Juliusspital: Robert Haller und Horst Kolesch beim Prüfen der Weinreben
Wohltat aus dem Fass

Die Weine des „Juliusspital“ und des „Bürgerspital“ werden nach traditioneller Art gekeltert und sind weltweit bekannt für ihre Qualität. Die Erlöse aus ihrem Verkauf finanzieren wohltätige Projekte

Weinexperten Robert Haller und Horst Kolesch

Die Universitätsstadt Würzburg liegt direkt am Main, umgeben von grünen Weinbergen. Über Treppen und kleinere Steilstrecken erkunden Gäste die berühmten Anbaugebiete und genießen den Blick auf die Stadt zu ihren Füßen. Seit jeher prägt der Weinanbau das Bild und das Lebensgefühl Würzburgs.

Fränkische Lebensart und historische Sehenswürdigkeiten, Feste und eine lebendige Geschichte: Diese Kombination zieht jedes Jahr viele Gäste in die Weinstadt Würzburg. Einheimische wie Gäste lieben das Flair der Stadt, in der der Rebensaft eine so große Rolle spielt.

Dieses Flair können Besucher auf unterschiedliche Art erleben: bei den Weinfesten im Frühjahr und Sommer, bei einer Führung durch die Weinkeller oder in einer der Weinstuben wie der des „Juliusspitals“ und des „Bürgerspitals zum Heiligen Geist“. Die beiden Weingüter sind aus der Geschichte der Stadt nicht wegzudenken.

Juliusspital: Blick von den Weinbergen über die siebtgrößte Stadt in Bayern

Juliusspital: Hervorragender Wein für gute Taten

Inmitten einer prächtigen Gartenlandschaft im Zentrum Würzburgs liegt das barocke Anwesen der Stiftung Juliusspital. Als Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn während seiner Herrschaftszeit erkannte, dass Armen- und Krankenhäuser für Bedürftige gebraucht werden, gründete er 1576 die Stiftung.

Seine sozialen Vorhaben finanzierte er durch den Weinanbau. Mit Erfolg! 180 Hektar Rebfläche gehören heute zum größten Weingut Würzburgs, eine Fläche, die ungefähr 260 Fußballfeldern entspricht. Das macht das „Juliusspital“ zu Deutschlands zweitgrößtem Weingut, das Jahr um Jahr für seinen Silvaner, Traminer, Weiß-, Grau- und Spätburgunder sowie Riesling bedeutende Preise einheimst.

Das Spital ist weltbekannt für seine exzellenten Weine. Diese Erfolgsgeschichte führt seit einigen Jahren Horst Kolesch fort, Weingutsdirektor im „Juliusspital“. Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern kreiert der Franke hervorragende Weine und ist sich dabei seiner Verantwortung für die Stiftung und die Region bewusst.

Juliusspital: Das Barockgebäude der Stiftung in Würzburg
Horst Kolesch: Der Weingutsdirektor überprüft die Weinreben am Würzburger Stein

In vino caritas: Trinke Spitalwein und tue Gutes

„Der Wein ist bei uns schon immer Brot und Wasser und somit Lebensmittelpunkt gewesen. Er ist ein wesentliches Kulturgut und in Würzburg und im Fränkischen Weinland von übergeordneter Bedeutung, für die Region, für die Bevölkerung und für die Wirtschaft“, erzählt der Weingutsdirektor.

Seit mehr als 440 Jahren hilft die Stiftung Alten und Kranken

Auch für die Stiftung selbst spielt der Wein eine wichtige Rolle: Seit mehr als 440 Jahren helfen die Gewinne, die durch den Weinbau erzielt werden, Alte und Kranke zu pflegen.

Um dem Qualitätsanspruch weiterhin gerecht zu werden, gönnt Horst Kolesch seinen edlen Tropfen besonders viel Ruhe und lagert sie vorwiegend in Eichenholzfässern im Herzstück des Weinguts: dem 250 Meter langen Holzfasskeller unter dem historischen Fürstenbau. Dort kann der Wein das Aroma entwickeln, für das er bei Gästen und Weinliebhabern bekannt ist und geschätzt wird.

Horst Kolesch: Der Weingutsdirektor im Garten des Juliusspital in Würzburg

Bürgerspital zum Heiligen Geist: Wo Wein Not lindert

Einige Hundert Meter weiter fällt der Blick auf ein weiteres imposantes Gebäude. Die stattlichen Mauern einer gotischen Kirche gehören zum Anwesen des „Bürgerspitals zum Heiligen Geist“, einer weiteren Stiftung für notleidende und alte Menschen.

