Die fünf Burgen des Netzwerks „Mittelalter und Renaissance auf Burgen erleben“ bieten neben alten Sälen und dicken Mauern auch spannende Ausstellungen. Einige wurden speziell für Familien konzipiert, wie „Faszination Mittelalter“. Dazu befragten wir die Leiterin des Passauer Oberhausmuseums
Faszination Mittelalter
Bayerns Burgen stehen meist an besonders exponierten Plätzen und bieten daher auch oft eine eindrucksvolle Rundumsicht. „Gleichzeitig sind viele von ihnen kulturelle Schatzkästchen“, so Dr. Stefanie Buchhold, die Museumsleiterin auf der Veste Oberhaus in Passau. „Wahrscheinlich bin ich irgendwie schicksalshaft mit Burgen verbunden“, meint sie lachend.
Die gebürtige Nürnbergerin hat unter anderem Neuere und Neueste Geschichte studiert. Sie findet Burgen spannend, weil sie so viele Geschichten von früher erzählen – und weil manches, was damals wichtig war, uns auch heute noch bewegt. Wir haben mit ihr über die Faszination von Burgen, das Leben damals und die Veste Oberhaus gesprochen und sie um ein paar besondere Tipps gebeten.
Ritterromantik in Passau
Man tritt ein, schließt die Tür hinter sich und ist in einer ganz anderen Welt: Der so genannte Kälteraum auf der Veste Passau beeindruckt die meisten Besucher besonders. Denn dort versuchen Buchhold und ihr Team Gästen eine Vorstellung davon zu geben, wie sich das Leben auf einer Burg früher angefühlt hat: Ziemlich kalt war es, auch im Sommer. Und ganz schön dämmrig: Die Glasscheiben im Mittelalter ließen nicht so viel Licht durch.
Der Kälteraum ist aber nur eine interessante Station im Museum. Buchhold: „Bei uns kann man ganz viel machen und ausprobieren, unsere Mittelalterausstellung ist interaktiv konzipiert.“ Und sie ist nicht die einzige Ausstellung auf der Veste in Passau: Auch moderne zeitgenössische Kunst können Gäste unter anderem besichtigen und erleben, wie es in einer historischen Apotheke aussah.
Panoramablicke
Besonders sehenswert sind in der Ausstellung zum Mittelalter neben dem Kälteraum der Rittersaal und die Georgskapelle. Vom Rittersaal aus eröffnet sich ein grandioser Blick auf die Dreiflüsse-Stadt Passau. Buchhold erklärt, dass die Liebe zu Panorama-Aussichten vor allem in der Renaissance immer wichtiger wurde.
„Die Italiener haben das in der Toskana erfunden: dass man Gebäude und Aussichtspunkte so gestaltet, dass das Auge viel zu sehen hat. Dabei ging es damals wie heute einerseits um persönlichen Genuss, andererseits aber auch um Prestige, um Sehen und Gesehen werden.“
Was heute noch genauso ist
Wir wollen wissen, ob Burgherren Instagram genutzt hätten? Sie lacht und nickt. Denn auf Instagram zeigt man ja, wer man ist und was man hat. Und Bilder – etwa vom Rittersaal auf die Altstadt – hätten auch damals schon was hergemacht. „Ich kann mir einige große Herrschergestalten vorstellen, die Instagram geliebt hätten. Die hätten sofort alles fotografiert: mein Reich, mein Schloss, mein Garten.“
Die Georgskapelle
Das persönliche Lieblingsexponat der Historikerin ist die Georgskapelle mit ihrem Kreuzrippengewölbe und gotischen Freskenbildern mit Motiven aus dem Leben des Heiligen Georgs. „Die sind so lebendig und farbenfroh“, sagt die Museumsleiterin, „wenn ich Zeit habe, komme ich her und vertiefe mich gerne in dieses Kunstwerk.“ So gut erhalten blieb der Zyklus, weil er größtenteils bis in die 1960er-Jahre unter Putz lag – und weil die Burg im Gegensatz zur mittelalterlichen Stadt Passau keinen Bränden ausgesetzt war.
