Nikolai Birnbaum zieht in Epfenhausen bei Landsberg am Lech edelsten Fisch und Kaviar, der oft in der Münchner Top-Gastronomie landet – aber auch zuhause genossen werden kann. Wir haben ihm bei seiner Arbeit zugesehen. Von Klaus Mergel mit Fotos von Toby Binder
Herr der Saiblinge
Dort leben, wo man arbeitet: Das ist für viele schwierig, schon allein das Homeoffice hat seine Tücken. Für Nikolai Birnbaum ist es essentiell. Das sind die Teiche, die Fische, die Natur. Birnbaum – oder „Niki, wie ihn die meisten nennen – lebt mit seinen Fischen und seinem Beruf und liebt beides.
Die Fischzucht Birnbaum in Epfenhausen ist ein besonderer Ort, in dem es ständig plätschert und alles fließt. Die Fische, die hier aufwachsen, landen zum Teil auf den Tellern der Gourmetrestaurants – jedoch auch von „normalen“ Fischliebhabern.
Mit Gummistiefeln und Wathose bewegt sich Birnbaum mit routinierter Sicherheit auf Matsch und Gras zwischen seinen Teichen. Die Stiefel hat er eigentlich den ganzen Tag an, außer bei Brotzeit und Mittagessen. „Wenn da ein Loch im Stiefel drin ist, wird’s unangenehm“, sagt er. Geboren 1970, übernahm der Fischwirtschaftsmeister 1996 den Betrieb von seinem Vater Karl-Heinz.
Ganz wichtig: Viel frisches Quellwasser
„Früher hieß das Fischzuchtmeister“, sagt er. und lacht. „Das klang eindeutig lustiger.“ Sein Vater führte die seit etwa hundert Jahren bestehende Anlage seit 1960: 20 Teiche auf 2,5 Hektar Grund.
Was der Vater begann, baute Birnbaum aus, professionalisierte die Teichwirtschaft. Aber dennoch nicht hart in Richtung Wachstum und Umsatz: „Ich hole nur die Fische heraus, die genau richtig sind. Ich schlachte nur immer so viel, wie meine Kunden brauchen.“ Auf jeden Fall eine nachhaltige Maxime, möglicherweise eine entscheidende Komponente seines Erfolgsrezepts.
60 Liter Frischwasser pro Sekunde
Das Wasser wird mit reinem Quellwasser gespeist. „Damit bekommen wir eine Durchlaufmenge von 60 Litern pro Sekunde“, erklärt Birnbaum „Das mögen unsere Tiere, immer frisches Wasser.“ Birnbaum und seine Ehefrau Angela sind immer gut beschäftigt, das merkt man schon allein daran, dass man sie tagsüber kaum ans Telefon bekommt.
Rutsche in den Karpfenteich
Und man spürt bald: Da ist Passion dabei. Sehr, sehr viel Passion. Wer baut sich schon sein Wohnhaus aufs Betriebsgelände, auch noch direkt an den Teich? Birnbaum freut sich diebisch, wenn man sein Haus – bewacht vom laut schnatternden Hauserpel Emil – für ein altes Gründerzeithaus hält. Ist es aber nicht, es ist keine 20 Jahre alt. Sieht aber historisch aus.
Der Clou: Von der Terrasse geht eine Rutsche direkt in den Karpfenteich. „Im Sommer ist das herrlich, gleich in der Früh ins Wasser zu rutschen“, sagt er. Warum auch nicht? Den Fischen gefällt es ja auch drin.
Sechs Arten von Forellen und Saibling
In seinen Teichen gedeihen neben den Karpfen alle möglichen Salmoniden, sprich: Regenbogenforelle, Bachforelle, Lachsforelle, Seeforelle, Tigerforelle und Goldforelle. „Aber am meisten ziehen wir Saibling, der macht etwa 40 bis 50 Prozent aus.“
Genau: der legendäre Saibling, dem es auch im Ammersee gut gefällt. Wer es sich leisten kann, geht ins Münchner „Tantris“ oder zum Gourmetrestaurant „Alois“ im „Dallmayr“, oder zu Bobby Bräuers „EssZimmer“ in der BMW-Welt, um einen von Birnbaums Saiblingen zu kosten. Muss er aber nicht. Auch im soliden Landsberger „Nonnenbräu“ wird er serviert, oder im „Landhotel Hipp“ in Hofstetten. Man kann ihn auch bei Birnbaum direkt kaufen und in der heimischen Küche selbst zubereiten. „Da geht es bei uns ganz demokratisch zu“, sagt Birnbaum.
Saiblingskaviar statt Beluga
In seiner Fischzucht gibt es zudem Hecht, Wels, Huchen und in geringen Mengen Zander und Stör an. Und den begehrten Saiblingskaviar, der es nach Gourmetaussagen leicht mit dem Beluga aufnimmt. Für Tierliebhaber gibt es Setzlinge von Weißfisch, Rotauge und Beifang aus den Karpfenteichen. Nicht für alle Tiere, die in seinen Teichen auf die Welt kommen, ist Platz zur Aufzucht.
So romantisch dieses Leben am Wasser klingt: Es ist fast nichts als harte Arbeit. Und auch nicht immer angenehm. Das Wasser ist eiskalt, es strapaziert Birnbaums Hände extrem. Jeden Tag, egal welches Wetter, gilt es die Fische zu füttern, herauszuholen, zu schlachten, filetieren, zum Räuchern vorzubereiten oder in die Kühlung zu bringen. Und auch für Fischsalate zu verarbeiten und im Hofladen zu verkaufen.
Familienleben? Mmhh!
Sechs bis neun Mitarbeiter sind gut beschäftigt, auch Birnbaums Ehefrau Angela muss ständig in Bewegung sein. Familienleben? „Das ist mit dem Betrieb irgendwie verwachsen“, sagt sie. Da ist es kein Wunder, dass die nächste Generation schon mitspielt. Tochter Lea Birnbaum ist gelernte Fischwirtin, hat auswärts Erfahrungen gesammelt. Seit drei Jahren arbeitet sie im Betrieb mit. Auch sie wird eines Tages ihre Akzente setzen. Dann hat Niki Birnbaum vielleicht etwas mehr Zeit für sein Hobby: Angeln.