Bereits seit Jahrtausenden nutzen die Menschen im Allgäu die Kräfte der einheimischen Wildkräuter. Mit diesem Wissen begeistert der Verein Allgäuer Kräuterland immer mehr Menschen, wie wir bei einem Treffen erfahren haben
Wiesen- und Heilkräuter in Bayern
Unser Weg führt durch eine erdfarbene Höhle. An den Wänden hängen Fotografien von beeindruckenden Pflanzen. Durch die Gänge zieht der Duft geräucherter Kräuter. Menschen lachen und tauschen sich aus. Es ist die Seminargruppe von Gerti Epple, erste Vorsitzende des Allgäuer Kräuterland e.V. Mit ihrem Verein hilft sie, das Wissen über traditionelle Wiesen- und Heilkräuter weiterzugeben und somit einen uralten Brauch im Allgäu zu erhalten.
Wundermittel von der Kräuterwiese
Bereits seit Jahrtausenden nutzen die Menschen der Region die Kräfte der einheimischen Wildkräuter. Meisterwurz, Bergarnika, der Doldenblütler Sanikel, aber auch Brennnessel und Giersch – all diese Pflanzen sind im Allgäu seit Urzeiten zu Hause. Schon im 16. Jahrhundert rühmt der Arzt Paracelsus die wundheilende Wirkung des Sanikel: „Die Sanikel ist so stark wirkend, so wundheilend, die heilt das Fleisch im Topf zusammen.“ In den letzten Jahrzehnten ist das Wissen über die Kräuter verloren gegangen – doch durch Gerti wird es wieder lebendig. Und damit auch die Geschichte ihrer Heimat.
Als Kind wächst die Allgäuerin ganz selbstverständlich mit den einheimischen Heilkräutern auf. „Ich bin auf einem Bauernhof groß geworden und meine Mutter hat schon damals im Frühjahr mit Sauerampfer, Klee und Löwenzahn gekocht“, erzählt Gerti. Während ihres Studiums merkt sie, dass ihr die Kräuter fehlen. Einige Jahre später fasst sie den Entschluss: Sie möchte die Pflanzen für sich wiederentdecken und auch andere von der Wirkung der Heilkräuter begeistern.
Kein Heilwissen ohne Fortbildung
Sie liest Fachbücher, besucht Fortbildungen und gründet im Jahr 2000 zusammen mit Gasthöfen, Hotels und anderen Kräuterinteressierten den Verein Allgäuer Kräuterland e.V. „Wir haben alle dieselbe Idee: Wir wollen das alte Wissen erhalten, das Brauchtum rund um die Kräuter wiederbeleben und Natur- und Wildkräuterstandorte sowie Wildflächen schützen“, erklärt die erste Vorsitzende.
Gerti liegen die Heimat und deren Geschichte sehr am Herzen. Deshalb lädt sie zu Kräuterführungen ein und hält regelmäßig Seminare. Dort erzählt sie den Kursteilnehmern alles, was sie über Gesundheit, Heilkunde, Kochen und Selbstversorgung mit heimischen Wildkräutern weiß.
"Wir wollen das alte Wissen erhalten"
Die Mutter und hauptberufliche Bildungsberaterin muss sich immer wieder die Zeit für die Akademie für traditionelles Heilwissen nehmen: „Ich mache die Arbeit aber nicht alleine. Ich habe ein tolles Team um mich herum und schaffe es auch, andere Leute von meinen Ideen zu begeistern und zu mobilisieren“, schwärmt Gerti.
Tradition muss Altes mit Neuem verbinden
Die Kursteilnehmer zerreiben die Heilkräuter, fühlen sie, nehmen das besondere Aroma wahr und lernen, diese sie von anderen Kräutern zu unterscheiden. Sie kochen mit den Pflanzen und essen die Gerichte in der Gruppe. Selbst kreierte Kräuteröle erinnern die Teilnehmer auch nach dem Seminar noch an eine spannende Zeit auf den Spuren der Allgäuer Geschichte.
Traditionen sind Gerti schon immer wichtig, doch diese nur zu bewahren, davon hält sie nichts. „Ich finde den Spruch, Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitertragen des Feuers‘ ganz bedeutend. Tradition darf sich entwickeln und das Alte muss sich mit dem Neuen verbinden“, so die Kräuterfrau.
Mehr zum Allgäuer Kräuterland
... für Kräuterfans
Kräuterdörfer
Im Allgäu gibt es mehrere Kräuterdörfer, die Kräuterwanderungen anbieten. Genauso wie man „Urlaub auf dem Bauernhof“ macht, wird dort „Urlaub auf dem Kräuterhof“ angeboten. Wir haben auch mehrere Kräuterhotels und Kräuterrestaurants, die sich mit uns vernetzt haben und das Thema Kräuter in ihren Zimmern und Gerichten umsetzen. Sie sind im ganzen Allgäu verteilt, von Füssen über Schwangau bis nach Stiefenhofen.
allgaeuer-kraeuterland.de/kraeuterdoerfer