Lenbachhaus München
Kunst-Erfahrung im Heuduft

Mit dem Rad zu den Werken und Inspirationsquellen der Künstlervereinigung Blauer Reiter, von Murnau bis München – schöner lässt sich Expressionismus kaum erleben

Lesezeit: 11 Minuten

MuSeenLandschaft Expressionismus

Anzeige | An diesem Nachmittag hält der Himmel über dem Voralpenland ein tolles Drama bereit. Hoch türmen die Wolken sich über Jochberg und Herzogstand, vertreiben die Sommerhitze, verstecken die Sonne. Noch gibt die sich nicht geschlagen. Wie Lichtspots auf einer Bühne wandern einzelne Strahlen über den Kochelsee, die Wasseroberfläche schimmert dabei abwechselnd in allen Nuancen von Blau und Türkis.

Die Sonnenflecken kriechen schließlich den Hügel am See empor und erleuchten in einem magischen Moment oben die Villa und den Kubus des Franz Marc Museums, während über dem Wasser bereits der Vorhang aus Regen fällt.

Franz Marc Museum
Kochlsee bei Schlehdorf

Franz Marc Museum:
Urnatur und Meisterwerke

Durch die großen Panoramafenster im zweiten Stock kann man das Spektakel gut geschützt von drinnen betrachtet. Wir sind hin und weg, Kunsthistorikerin Jessica Keilholz-Busch ist es auch. Die Westfälin ist zu beneiden, denn seit Frühjahr 2024 ist sie Leiterin des Museums und genießet diesen Ausblick täglich.

Nach Stationen an der Schirn Kunsthalle in Frankfurt, dem Museum Kunstpalast in Düsseldorf und dem Basel Art Centre war sie zuletzt sechseinhalb Jahre am Lehmbruck Museum in Duisburg als Kustodin für Klassische Moderne und Wilhelm Lehmbruck tätig.

Und jetzt Bayerns Berge! Die Direktorin weiß ihren Arbeitsplatz zu schätzen: „Vom Ruhrgebiet nach Kochel, krasser geht’s kaum. Die ständig wechselnden Lichtstimmungen über dem See und den Bergen faszinieren mich jeden Tag aufs Neue. Es gibt wohl kaum einen besseren Ort, um zu verstehen, warum Franz Marc und andere Künstlerinnen und Künstler des Blauen Reiter von dieser Region so inspiriert waren.“

Das Museum würdigt die Begründer der Künstlervereinigung, zeigt aber auch wichtige Werke des „Brücke“-Expressionismus sowie herausragende Arbeiten Paul Klees und bedeutende Gemälde der abstrakten Malerei nach dem Zweiten Weltkrieg.

In den Bildern Franz Marcs erkennt man so manche Szenerie aus der Bergwelt rund um Kochel, die er zeit seines Lebens als zweite Heimat betrachtete. Vielleicht finden wir bei der Weiterfahrt ja auch die Nachkommen der „Zwei blauen Esel“, so der Titel eines der bekanntesten Werke Marcs.

Franz Marc Museum

Blauer Reiter:
Landlust im Farbenrausch

Zum Ende des 20. Jahrhunderts entstand mit dem Expressionismus eine Kunst voll intensiver Farben und Emotionen. Maßgeblich beteiligt waren Künstler, für die der Großstadt-Muff des Kaiserreichs viel zu eng war.

So zog es unter anderem Franz Marc, Gabriele Münter, Heinrich Campendonk und Wassily Kandinsky aus München hinaus in die Landidylle Oberbayerns, um die Natur in kraftvollen Farben und Formen zu erfassen.

Die Gegend zwischen dem Pfaffenwinkel, wie die Gegend aufgrund der vielen Kirchen und Klöster bis heute offiziell genannt wird, und Murnau, zwischen Kochel und Bernried war dafür wie geschaffen: Die Voralpenlandschaft bietet ein einzigartiges „Best of Bayern“ aus Urnatur und Lüftlmalerei, Seen, Mooren und Bergen, barocker Verspieltheit und dem Duft von Heu und Kühen.