Ein völlig anderes Bild
Wir überqueren den relativ stillen Burghof. Buchhold erklärt, dass es früher hier mit Sicherheit ganz anders aussah. „Das vergessen wir heute gern“, meint die Expertin, „dass eine Burg ein richtiger Lebensraum für sich war, wie ein kleiner Ort – mit vielen Menschen, Wirtschaftsräumen, mit Personal, Gemüsegärten, riesigen Küchenräumen, in denen unentwegt gebraten und gebrutzelt wurde.
Heute lieben wir Burgen auch für ihre erhabene Ruhe und Leere“, meint Buchhold. „Aber die gab es früher überhaupt gar nicht.“
Mehr Informationen zum Oberhausmuseum in Passau
... von Stefanie Buchhold
Auszeit vom Stadtbummel
Ich bin gern im „Kaffeewerk“ am Kirchenplatz in der Innstadt. Der Kaffee und der Kuchen dort sind sehr, sehr gut.
Passau Innstadt
Römermuseums Kastell Boiotro
Meiner Meinung nach ist die Innstadt die eigentliche Schokoladenseite Passaus, man kann von da aus auch schön auf das Innufer mit dem Dom schauen. Ich empfehle außerdem einen Besuch des dortigen Römermuseums Kastell Boiotro. Das ist neben unserer Burg das zweite wichtige Museum der Stadt. Es liegt auch sehr schön, inmitten der Passauer Gassen.
Römermuseum Kastell Boiotro
Burgruine Hals
Da empfehle ich eine Wanderung entlang der Ilz bis zur Burgruine Hals. Man kann direkt am Fuß der Burg starten, erlebt schöne Natur und ist doch auch schnell wieder in der Stadt. Die Tour ist prima für Familien geeignet, und man kann unterwegs auch einkehren.
Burgruine Hals
Museen im Netzwerk „Mittelalter und Renaissance auf Burgen erleben“
- Oberhausmuseum auf der Veste Oberhaus, Passau:
In den historischen Burgmauern der Veste Oberhaus wird Geschichte auf einzigartige Weise lebendig. Die Ausstellungen erzählen vom mittelalterlichen Leben auf der Burg und der macht- und prachtvollen Residenzstadt Passau, gekrönt von einem grandiosen Panoramablick auf die reizvolle Region.
Oberhausmuseum auf der Veste Oberhaus
- Stadtmuseum Burghausen
Das Stadtmuseum Burghausen befindet sich auf der mit 1051 Metern weltlängsten Burg. Seit Kurzem präsentiert das Museum drei neue Ausstellungen mit vielen spannenden Mitmachstationen – zum Burgenleben im Mittelalter, zur Stadtgeschichte und zur Kunst in Burghausen.
Stadtmuseum Burghausen
- Kunstsammlungen der Veste Coburg
Gäste erwartet eine der größten Burganlagen Deutschlands mit grandiosem Weitblick und den sagenhaften Kunstsammlungen der Coburger Herzöge. Die Artillerieausstellung „Gebt Feuer!“ erzählt von der einstigen Wehrhaftigkeit der Veste.
Kunstsammlungen der Veste Coburg
- Kunst- und Wunderkammer auf der Burg Trausnitz, Landshut (Zweigmuseum des Bayerischen Nationalmuseums):
Die Kunst- und Wunderkammer auf der Burg Trausnitz versammelt einzigartige Kunstwerke der Renaissance, exotische Kostbarkeiten aus fremden Welten, seltene Naturalien, wissenschaftliche Instrumente und wundersame Dinge.
Kunst- und Wunderkammer
- Museum für Franken auf der Festung Marienberg, Würzburg
Die Festung Marienberg begeistert mit einer fantastischen Aussicht, einer jahrhundertealten Geschichte und der Kunst im Museum für Franken. Dieses lädt zu einer Reise in die Vergangenheit ein: von der Steinzeit über Mittelalter und Barock, bis ins 19. Jahrhundert.
Museum für Franken