfütterung auf halbem Weg zwischen Buching und Schwangau bei. „Die Gäste entwickeln ein Verständnis für diese schönen Tiere und ihre Bedürfnisse“, so der Jäger. Er vermittelt den Zuhörern, wie überlebenswichtig Rückzugsgebiete für die scheuen Hirsche sind:
"Respektiert bitte die Wild-schutzgebiete"
„Wenn Wild aufgeschreckt wird, flüchtet es und verbraucht enorm viele Kalorien. Das kann im Winter dramatisch enden, da der Körperhaushalt in dieser Zeit auf Sparflamme läuft. Im schlimmsten Fall kann das bei zu großer Überanstrengung zum Tod des Wildtieres führen. Also bleibt bitte auf den ausgewiesenen Wegen, nehmt die Hunde an die Leine und unterhaltet euch ganz normal, damit die Tiere schon von Weitem hören können, dass ihr kommt. Respektiert die Wildschutzgebiete.“
Duftendes Heu
Es ist eine fast magische Begegnung, die sich im Winter hier am Bannwaldsee Tag für Tag um 15 Uhr wiederholt: die Wildtiere Auge in Auge mit ihrem größten Feind, dem Menschen. Ruhig treten sie an die Futterkrippen und äsen das duftende Heu. Die Jungtiere drücken sich an ihre Mütter, werfen manchmal einen Blick zu den Gästen im Zuschauerraum. Aber auch die jungen Hirsche zeigen keine Scheu. „Sie wissen ganz genau, dass an der Futterstelle jemand eine schützende Hand über sie hält“, erklärt Roland Schörkhuber.
Im Nu ist eine Stunde vergangen, die Hirsche sind satt. Majestätisch stolzieren sie in den Wald zurück. Die Gäste wandern durch die verzauberte Winterlandschaft zurück zum Parkplatz an der Karbrücke, stapfen weiter nach Buching oder steigen in die Pferdeschlitten, um mit Glockengebimmel durch das Alpenpanorama zu rauschen.
Die Erinnerung an die Wildfütterung tragen sie noch lange mit sich, weiß Roland Schörkhuber, denn: „Dieses riesige Vertrauen gegenüber den Menschen berührt die Gäste sehr.“
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