1316 schon gründeten Johannes und Mergardis von Steren, wohlhabende Bürger einer Patrizierfamilie, das „Bürgerspital“ in Würzburg. Das Ehepaar spürte die Not der Bevölkerung und ihren Bedarf nach Sicherheit im Alter. Im „Bürgerspital“ sorgte man sich um sie, deshalb sind die Plätze der Stiftung bis heute sehr begehrt. Um an ihrem Lebensabend gepflegt zu werden, vermachen die Leute dem Spital Immobilien, Weinberge und sogar ganze Ortschaften.

Auf 120 Hektar Rebfläche bauen die Mitarbeiter des „Bürgerspitals“ unter anderem Riesling, Silvaner und Burgunder an und füllen sie in die typischen Bocksbeutel-Flaschen. Die Weine bewahren die traditionelle Kultur, sind gleichzeitig jedoch zeitgemäß und modern.

Bürgerspital: Das Weingut ist die wirtschaftliche Grundlage für die Arbeit der Stiftung

Rekordwein vom Würzburger Stein

Die wertvollsten Lagen sind der Würzburger Stein und die Stein-Harfe. Dort wuchsen auch die Reben, aus denen zu Lebzeiten von Shakespeare und Martin Luther ein Wein ausgebaut wurde, der als Jahrtausendwein gilt.

Stein-Wein von 1540?  Entkorkte  Rarität. Cheers!

Der 1540er Stein-Wein erwies sich bei einer Verkostung 1961 als wahrer Genuss. Der 421 Jahre alte Weißwein sei, so notierte der Wein-Autor Hugh Johnson, der bei der Verkostung dabei war, sei „… noch lebendig. Nichts hatte mir bis dahin so klar vor Augen geführt, dass Wein wahrhaftig ein lebendiger Organismus ist, denn diese braune, madeiraähnliche Flüssigkeit vor mir hielt noch immer die aktiven Lebenselemente in sich fest, die sie von der Sonne jenes längst vergangenen Sommers in sich aufgenommen hatte. Auf nur schwer fassbare Weise ließ dieser Wein sogar seinen deutschen Ursprung ahnen. Etwa zwei Schluck konnten wir von der jahrhundertealten Substanz nehmen, ehe sie durch die Berührung mit der Luft verging und ihren Geist aufgab.“

Die zweite, noch erhaltene Flasche des 1540er Stein-Wein lagert als Teil der wertvollen Sammlung Simon seit 1996 im Bürgerspital.

Weingutsdirektor Robert Haller verbindet aktuelles Wissen mit bewährtem Handwerk und sorgt dafür, dass die Weine sorgsam hergestellt und optimal gelagert werden. Die besten Tropfen wie die Großen Gewächse werden immer noch in Bocksbeuteln abgefüllt. So fordert das ein Beschluss des Stadtrats schon 1728. Das Bürgerspital solle, hieß es dort, seine besten Weine in Bocksbeutel abfüllen und diese versiegeln, um Betrug und Panschereien durch böswillige Wirte zu vermeiden.

Staatlicher Hofkeller: Das Mikroklima der Inneren Leiste eignet sich perfekt für Weinanbau

Würzburger Stein-Berg: geschützte Ursprungsbezeichnung

Sechs Jahre nach Antragstellung erkannte Brüssel Ende 2020 endlich den Würzburger Stein-Berg als geschützte Ursprungsbezeichnung an. Hinter diesem Erfolg stecken die Hartnäckigkeit und das Engagement von Robert Haller, Horst Kolesch und Thilo Heuft vom Staatlichen Hofkeller.

Der 1128 gegründete Hofkeller zählt zu den ältesten Weingütern Deutschlands, den labyrinthischen Weinkeller in der Residenz kann man im Rahmen von 45-minütigen Führungen besichtigen.

Die drei Macher vom Würzburger Stein wollten mit ihrer Initiative die besten Parzellen des Würzburger Stein, rund 35 Hektar, unter besonderen Rechtsschutz stellen. Kolesch legt uns einen persönlichen Tipp ans Herz: „Die Weinlage Würzburger Stein respektive den informativen Stein-Wein-Pfad müsst ihr unbedingt sehen. Besonders zu empfehlen ist auch der Besuch des Literaturbalkons am Würzburger Stein im Rahmen des gesamtfränkischen Konzepts „terroir f – die magischen Orte des Frankenweins“ mit wunderbarem Blick über die weltberühmte Lage und über der Stadt Würzburg.“

Steinweinpfad: Auf dem Rundweg lässt sich die Paradelage Würzburger Stein erkunden

... von Robert und Horst

Weinbergwanderung …
… durch unsere Paradelage Würzburger Stein. Von dort hast du die ganze Stadtkulisse vor dir. Es gibt magische Orte, von denen du auf ein Meer aus Reben und die Stadt Würzburg mit all ihren Kirchen, Türmen und Brücken blickst.
wuerzburger-steinweinpfad.de

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