In fünf Museen lässt sich Expressionismus von Weltruhm erleben, in eben der Landschaft, die die Künstlerinnen und Künstler inspirierte. Das Fahrrad ermöglicht dabei die ideale „Kunst-Erfahrung“ mit allen Sinnen. Beispielsweise kann man vom Sattel aus in Sindelsdorf das frische Wiesenheu schon riechen, bevor man die traditionellen Heuhocken sieht. Die um Holzstäbe herum aufgeflufften Heuballen, die aussehen wie große Mützen, waren ein Lieblingsmotiv von Franz Marc.

Museenlandschaft expressionismus

MuSeenlandschaft Expressionismus:
Auf der Idealroute zur Kunst

Die „Radtour MuSeenlandschaft Expressionismus“ führt zur Kunst und zu den landschaftlichen Highlights der Region. Für die 170 Kilometer von Kochel über Murnau und Penzberg bis München sollte man sich fünf Tage Zeit nehmen.

Vom Franz Marc Museum kommend ist Murnau die nächste Station der Fahrradtour. Die hübsche Altstadt, das Murnauer Moos, über dem die Zugspitze in den Himmel steigt, und der nahe Staffelsee – der Gegend verfielen gleich einige Mitglieder des „Blauen Reiter“, darunter Wassily Kandinsky, Gabriele Münter, Marianne von Werefkin und Alexej von Jawlensky.

Deren Werke sind im Schlossmuseum Murnau zu bewundern. Zum Museum umfunktioniert wurde zudem auch das Wohnhaus Münters, in dem die Malerin, die der Nachwelt auch viele Zeichnungen und Fotografien hinterließ, von 1909 bis 1914 mit ihrem Lebensgefährten Kandinsky lebte.

Schlossmuseum Murnau
Schlossmuseum Murnau
Museum Penzberg
Museum Penzberg, Anette Vogel

Penzberg und Bernried:
Campendonk und „Brücke“

Das Städtchen Penzberg war die Wirkungsstätte von Heinrich Campendonk. Eine außergewöhnliche Sammlung des jüngsten Mitglieds des „Blauen Reiter“ ist im „Museum Penzberg – Sammlung Campendonk“ zu sehen.

Er übersetzte die Ideen der Avantgarde in eine magische Motiv- und Farbenwelt und entwickelte dazu eine verblüffende, leuchtende Hinterglastechnik. Die Radroute verbindet das Museum mit den nahe gelegenen Osterseen, deren Wasserwelt mit ihren Schilfwiesen und Inselchen an die Wildnis Skandinaviens erinnert.

Viel Zeit nehmen sollte man sich bei Bernried, am Westufer des Starnberger Sees, für das Buchheim Museum der Phantasie, das neben Expressionismus auch spektakuläre zeitgenössische Kunst bietet. Hier gruppieren sich um herausragende Werke der Künstlergemeinschaft „Brücke“, zu der unter anderem Ernst Ludwig Kirchner und Erich Heckel gehörten, auch Bilder von Max Beckmann und von Expressionisten der zweiten Generation.

Buchheim Museum

Finale in München im Lenbachhaus

Über Possenhofen mit seinem Schloss, in dem Kaiserin Sisi ihre Sommerfreizeit verbrachte, und Starnberg geht es am Flüsschen Würm und dann die Isar entlang Richtung München.

Dort wartet im Lenbachhaus die weltweit größte Sammlung des „Blauen Reiter“ – ein großes Finale der Tour und ein würdiger Endpunkt. Das Museum in der ehemaligen Künstlerresidenz des Malers Franz von Lenbach zählt mit seinem idyllischen Garten obendrein zu den schönsten Orten der Stadt. Ideal zum Durchatmen, bevor man sich an den Stadtbummel macht. Das München von heute ist übrigens bunter denn je. Die Expressionisten wären begeistert!

Die Seite der „MuSeenlandschaft Expressionismus“ stellt alle Museen und die Radroute ausführlich vor: museenlandschaft-expressionismus.de

Lenbachhaus

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